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Mythen über Migration

Ratio ist immer "dem gesunden Hausverstand" vorzuziehen.
Deswegen ist das sehr zu empfehlen.
One Brick (Gast) - 6. Mai, 16:36

Brain Drain

Dem Argument "Emigration schadet den Herkunftsländern" wird mit dem Hinweis auf die beträchtlichen Geldtransfers der Migranten in ihre (ex-) Heimatländer begegnet. Ich bin da skeptisch, ob das mehr nutzt als schadet.

1) langjährige Erfahrung in der Entwicklungzusammenarbeit zeigt: Geld schicken alleine hilft nicht. Nachhaltige Verbesserung für die Herkunftsländer ist keine zu erwarten.

2) da Migranten den Lebensabschnitt (Kindheit&Jugend) in dem sie nur Kosten verursachen im Heimatland verbringen und die produktive Phase im Ausland erspart sich z.B. Österreich teure Gebusdheitsvorsorge, Arbeitsausfall der Eltern, Kindergarten, Schule. Auf wessen Kosten wohl?

3) mit der gezielten Bevorzugung besonders qualifizierter Immigrationswilliger - eine Strategie die auch im Grünen Programm zu finden ist - wird dieser Mechanismus noch verschärft: die in den armen Volkswirtschaften teuer ausgebildeten Fachkräfte werden knallhart abgeworben: zum Nulltarif! Kein Wunder, dass sich in den Herkunftsländern wenig entwickelt, wenn jeder, sobald er was beitragen kann abhaut.

Mit der Behauptung, dass die Herkunftsländer profitieren wäre ich vorsichtig und die in dem Heureka-Beitrag gebrachten Argumente sind ein sehr oberflächliche und unvollständige Betrachtung.

dieter (Gast) - 6. Mai, 17:32

Christoph, glaubst du diese subtil-überhebliche Propaganda wirklich?

Den Falter, aus dem der Text stammt, werde ich diese Woche jedenfalls boykottieren.

Hier werden nur teilweise erforschte, stark kontextabhängige Fragestellungen derartig letztgültig, historisch inkorrekt, widersprüchlich und einseitig unter dem Nimbus der Wissenschaftlichkeit abgehandelt, um die vorgefassten Befindlichkeiten der Leserschaft zu beweihräuchern.

Ich bleibe bei meiner Analyse. Die einen können Ausländer nicht leiden. Die nächsten lieben sie (oder ihnen gefällt zumindestens die Idee). Dritte wiederum, zu denen ich mich zähle, ist das ziemlich egal. Die ersten beiden Gruppen mögen doch endlich anfangen, ihre Präferenzen offen auszusprechen, anstatt die Intelligenz ihrer Mitmenschen mit hahnebüchener Wissenschaftlichkeit zu beleidigen.

cc - 7. Mai, 09:12

lieber Dieter,

ich schätze Deine Beiträge sehr,
weil sie meist interessante, wenig beachtete Argumente beinhalten.
I obigen fall vermisse ich Argumante.
der heuirekabericht ist ja, wie jede wissenschaftliche Abhandlung, keine letztgültige Wahrheit, sondern er stellt schlicht paar Thesen vor, die "dem Hausverstand" widersprechen.
Und Thesen stehen so lang, bis sie eben falsifiziert sind.
Ergo: Please try!
Ein bisschen zu leicht machst Du es Dir m.E. mit Deiner Kurzanalyse.
Ich finde mikch in keiner der von Dir eingeteilten Gruppen.
"sie" oder das Thema ist mir nicht egal.
Es gilt, offensichtlich auftretende, und wachsende (?) Konflikte zu zivilisieren.
Lösen kann man sie nicht.
dazu muss man einmal klar ansprechen, wo es Probleme gibt (und das nicht der F überlassen) und dann Strategien versuchen.
Vieles dabei ist nicht so schwer.
Die im Heurteka-Beitarg angesprochenen Thesen können dabei behilflich sein.
dieter (Gast) - 7. Mai, 22:49

Und Thesen stehen so lang, bis sie eben falsifiziert sind.
Die These, dass hinterm Mond Einhörner leben, ist falsifizierbar. Potentielle Falsifizierbarkeit ist eine Grundvoraussetzung, um Thesen ernst nehmen zu können, aber das heißt noch lange nicht, dass sie zu akzeptieren ist.

Zu den "Thesen":
Migranten nehmen "echten" Österreichern die Arbeit weg.

Billige Hetze. Der Arbeitsmarkt ist kein Nullsummenspiel.
Eine Behauptung über die Auswirkungen von Migration auf den Arbeitsmarkt als "Hetze" abzutun, zeugt wohl kaum von Offenheit.

Der Arbeitsmarkt ist kein Nullsummenspiel. Die Summe kann aber auch negativ sein und aus sehr vielen positiven und negativen Teilsummen bestehen.

Linke und Globalisierungskritiker erkennen diesen Umstand, wenn es um Verteilungsgerechtigkeit zw. Arm und Reich, zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern geht und bei Lohndumping durch Outsourcing. Hier wird der Begriff des "Globalisierungsverlierers" benutzt. Die gleichen Effekte können sich ergeben, wenn der ausländische Arbeiter zur inländischen Fabrik zieht, statt die Fabrik ins Ausland.

Auch am Arbeitsmarkt gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn zuviele Bauern zu viel Milch produzieren, geht der Preis in den Keller und Milch wird weggeschüttet. Wenn die IV mehr Facharbeiter fordert, dann ist zu vermuten, dass dadurch die Löhne gedrückt werden, bzw. viele keine Anstellung im Wunschberuf finden.

Als intelligente, leicht integrierbare deutsche Studenten vor ein paar Jahren nach Österreich strömten, gingen die Herren im Nationalrat jedenfalls auf Nummer Sicher und setzten dem einen Riegel vor. (Die Grünen waren meiner Erinnerung nach löblicherweise dagegen)

Dementsprechend ist es verständlich, wenn Facharbeiter (unterstützt von ÖGB, AK, SPÖ) in ihrem eigenen Interesse die Wünsche der IV bremsen wollen, auch, wenn sich durch derartige Zuwanderung für andere eine positive Summe ergeben kann. (Billige Bauarbeiter sind freilich für alle praktisch, die keine Bauarbeiter sind).

Wenn man kein soziales Netz und keine Mindeslöhne hat, bleibt die Arbeitslosigkeit freilich sowieso gering, denn dann verdingen sich halt einige als Schuhputzer oder Hauspersonal usw.

Das Thema "Geld schicken" hat One Brick ja schon angesprochen.
dieter (Gast) - 7. Mai, 23:17

Die Konflikte zw. Einwanderungsgruppen in den quasi-anarchistischen USA des 19. Jhdts wurden ziemlich verniedlicht. Der überaus sehenswerte Film "Gangs of New York" ist hier zu empfehlen, da historisch an realen Verhältnissen und Begebenheiten modeliert.

Die Amish haben sich allerdings nicht assimiliert. Jedenfalls kann es lange dauern, bis kulturelle Konflikte und Parallelgesellschaften verschwinden. Bei den Iren dauerte es schlappe hundert Jahre. (Das ist eine nüchterne Feststellung und keine Verunglimpfung der Iren).

Unterschlagen wird die knallharte Assimilierungspolitik Roosevelts. Der erklärte 1915, dass er keine "hyphenated americans" wolle (german-american, irish-americans usw.) Damals wurde die Einwanderung der USA bis in die späten 60er praktisch auf Null gedrosselt, mit an der Hautschattierung ausgerichteten Quoten. Die Gesetzgebung dazu erklärt politisch ganz unkorrekt, dass man keine "Landstreicher, Kranke, Lahme, Gesindel" usw. im Land haben wolle. IQ-Tests wurden zur Aussortierung benutzt. Darüber hinaus muss jedes Schulkind frühmorgens einen nationalistischen Treueschwur auf die Fahne leisten. Auch nicht zu übersehen ist die Tatsache, dass Amerikaner jeder Abstammung im 1., 2. WIK und im Koreakrieg aufgrund der Wehrpflicht Seite an Seite kämpfen mussten. Das schweißt zusammen. Das war die Zeit des melting pots.

Die etablierten Amerikaner blickten auf die Neuankömmlinge herab, anstatt sie auf ein Podest zu heben. Das kann auch durchaus ein Anreiz dafür sein, sich den dominanten Einheimischen anzuschließen. (Ein Eingebürgerter, der auf Ausländer schimpft und FPÖ wählt, ist jedenfalls ein Beispiel für gelebte Integration.)

Den historischen Kontext zu Unterschlagen zeugt jedenfalls von Unwissen oder irreführender Propaganda.

Das Beispiel der amerikanischen Politik, sowie viele andere historische und kontemporäre Beispiele, zeigt auch, dass man im Gegensatz zu einer der "Thesen" Migrationsströme sehr wohl steuern kann. Die Überzeugung, dass das unmöglich wäre, grenzt an Aberglauben.

Die Sache mit den tschechischen Namen im Telefonbuch weiß jedes Kind. Welcher Mythos soll hier bestehen?

Zu den echten Mythen zur aktuellen Migration nach Österreich zählt beispielsweise die Behauptung, dass migrantische Unternehmer in Wien keine Steuern zahlen müssten. Diese Behauptung habe ich unabhängig voneinander von mehreren FPÖ-Wählern gehört. Davon steht im Artikel aber nichts und dem Autor ist es vermutlich auch nicht bekannt. Denn dazu müsste man sich mit echten FPÖ-Wählern und deren Argumenten auseinandersetzen und nicht mit billigen Strohmännern, die zum Zwecke der Selbstbeweihräucherung abgefackelt werden.
dieter (Gast) - 7. Mai, 23:46

Nochwas: Ein großer Teil der Einwanderer in die USA kamen in der Tat wieder als reiche Onkel aus Amerika zurück. Damals war eine Reise in die USA aber auch noch eine Weltreise mit dem Schiff. Billigflüge gab es noch nicht.

Der Migrationssaldo zw. Deutschland und Türkei ist übrigens seit neuestem negativ. Dh. es ziehen mehr Türken wieder zurück, als nach Deutschland kommen. Nachdem die Türkei wirtschaftlich endlich aufholt, kann es gut sein, dass ein großer Teil der Türken, wie auch die Portugiesen und Italiener zuvor, in den kommenden Jahrzehnten wieder heimkehren.

Das wiederspricht wiederum den linken Mythos, dass die Gastarbeitersicht falsch ist und dass die Ausländer hier sind um zu bleiben und im politischen Sinne mit Integrationsprogrammen quasi zu bearbeiten wären. (was ich für ethisch fraglich und vermutlich sinnlos halte)

Eine weitere fraglich Behauptung ist die, dass trotz Ostöffnung ab 2011 keine Osteuropäer nach Österreich kommen würden. Das hat auch Christian Ortner erst neulich auf seinem Blog behauptet. In GB bewahrheitete sich das nicht.

Ich halte es für eigenartig verkrampft die Freizügikeit damit zu bewerben, dass sowieso niemand kommen wird. Und damit legt man der FPÖ schon jetzt einen Elfmeter auf, die nachher solche Falschprognosen den Grünen, ÖVP, FPÖ und LIF in dieser Hinsicht unter die Nase reiben wird.

Ich halte es für durchaus realistisch, dass auch eine Million kommen kann und Wien die zwei Millionen-Marke schnupft. Ich halte es weiters für realistisch, dass die FPÖ dann wieder vom Feindbild Türke auf Osteuropäer, Rumänen, Roma usw. umschwenkt, zumal die Osteuropäer wie in GB auch verstärkt in den Arbeitsmarkt der FPÖ-Wähler einwandern wird.

Pro Kopf bringt die Einwanderung aus Osteuropa zwar keinen Wohlstandsgewinn, aber auch keinen Verlust: EU-Zuwanderung als Wohlstandsfaktor?
Aber das Gesamt-BIP müsste sich dadurch erhöhen und somit auch die Verschuldungssituation verbessern. Darüber hinaus kommen hoffentlich interessante Leute und neue kulinarische und kulturelle Einflüsse. (Kebaps sind sowieso schon öd)

Die nächsten Jahre werden jedenfalls spannend.

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