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Erlösen wir Griechenland- aber richtig

Die "Griechenland-Krise" treibt mich um.
Hab meine Gedanken dazu in einem Standardkommentar zusammengefasst:

Erlösen wir Griechenland-aber richtig!

In der Geschäftswelt ist es ein ganz normaler Vorgang. Kommt ein Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten, haben die Gläubiger zwei Möglichkeiten. Entweder sie stimmen einem "Ausgleich" zu, verzichten also auf einen Teil ihrer Forderungen und hoffen, dass sich durch den Schuldennachlass das Unternehmen wieder erholt. So bekommen sie wenigstens einen Teil ihres Geldes zurück. Oder sie bleiben hart, bis das Unternehmen ganz zusammenbricht, und verlieren so all ihre Kredite.
Deswegen wird der erste Weg häufig gegangen.
Übertragen wir diese Strategie auf Griechenland.
Und hören wir endlich auf, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streun.
Jeder, der sich auch nur ein wenig in der Finanzwelt auskennt weiss: Griechenland wird seine gewaltige Schuldenlast niemals zurückzahlen können.
Da helfen die brutalsten Sparprogramme nichts, welche die griechische Bevölkerung jetzt erleiden muß: Drastische Pensions- und Gehaltskürzungen, Steuererhöhungen, Hinaufsetzen des Pensionsantrittsalters, Privatisierungen, ein öffentlicher Investitionsstop.
Diese würgen die Wirtschaftsentwicklung ab, mindern Steuereinnahmen und erhöhen Staatsausgaben durch eine Explosion der Zahl der Arbeitslosen..
Denn was sind die sogenannten europäischen Hilfspakete?
Sie sind weitere Kredite, für welche weitere Zinsen zu zahlen sind, um bisherige Kredite zurückzuzahlen.
Genauer: Diese Hilfspakete helfen den Griechen gar nichts. Das Geld bleibt ja nicht dort, sondern fliesst sofort zurück. Diese Zahlungen sind ausschliesslich im Interesse v.a. europäischer Kreditgeber, deutscher, französischer auch österreichischer Banken, welche Griechenland Geld geborgt haben.
Zur Erinnerung: Der Zinssatz für griechische Staatsanleihen liegt schon sehr lange über jenem für Deutschland oder Österreich. Weil eben schon lange erkannt wurde, dass griechische Staatsanleihen ein höheres Risiko bergen.
Und dafür sollen wir, europäische Steuerzahler immer weiter zahlen?
Damit Geldanlagen an risikobehaftete Länder ein sicheres Geschäft sein sollen?
Warum nicht einfach so (ich weiss, ganz einfach ist es nicht, aber die Grundrichtung wäre notwendig)
Jene Geldgeber, die Griechenland Geld geborgt haben, in Kenntnis der Tatsache, dass es ein höheres Risiko darstellt verhandeln einen Ausgleich.
Einen Schuldennachlass von wahrscheinlich 50%.
Jetzt höre ich schon das Geschrei: Ja, aber die armen Banken in Deutschland, in Frankreich in Österreich, die gehen doch dann pleite.
Schauen wir genauer hin und überlegen wir folgende Strategie.
1. Die Spareinlagen sind staatlich gesichert
2. Um deutliche Abschreibungen (Verluste) aus griechischen Krediten zu verkraften, dafür muß zuerst das Eigenkapital der Bank "bluten", das sind einmal die Einlagen der Aktionäre dieser Bank.
3. Reicht das nicht, kommen die Anleihen dran, welche alle Banken ausgegeben haben. Ja das heisst Verluste für jene, die diesen Banken Geld geborgt haben.
4. Und reicht das zum Abdecken der Verluste auch nicht, dann könnten diese Banken, will man sie nicht pleite gehen lassen vom Staat "aufgefangen" , d.h. verstaatlicht werden. Dazu müßte das Eigenkapital aufgestockt werden, der Staat würde Anteile erwerben. So haben es die USA mit GM sowie einigen Banken gemacht. Läuft das Geschäft gut (was ja im Bankbusiness vorkommen soll) , können diese Anteile nach ein paar Jahren gewinnbringend wieder verkauft werden.
Genau so lief es in den USA.

Was derzeit die Diskussion lähmt und auch unglaublich nervt ist diese absurde, falsche Lagerbildung.
Bist du ein guter Europäer, dann musst Du für weitere "Hilfspakete" sein.
Bist Du ein rechter Nationalist, dann skandierst Du "unser Geld für uns`re Leut", beschimpfst die Griechen (Arbeitsmoral, etc.) und lehnst "Hilfspakete" ab.

Ich beziehe eine dritte Position.
Ich möchte die Griechen so rasch als möglich von einer niemals rückzahlbaren Schuldenlast befreien.
Ich möchte jene zur (finanziellen) Verantwortung ziehen, welche in Kenntnis des erhöhten Risikos geglaubt haben, höhere Renditen zu erzielen, da sie geglaubt haben,am Ende haftet ohnehin der Steuerzahler.
Die Griechen sollen den Lohn ihrer Konsolidierungbemühungen selbst erhalten.
Und ich möchte nicht, dass öffentlich Mittel über den Umweg "Griechenland" wieder auf den Konten spekulativ handelnder Geldgeber landen.

Schuldennachlass ("Ausgleich") ist eine Errungenschaft, die einen Neubeginn ermöglicht.
Schuldennachlass zieht jene zur Verantwortung, die "spekuliert" haben.

Meine EU nennt diese Dinge beim Namen, und versucht erstmals etwas, was noch nie da war.
Roland Giersig (Gast) - 16. Jun, 13:36

Endlich mal eine differenzierte Betrachtung...

Finde ich gut, damit kann man arbeiten. Hoffentlich wird damit gearbeitet!

In die gleiche Kerbe schlägt übrigens Volker Pispers, den ich für seine scharfen Analysen liebe und verehre:

http://www.youtube.com/watch?v=oQ1JquiyLL0

anonym (Gast) - 16. Jun, 13:43

Vermögensabgabe

Ich habe da noch eine andere Idee:

Die Reichen der Welt sollen einfach soviel bezahlen, bis alle Budgets der Welt saniert sind.

kthx (Gast) - 16. Jun, 15:48

leiwand

und du wirst als einer der reichen sicher gleich mit gutem Beispiel voran gehen. oder irre ich mich, werter anonymer gast?
Karl (Gast) - 16. Jun, 13:48

das Bankendilemma

Nach einer Wirtschaftskrise, die durch das Platzen der Immobilienblase und der Lehman-Pleite ausgelöst wurden, will man keinen weiteren wesentlichen Bankencrash zulassen; dieser crash 2008 hat die westlichen Volkswirtschaften ja durch die erforderlichen Interventionen erst in die Schuldenkrise geführt. Der Vorschlag, einen Ausgleich von Griechenland auf Kosten der Banken zu betreiben hätte einen ähnlichen Effekt. Zuletzt müssten wir wieder - wie bei der Hypo Alpe Adria - dafür bezahlen und gleichzeitig ginge die Wirtschaft wieder in die Knie. Also zahlen müssen wir sowieso, aber eine weitere Finanz- und Wirtschaftskrise könnte (möglicherweise) verhindert werden.

Gast (Gast) - 16. Jun, 18:45

Auch die Immobilienblase war die Rechnung für hochspekulative Geschäfte. Das Honorar für das Risiko wird zwar eingestrichen, aber das Risiko selbst nicht getragen. Dazu müssten die Politiker außerdem mutig genug sein, um ein Größenlimit für Banken einzuführen - also kein "too big to fail" mehr - und eine staatliche Bank zu gründen, die sich wieder auf die Grundaufgaben einer Bank konzentriert.
TK (Gast) - 20. Jun, 15:26

Hypo wäre zu liquidieren gewesen..

.. und die negativen Auswirkungen hätte durch eine verzinst rückzahlbare staatliche Beteiligung an den betroffenen anderen Geldinstituten (dem Vernehmen nach der ganze Hypo-Sektor und indirekt damit vor allem auch Raiffeisen) aufgefangen werden müssen. Klar auch: Kärnten wäre nun unter Kuratel und könnte für ein paar Jahre keinen weiteren ökonomischen Blödsinn (Förderung von Trachtenanzügen und Dirndeln,...) mehr machen.
Da hätte aber der junge Pröll klarerweise heute keinen Job im Raiffeisenkonzern.....
Thomas Zehetbauer (Gast) - 16. Jun, 14:01

Warum nur Griechenland?

Ganz Europa einschließlich Österreich hätte eine Entschuldung notwendig, aber während die FED mit ihrer Zinspolitik genau das umsetzt, will die EZB die europäischen Bürger ausbluten lassen. lassen. http://www.hostmaster.org/ezb_dreht_an_der_zinsschraube_das_ist_terror

Martin Schimak - 17. Jun, 10:19

Ist keine dritte Position

Sondern einfach die zweite Position (der entlang normaler wirtschaftlicher Grundtatsachen Denkenden), die schon lange im Raum steht und nun auch langsam breitere Zustimmung findet. Diese Position birgt eben die Gefahr in sich, dass die Achillesferse des Kapitalismus (die Stabilität des Bankensystems) ins Wanken geraten könnte, wenn man nicht behutsam vorgeht.

Wir brauchen ein klares Ausgleichs- und Insolvenzverfahren für Banken und Staaten - zumindest innerhalb Europas - auf das alle Beteiligten sich im Vorhinein einstellen können. Das sollte doch eigentlich die langfristige Lehre aus diesem Debakel sein...

One Brick (Gast) - 20. Jun, 09:13

Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass ein Schuldennachlass am Fehlen eines entsprechendee rechtlicher Rahmenbedingungen scheitert. Es sind schon viele Staaten pleite gegangen, das ist nichts Neues. Wenn die Griechen nicht mehr zahlen können zahlen sie eben nicht mehr. Basta.

Schwer tu' ich mir bei der Einschätzung der Seriosität der angekündigten Weltuntergangsszenarien im Falle eines griechischen Staatsbankrotts. Da in diesem Fall ja nur jene Ausfälle erleiden, die frei verfügbares Kapital verborgt haben frage ich mich, warum der volkswirtschaftliche Schaden durch so einen bösen Griechenland-Pleite-Schock für das Scheue Rehlein "Kapital" wirklich größer ist, als wenn man den griechischen Schuldnern ebenso geborgtes Staatsgeld in den Rachen stopft.

TK (Gast) - 20. Jun, 15:31

hier ist es interessant:

TK (Gast) - 20. Jun, 15:08

Bravo!

So einen vernünftigen Vorschlag haben schon freiheitliche Abgeordnete wie Alois Gradauer gemacht ( http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_00972/fnameorig_178555.html ).
Also hoppauf! Grüne und Blaue und der Rest an Vernünftigen, die auf der linken Seite der Roten sitzen mögen der Regierung und ihren Schwaflern durch Entschiedenheit über die Parteigrenzen die Sache deutlich machen.
Österreich kann mit anderen durchaus mit gutem Beispiel vorangehen, da die Beschlüsse auf EU-Ebene in dieser Sache fast alle Einstimmigkeit der Mitgliedsländer brauchen.

TK (Gast) - 20. Jun, 15:21

Ergänzung

Hier die Stellungnahmen der Abgeordneten im Finanzausschuß des Parlaments:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2011/PK0465/
Die Vorteile eines Ausgleichs (Haircut) wäre, daß der ominöse "Finanzmarkt" (= die wirklich ganz großen europäischen und US-amerikanischen sowie einzelne internationale Banken, die österreichischen sind mit kleineren Beträgen auch "lustig" und ertragreich dabei) die "gute" Idee fallen ließen die EU mit Irland, Portugal, Spanien, Italien und Belgien zu erpressen.

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