Alle nur unfähig?
von cc am 15.09.2015
Zeitungskommentare, aber auch soziale Netzwerke überbieten sich in heftigster Kritik: über die unfähige EU, die ebenso unfähige Bundesregierung, schiere Inkompetenz, wohin man blickt.
Man kann die derzeitige Krisensituation aber auch anders, positiv sehen. Ich tue das.
1.) Beginnen wir mit "der EU".
Am Dienstag, so die kritische Meinung, seien die Innenminister gescheitert, sich einstimmig auf einen verbindlichen Verteilschlüssel für 160 000 Flüchtlinge zu einigen. Andere (meine) Lesart: Offensichtlich gab es erstmals eine klare Mehrheit genau dafür. Einige wenige Staaten (die ost-mitteleurpäischen sowie die baltischen) haben einen EINSTIMMIGEN Beschluss verhindert. Dass es jedoch jetzt eine klare Mehrheit von Staaten gibt, die eben das wollen, ist ein großer Fortschritt. darauf gilt es aufzubauen.
2.) Seit Deutschland die Grenzen am Sonntag verstärkt kontrolliert, und kaum mehr Züge mit Flüchtlingen aus Österreich übernimmt, sind Zehntausende über die ungarische Grenze gekommen. Was bisher unmöglich war, gelang plötzlich mit größten Anstrengungen leidlich gut. Binnen Stunden wurden in enger Kooperation von Bürger/innen, NGOs und lokalen Behörden Unterbringungsmöglichkeiten, Kleidung, ärztliche Erstversorgung und Essen bereitgestellt.
Wirklich gut kenne ich die Situation in Wien. Über 5000 zusätzliche Schlafmöglichkeiten wurden binnen Stunden bzw zwei Tagen bereitgestellt. Dank vieler Angebote von Bevölkerung, Bauträgern, Unternehmen und Glaubensgemeinschaften (christlichen ebenso wie muslimischen) sowie dem extrem kompetenten, unbürokratischen und raschen Handeln der Behörden (z.B. Baupolizei, Feuerwehr) war das möglich. Und der Plafond ist noch nicht erreicht. Allein in Wien gibt's ca 700 000 m2 leerstehende Büroflächen. Diese werden, wenn sie Angebote werden (das geschieht) blitzschnell überprüft und Hilfsorganisationen übergeben.
3.) Beispiel Hauptbahnhof: Dort arbeiten seit vielen Tagen ehrenamtlich Menschen verschiedenster sozialen Milieus und Glaubensrichtungen miteinander, und leisten Unglaubliches. Hier wird ein starker Gemeinsinn spürbar, ohne den kein demokratisches Staatswesen existieren kann. Die Stadt Wien mit ihre verschiedensten Abteilungen unterstützt, soweit es geht.
Überall im Land fragen sich Menschen, was sie ganz persönlich beitragen können. Viele stellen Wohnraum zur Verfügung, melden sich zu freiwilliger Hilfe.
4.) Diese Hilfe erstreckt sich nicht nur auf Österreich. Viele sind in den letzten Wochen nach Ungarn gefahren. Haben dorthin Hilfsgüter gebracht, oder Transportdienste angeboten. Hier wird eine konkretes, neues solidarisches Europa spürbar.
Und morgen?
Jetzt scheint es an der serbischen Grenze zu Ungarn sehr sehr schwierig zu werden. Die serbische Regierung hat eine gänzlich andere Haltung als jene von Orban.
Dort Hilfestellung zu leisten ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Ich bin sicher, die ersten sind aus Österreich schon dorthin unterwegs.
Ermöglicht diese grosse Krise die Geburt eines neuen Europas?
Eines, das nicht nur von Diplomaten, Politikern und Beamten sondern auch ganz stark von engagierten Bürger/innen getragen wird?
Entsteht jetzt erstmals ein Gefühl: Das ist unser Europa!
PS:
ad Wien: Lesenswertes Interview mit Peter Hacker, der als Asylkoordinator u.a. für die Unterbringung zuständig ist
Man kann die derzeitige Krisensituation aber auch anders, positiv sehen. Ich tue das.
1.) Beginnen wir mit "der EU".
Am Dienstag, so die kritische Meinung, seien die Innenminister gescheitert, sich einstimmig auf einen verbindlichen Verteilschlüssel für 160 000 Flüchtlinge zu einigen. Andere (meine) Lesart: Offensichtlich gab es erstmals eine klare Mehrheit genau dafür. Einige wenige Staaten (die ost-mitteleurpäischen sowie die baltischen) haben einen EINSTIMMIGEN Beschluss verhindert. Dass es jedoch jetzt eine klare Mehrheit von Staaten gibt, die eben das wollen, ist ein großer Fortschritt. darauf gilt es aufzubauen.
2.) Seit Deutschland die Grenzen am Sonntag verstärkt kontrolliert, und kaum mehr Züge mit Flüchtlingen aus Österreich übernimmt, sind Zehntausende über die ungarische Grenze gekommen. Was bisher unmöglich war, gelang plötzlich mit größten Anstrengungen leidlich gut. Binnen Stunden wurden in enger Kooperation von Bürger/innen, NGOs und lokalen Behörden Unterbringungsmöglichkeiten, Kleidung, ärztliche Erstversorgung und Essen bereitgestellt.
Wirklich gut kenne ich die Situation in Wien. Über 5000 zusätzliche Schlafmöglichkeiten wurden binnen Stunden bzw zwei Tagen bereitgestellt. Dank vieler Angebote von Bevölkerung, Bauträgern, Unternehmen und Glaubensgemeinschaften (christlichen ebenso wie muslimischen) sowie dem extrem kompetenten, unbürokratischen und raschen Handeln der Behörden (z.B. Baupolizei, Feuerwehr) war das möglich. Und der Plafond ist noch nicht erreicht. Allein in Wien gibt's ca 700 000 m2 leerstehende Büroflächen. Diese werden, wenn sie Angebote werden (das geschieht) blitzschnell überprüft und Hilfsorganisationen übergeben.
3.) Beispiel Hauptbahnhof: Dort arbeiten seit vielen Tagen ehrenamtlich Menschen verschiedenster sozialen Milieus und Glaubensrichtungen miteinander, und leisten Unglaubliches. Hier wird ein starker Gemeinsinn spürbar, ohne den kein demokratisches Staatswesen existieren kann. Die Stadt Wien mit ihre verschiedensten Abteilungen unterstützt, soweit es geht.
Überall im Land fragen sich Menschen, was sie ganz persönlich beitragen können. Viele stellen Wohnraum zur Verfügung, melden sich zu freiwilliger Hilfe.
4.) Diese Hilfe erstreckt sich nicht nur auf Österreich. Viele sind in den letzten Wochen nach Ungarn gefahren. Haben dorthin Hilfsgüter gebracht, oder Transportdienste angeboten. Hier wird eine konkretes, neues solidarisches Europa spürbar.
Und morgen?
Jetzt scheint es an der serbischen Grenze zu Ungarn sehr sehr schwierig zu werden. Die serbische Regierung hat eine gänzlich andere Haltung als jene von Orban.
Dort Hilfestellung zu leisten ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Ich bin sicher, die ersten sind aus Österreich schon dorthin unterwegs.
Ermöglicht diese grosse Krise die Geburt eines neuen Europas?
Eines, das nicht nur von Diplomaten, Politikern und Beamten sondern auch ganz stark von engagierten Bürger/innen getragen wird?
Entsteht jetzt erstmals ein Gefühl: Das ist unser Europa!
PS:
ad Wien: Lesenswertes Interview mit Peter Hacker, der als Asylkoordinator u.a. für die Unterbringung zuständig ist