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einäugige Armutsdebatte

Gut, dass es jetzt bei uns eine Debatte über Armut gibt und über Strategien, diese deutlich zu reduzieren.
Schlecht jedoch, dass sie sich einzig im nationalen Rahmen bewegt.
Vielleicht bin ich derzeit allzusehr von Mike Davis exzellenten Buch "Planet der Slums" gepackt.
Denn dort wird schreiende, tödliche Armut beschrieben.
Das Elend, das in ähnlichen Ausprägungen all fast allen Grossstädten des Südens, aber auch in den zerfallenen Städten der ehem. UdSSR wächst:
Millionen ohne sauberes Trinkwasser, ohne Kanalsisation, oft ohne Toiletten, mühsam aus Abfällen zusammengebastelte Häuser, wegen der Grundstücksspekulation genau in diesen Slums oft auf Müllhalden oder Überschwemmungsgebieten errichtet, extreme Zuwanderung (allein in Dehli eine halbe Million jedes Jahr).
Er beschreibt Länder, in denen mehr als 80% der städtischen Bevölkerung in derartigen menschenunwürdigen Behausungen vegetieren müssen.
Millionenfacher Tod durch vermeidbare Krankheiten (verursacht schlicht durch verdrecktes Wasser und inexistente kanalisation)
Er beschreibt Städte, wo Toiletten ein privatisiertes Geschäft ist, womit einige ein Vermögen scheffeln, die Absenz jeglicher Schulbildung, die staatlichen Räumungen, etc.
Diese geballte Ladung an Information über einen Regelzustand für Hunderte Millionen an Meschen, denen jegliches Menschenrecht genommen wird macht wütend.
In einer Zeit enormen Reichtums (bei uns!).
Und deswegen meine Kritik an unserer Armutsdebatte.
Ja natürlich, es gibt Armut auch bei uns, und mann kann und muss etwas dagegen tun.
Aber warum diese nationale Fixierung?
geht uns das nichts an?
gehts wirklich nur um Umverteilung im nationalen Rahmen?
Welche Konsequenz haben die "allgemeinen Menschenrechte?
Ists bloss Schicksal, wenn Du in Dhaka, Lagos oder Kalkutta geboren bist?
Hast du keinerlei Recht, auf soetwas wie "internationale Solidarität"?
Gewiss, Antworten sind nicht einfach.
Schlicht die Entwicklungshilfegelder zu erhöhen, wird nicht das Klügste sein.
Aber gerade weil es dabei auch und besonders um öffentliche Armut geht (keine Wasserversorgung, keine Toiletten, keine Gesundheistversorgung, keine Schulen) könnte ein neuer Begriff von "Sozialstaat" uns weiterhelfen.
Wie wärs mit einer Debatte über eine "internationale Grundsicherung".
Und wenns nur heisst: Jede/r hat ein Recht, nicht vor seine Tür scheissen zu müssen.
Christoph Derndorfer (Gast) - 3. Mai, 20:43

UN MDG / Buchtipp

Ich kann allen an der Thematik "weltweite Armutsbekämpfung" Interessierten nur das Buch "The End of Poverty: Economic Possibilities for Our Time" von Jeffrey Sachs empfehlen. Der Auto greift darin auf seine langjährige Erfahrung zurück und schildert in eindrucksvoller Weise, wie man die extreme Armut weltweit effektiv bekämpfen kann.

Er stützt sich dabei vor allem auf das international bereits ratifizierte Grundgerüst der UN Millenium Development Goals. Und auch wenn Bundespräsident Fischer genau diese MDG bei seiner vielbeachteten Friedens-Rede in Olso vor wenigen Wochen (im Standard gab's einen Abdruck davon) erwähnt hat, muss man hinzufügen, dass auch Österreich die notwenigen Ziele bisher bei weitem nicht erreicht hat.

Es ist ein humanistisches (man verzeihe mir den Ausdruck) Armutszeugniss wie sich die westliche Welt bei diesem Thema verhält.

schneckenhaus (Gast) - 8. Mai, 10:50

das ende der armut von jeffrey D. sachs

(ich habs auf deutsch gelesen) und kann es auch nur empfehlen.
das buch läßt einem auch einen neuen, neutraleren, blick auf das thema "globalisierung" gewinnen.
wichtig ist, dass man der globalisierung kritisch gegenübersteht, aber nicht automatisch globalisierungsfeindlich ist. die probleme der welt lassen sich nunmal nur global lösen, die globalisierung ist dabei eben auch eine große chance.

würde mir wünschen, dass die österreichischen grünen einen blick über den tellerand wagen und sich der herangehensweise eines Jeffrey Sachs näher widmen. und zwar in allen bereichen ihres politischen wirkens. wir brauchen keine "linke" grün-politik, sondern eine "kluge", so könnte das grüne politiache projekt auch international erfolgreich werden (und in österreich gerettet - z.z. schauts leider nicht so aus).
Sansibar (Gast) - 3. Mai, 22:01

Die Armen und die Toten

Darf dazu auch auf den großartigen Buchvorabdruck von Sibylle Hamann im neuen "Datum" verweisen: http://www.datum.at/0507/stories/3657997/

ehklar (Gast) - 4. Mai, 10:14

noch ein buch

Community Organizing": Leo Penta über die demokratische Macht durchsetzungsfähiger Bürger (Buch: Edition Körber Stiftung).
der autor schreibt darin über eine bewegung die nun langsam auch von amerika nach europa kommt. es geht darum menschen darin zu unterrichten sich selbst zu helfen (selbst-bestimmung -verantwortung). http://oe1.orf.at/highlights/101998.html

BB (Gast) - 4. Mai, 12:35

Noch ein anderer Aspekt dazu:
(1. Satz:) Ethanolhersteller im Mittleren Westen verwenden vier Gallonen Benzin um Mais in fünf Gallonen Ethanol zu verwandeln. Das klingt nicht wirklich nach einer überlebensfähigen Lösung gegen unsere Ölabhängigkeit.

Rest unter:http://www.zeitenwende.ch/page/index.cfm?SelNavID=478&NewsInstanceID=2&NewsID=6789&StartRow=1

coyote (Gast) - 4. Mai, 16:39

Biodiesel gegen Regenwald

http://www.greenpeace.at/biotreibstoffe.html

Hier wäre einmal ein klares Wort von den Grünen zum "Biodiesel - Schwindel"
der ÖVP fällig.
(Heimisches Rapsöl wird zu Treibstoff umgewandelt, dafür wird Palmöl aus Indonesien importiert, für das Regenwald / Lebensraum der Orang-Utans vernichtet wird)
coyote (Gast) - 6. Mai, 20:53

http://www.regenwald.org/

Mehr zum Thema "Klimakiller Palmöl"
a.m. (Gast) - 4. Mai, 17:34

Internatiale Armutsbekämpfung ist nur International möglich!
Dazu bedarf es vor allem aller reichen Länder der Welt ins Boot zu holen. Österreich allein hat hier nicht die finanziellen Mittel um die weltweite Armut zu bekämpfen. Außerdem ein guter Ansatz wäre einmal: Die Ausbeutung von Entwicklungsländern durch Österreich zu stoppen, indem man ALLE Produkte fair bezahlen muss. Dazu bedarf es eben ein Gesetz, was aber wiederum einer Preisregelung gleichkommt, wo die EU wieder dagegen wäre. Firmen würden ja sonst immer versuchen die Rohstoffe so günstig wie nur möglich zu bekommen.

maschi - 4. Mai, 18:05

Langsam.

Zunächst: Nix ist nur international möglich. Man kann immer einen Beitrag leisten.

Aber: Nicht nur bei der Entwicklungshilfe steckt der Teufel im Detail. Nochmal sei hier auf den oben bereits erwähnten Artikel "Die Armen und die Toten" verwiesen - http://www.datum.at/0507/stories/3657997/, in dem die Autorin der Frage nachgeht, wieviel Mitleid der Wahrheit eigentlich gut tut. Worauf will ich hinaus: Bevor man einen "fairen" Handel per Gesetz überhaupt nur andenkt, sollte man in aller Ruhe mit den betroffenen Ländern darüber reden, ob sie das überhaupt haben wollen. Die Antwort wird diesen Ländern vermutlich wesentlich mehr Kopfzerbrechen bereiten als dies auf den ersten Blick denkbar zu sein scheint - denn höhere Preise führen selbstverständlich zu einem Rückgang des Handelsvolumens insgesamt.

Man kann Entwicklung fördern, man muss nicht den Kopf in den Sand stecken, aber man muss wenn man stinkreich ist - und das sind wir in dieser Beziehung alle - auch lernen mit dem Instrument des "Geldregens" äusserst behutsam umzugehen. Und vor allem das Gegenüber ernst nehmen und mit ihm reden - nicht nur das eigene schlechte Gewissen beruhigen.
maschi - 4. Mai, 18:15

Allerdings...

... bin ich gerade drauf gekommen, dass in der Online-Version des Artikels entscheidende Passagen fehlen. Also: Datum kaufen.
gfb - 7. Mai, 18:50

MIKROKREDITE WELTWEIT

http://www.kiva.org
MIKROKREDITE WELTWEIT
a.m. (Gast) - 10. Mai, 06:19

Korrektur:

eigentlich wollte ich ursprünglich mit "Internatiale Armutsbekämpfung ist nur International möglich!" aussagen, dass man eine Internationale Grundsicherung hpts. nur International tun kann, weil ein Staat Österreich nicht alleine diese Grundsicherung finanziell sichern könnte.

da hab ich mich ein bißchen verschrieben.
Raphael (Gast) - 4. Mai, 19:36

0,7% für die EZA

Österreich bekennt sich seit 1970 dazu 0,7 Prozent des BIP zur Entwicklungszusammenarbeit beizutragen, ist aber weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen.

Statt dessen werden auch die 0.2% nur erreicht indem man die "Entschuldung" des Iraks zum EZA Budget dazurechnet. Nach Afghanistan schicken wir zwar Soldaten die dort unter NATO Kommando ihren Dienst versehen, aber im EZA Budget ist kein Geld für den Wiederaufbau dieses Landes vorgesehen.

gfb - 7. Mai, 18:45

http://www.kiva.org - Mikrokredite weltweit

Vermittlung von Mikrokrediten weltweit
http://www.kiva.org

maschi - 7. Mai, 18:51

Super Hinweis...

... den ich auch schon geben wollte. Micro Credits ändern vermutlich schon heute um einiges mehr als geschenktes Geld - allerdings wird die damit verbundene massive Förderung eines "Kleinunternehmer"-Geists bei weitem nicht jedem kapitalismuskritischen Globalisierungsgegner behagen. Soviel scheint sicher.
Gérard (Gast) - 7. Mai, 21:05

Kapitalismus ist nichts Schlechtes

Auch wenn das die unverdrossenen Vertreter der "Hauptsache dagegen-Generation" nicht verstehen wollen oder können. Mit Mikrokrediten verschafft man (vor allem Frauen) eine wirkliche Existenzgrundlage, d.h. Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern werden nicht mehr zu reinen Almosenempfängern herabgewürdigt. Nicht umsonst wurde für diese Idee der letzte Friedensnobelpreis verliehen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Muhammad_Yunus ).
coyote (Gast) - 8. Mai, 10:53

Wenn die Aussage gilt: "Kapitalismus ist nichts Schlechtes",

dann gilt auch die Aussage "Kapitalismus ist nichts Gutes".

Es kommt auf die Rahmenbedingungen an, ob Kleinunternehmen oder Monopole davon profitieren. Und die Rahmenbedingungen müssen demokratisch und nicht in Boardrooms geschaffen werden !
maschi - 8. Mai, 11:45

Kannst es auch noch klarer haben.

Nicht nur die Rahmenbedingungen müssen demokratisch geschaffen werden, auch das marktorientierte, freie Wirtschaftssystem als solches muss grundsätzlich jederzeit der demokratischen Disposition unterliegen - es gilt das Primat der (demokratisch kontrollierten) Politik.

Dass ich persönlich ein freies Wirtschaftssystem mit allen (demokratischen) Mitteln verteidigen würde steht auf einem anderen Blatt - und ist bekannt - alle mir geläufigen Alternativen führen zu mehr Unfreiheit, mehr Ungleichheit und weniger Brüderlichkeit.

Btw: Dass die demokratische Kontrolle dieser allmächtigen Politik mir dabei in der Praxis oft nicht demokratisch genug ist habe ich schon des öfteren deponiert - das repräsentative System heutiger Prägung gehört ebenfalls zum veralteten Gedankengut des Industrialismus und wird im mikrokapitalistischen 21. Jh. hoffentlich den Bach runtergehen...
Johannes (Gast) - 8. Mai, 13:04

Micorkredit

Habe eine Frage bzw. Hinweis zum Thema Microkredit. Die Erste Bank hat eine Mikrokredit
Anleihe heraus gegeben. Was ist davon zu halten?

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