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Schröder vs Merkel

nur eine kurze Anmerkung zur Fernsehdebatte:
Was mir auffällt, ist der eklatante Niveauunterschied zwischen Debatten in Deutschland und unseren "heimischen".
Präzision der Debatte, Schärfe der Argumente, rhetorischer Ausdruck, in der Politik wie bei Interviews nach Fussballspielen:
Der Unterschied ist (leider)gewaltig
sab (Gast) - 5. Sep, 11:42

elefantenrunde?

sehe ich auch so, allerdings liegt das vielleicht auch daran, dass bei uns alle zur wahl antretenden parteien die chance haben, mituzudiskutiieren. gesternn mussten die "kleinen" nachher kommentare abgeben, was wiederum eher peinlich war, denn die eindrücke waren sehr gefärbt von eigenen interessen.
gegen meine eigenen interessen muss ich zugeben, dass ich merkels performance, abgesehen vom inhalt!, deutlich besser fand. schröder wirkte leicht überheblich und müde, merkel kämpft und WILL.

himbim (Gast) - 5. Sep, 13:43

die kleinen

>dass bei uns alle zur wahl antretenden parteien die chance haben, mituzudiskutiieren

ich sehe es sehr kritisch, sich im tv auf die 2 großen zu konzentrieren:
denn diese müssen das "ich darf keinen erschrecken"-spiel spielen um gute ergebnisse
zu bekommen. das war gestern abend noch weniger schlimm als sonst.
dennoch, cdu und spd sind nicht fähig die probleme anzugehen weil sie, wenn sie mehr
oder weniger nichts tun, auch eine 50:50 chance auf wiederwahl haben.

so sind die guten sachen die mir nach 7 jahren rot-grün einfallen auch alle von den grünen:
-dosenpfand
-EEG (erneuerbare energien gesetz, in den 7 jahren im schnitt ein wachstum
von 65% bei der installierten leistung von solaranlagen)
-"Ökoststeuer": teueres benzin, daher trifft uns die energiekrise die jetzt kommt weniger
hart, weil wir ein weniger vorbereitet sind.
ernak - 5. Sep, 11:49

absolut. ist mir schon beim siegerinterview nach der letzten nrw-wahl aufgefallen.
sowohl was die journalisten betrifft als auch die politiker. wie das kommt? keine ahnung.
es scheint im nachbarland eine besser ausgeprägte rede-fähigkeit zu geben.

Thomas Wallner - 5. Sep, 22:57

Wie das kommt?

4 Thesen woran das liegen könnte:

1) Die deutsche Diskussionskultur ist eher protestantisch geprägt, also traditionell diskursorientiert und demokratisch, die österreichische ist hingegen vor dem katholischen Hintergrund zu sehen, obrigkeitshörig mit ex cathedra verkündeten Dogmen.

2) Die Deutschen haben nach dem 3. Reich keine Chance gehabt, sich die Opferrolle zuzuschreiben, wie Österreich das vor allem in der Nachkriegszeit erfolgreich versuch hat. Die Folge war eine harte, teilweise sehr hochstehende Auseinandersetzung mit der eigenen jüngsten Vergangenheit, die natürlich über weite Strecken im öffentlichen, politischen Diskurs ausgetragen wurde. Das Ergebnis ist nicht nur eine davon geprägte Gesprächskultur, sonder auch eine klare und weniger weinerliche Haltung zu diesem Thema.

3) Österreich wurde nach dem 2. Weltkrieg über Jahrzehnte durch die Sozialpartnerschaft regiert. So gut wie alle wesentlichen personellen und inhaltlichen politischen Entscheidungen wurden hinter verschlossenen Türen durch verschiedene paritätisch besetzte Gremien getroffen. Die ausgehandelten Ergebnisse durchliefen die verfassungsmäßig vorgesehenen Institutionen ohne weitere Reibung. Eine öffentliche Auseinandersetzung fand dazu nicht statt.

4) Die österreichische Medienlandschaft ist verkümmert, und das nicht erst seit der Mediaprint und den Newsbrothers. Die Kronenzeitung hat, seitdem ich denken kann, eine Dominanz in Österreich, die weltweit einzigartig ist. Dagegen ist die vielzitierte Bildzeitung ein Lercherlschaß. Qualitätsjournalismus gibt es und gab es immer nur in Nischen. Die deutsche Landschaft ist da wesentlich bunter, interessanter und niveauvoller, vor allem gibt es auch eine ganze Menge überraschend guter Regionalblätter.
Gerald Heidegger (Gast) - 6. Sep, 10:06

Niveauvoller - aber auch sachlicher?

Als jemand, der nicht gerade im Ruf steht, den Österreichern gegenüber den Deutschen zu viele Bonuspunkte zuzuschreiben, vielleicht nur ein kleiner Kontrapunkt zu Gesagtem (wenngleich ich die Grundeinschätzung zum Niveau teile - ja teilen muss). Das rhetorische Niveau war hoch, das argumentative allerdings nicht immer. Vieles was Merkel und Schröder da an Zahlenmaterial genannt haben, war teils falsch, teils überhaupt nicht nachvollziehbar. Und hier liegt auch die Schwäche an über-coachten Politikern und einer Medienkultur, die die Vielzahl von Diskussionrunden mit einer Versachlichung von Politik verwechselt (ich erinnere hier nur an die Mythagogie der letzten Monate in Deutschland, Österreich sei "besser als wir"). Merkel und Schröder hatten ihr Set an Themen, das sie rüberbringen wollten, was oft auf Kosten spontaner Schlagfertigkeit ging. Herr Schröder hätte sich nur hinstellen müssen und viel deutlicher Sagen sollen: Wie halten wir Maastricht, das Grundgesetz etc. ein bei der Umstellung auf Flat-Tax? Statt dessen erfahren wir bei einer anderen Debatte, dass er seine Frau "liebt" (wobei es wirklich sachliche Argumente gegeben hätte, seine Frau etwa gegenüber die Trivialkritik von Frau Schwarzer in Schutz zu nehmen). Merkel hätte ähnliche Chancen gehabt, bei Schröder einzuhaken. Man kann sich ja für die österreichische Taferlkultur im Fernsehen genieren, aber irgendwie hätte ich mir manchmal einen emotionalen Ausbruch gewünscht, wo sich jemand traut, wirklich ein Thema auf dem Punkt festzunageln. Das haben gerade auch die vier Moderatoren nicht zu Wege gebracht. So blieben am Ende viele symbolische Eindrücke. Etwa der, dass die Frauen an diesem Abend irgendwie dynamischer waren, als die älteren Herren (Schröders Gesicht sagte: Ich bin over und vorbei, was vielleicht schwerer wiegen mag als die Mundzuckungen von Frau Merkel).

Wer sich wirklich eine sachliche Politik-Auseinandersetzung wünscht, dem empfehle ich den "Wahlcheck", heute abend, 20.15 in der ARD.

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