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Apokalypse ist eine schlechte Strategie

diesen Artikel habe ich vor rund 10 Jahren geschrieben.
diese Gedanken scheinen mir auch heute noch sehr wichtig.


Apokalypse ist eine schlechte Strategie


Nein, ich habe nicht die Seiten gewechselt. Im Gegenteil.
Die Reduktion der Treibhausgase ist eine der wichtigsten globalen Herausforderungen.
Aber ein zentraler Widerspruch muss zum Nachdenken anregen.
Ehrliches Nachdenken bedingt, die eigene Strategie grundlegend in Frage zu stellen. Insbesondere dann, wenn seit Jahren (die Konsequenzen des sich beschleunigenden Klimawandels sind ja schon viele Jahre bekannt) die eigene Strategie nichts, im globalen Massstab gemessen, gar nichts bewirkt.
Um es zynisch zu formulieren: Je mehr wir über die Auswirkungen der Klimaveränderung wissen, desto stärker wächst der Ausstoss der Treibhausgase.
Derzeit deutet alles darauf hin, dass weltweit die Emissionen von CO2 und Methan nicht sinken, was technisch leicht möglich wäre, sondern weiter steigen. Allen Katastrophenszenarios zum Trotz.
Vielleicht liegt das aber nicht nur am langsamen Lernen der Menschheit und an der Lobbyismen der Öl- und Autoindustrie, sondern vielleicht war auch die Strategie von uns Umweltschützern und Grünen falsch.
Denn eine Strategie, die dauernd das Gegenteil dessen bewirkt, was intendiert ist, muss doch einmal hinterfragt werden.
Der Kern dieser Strategie war und ist, das zeigen Wortwahl und Bilder, das Apokalyptische.
Wahlweise geht, „wenn wir so weiter machen“, entweder „die Menschheit“ unter, oder gleich „der ganze Planet“. Tief moralisch ist diese Strategie, und seit Jahrzehnten ist es „fünf vor zwölf“.
Die Natur bekommt nach dieser Stategie eine quasireligiöse Identität, sie muss „beschützt“ und „bewahrt“ werden, sonst „schlägt sie zurück“.
War es erst die Natur, die wir schützen musste, so ist es jetzt das Klima.
„Klimaschutz“ wird überall beschworen, das Gegenteil passiert.
Ich bin inzwischen tief überzeugt, dass diese Strategie der Apokalypse ebenso falsch ist, wie auch diese Analyse des Untergangs, und vielleicht liegt darin der Schlüssel für eine rationale, statt einer apokalyptischen Begründung.
Machen wir ein Gedankenexperiment:
Innerhalb der nächsten zehn Jahre, die „uns“ nach Meinung vieler Klimatologen „noch zur Umkehr bleiben,“, geht es schlicht weiter wie bisher: Noch mehr Öl- Gas- und Kohleverbrauch, noch mehr Treibhausemissionen , deutliche Erhöhung des CO2 Gehalts der Atmosphäre.Stellen wir uns schlicht das worst-case Szenario vor.
Es wird dann weder die Erde untergehen, noch die Menschheit.
Um in Bildern zu bleiben: Dem Meeresspiegel ist es völlig egal, ob er zwei Meter höher ist oder nicht.
Klimawandel war in der Erdgeschichte die Regel.
Der Meeresspiegel war schon Dutzende Meter höher, und ebenso viele Meter tiefer. Es war schon einmal viel wärmer, und ebenso viel kälter
Die Welt wird auch ohne den Eisbären weiterexistieren.
99% aller Arten, die im Laufe der Evolution entstanden sind, existieren heute nicht mehr.
Wo heute fruchtbares Land ist, waren einst Wüsten und umgekehrt.
Und wenn über das zukünftige Klima eines klar ist: in einigen Tausend Jahren kommt die nächste Eiszeit, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe bedingte Klimaerwärmung ist erdgeschichtlich geradezu läppisch.
Das Problem ist nicht, dass wir „der Natur“, „dem Klima“ irgendetwas Böses antun, es schädigen.
Das Problem ist ein zutiefst gesellschaftliches.
Die zentrale Frage ist nicht, ob „die Menschheit“ bedroht ist (sie ist es mit Sicherheit nicht), Menschen können, das zeigt unsere Geschichte und Gegenwart, unter unglaublich schrecklichen Bedingungen existieren.
Die zentrale Frage ist vielmehr:
Wie wollen wir leben?
Und: Was ist uns wertvoll?
Was der Klimawandel höchst wahrscheinlich bedroht, ist eine bestimmte Art – unsere - menschlicher Zivilisation.
Wenn der Meeresspiegel deutlich steigt, werden z.B. weite Teile Bangladeshs unbewohnbar werden. Die Zahl der Flüchtlinge wird in die Millionen gehen.
Aber seien wir ehrlich: Heute fliehen wegen des Bürgerkriegs in Dafur auch Hunderttausende.
Viele von ihnen versuchen nach Europa zu kommen, und ertrinken elend im Mittelmeer.
Wohlhabende Reiche haben immer Mittel und Wege gefunden, sich einen Ansturm der Armen vom Hals zu halten.
„Die Menschheit“ geht deswegen nicht unter, mit Sicherheit jedoch das Asylrecht nach der Genfer Flüchtlingskonvention.
Und noch mal zurück zum Eisbär.
Irgendeine „Menschheit“ kann auch ohne Eisbär und ohne die tausenden Tier-und Pflanzenarten leben, die jetzt wegen der Klimaveränderung vom Aussterben bedroht sind.
Wir könnten aber auch ohne die Werke Leonardo da Vincis leben, wir können auch leben, wenn Venedig in den Fluten begraben wird, wir könnten auch den Central Park in Manhattan verbauen (was übrigens höchst lukrativ wäre, ein Milliardengeschäft).
Interessanterweise denkt niemand daran letzteres zu tun.
Weil der Central Park für die Qualität des Leben in New York einfach wichtig ist. “Die Natur“ braucht ihn nicht.
Wenn Kunstwerke oder historische Gebäude bedroht sind, werden oft grosse Summen aufgebracht, um sie zu renovieren und zu schützen.
Aus kulturellen Gründen.
Weil wir lieber mit ihnen, als ohne sie leben wollen.
„Die Natur“ braucht keinen Regenwald, keine Einbären.
Aber vielleicht sind das Schätze, die uns wichtig sind.
Mit denen wir leben wollen.
Die unser Leben reicherm, schöner und wertvoller machen.
Oder, wenn wir an den steigenden Meeresspiegel, die zunehmenden Unwetter und die Ausbreitung der Wüsten denken (alles keine Probleme für „die Natur“) ist das eine Frage der Gerechtigkeit. Denn für ziemlich viele Menschen würde dies das Leben schwieriger und gefährlicher machen, viele, sehr viele würden ihrer Existenzgrundlagen beraubt.
Es geht beim Klimaschutz um die Zukunft einer freien, offenen Zivilisation von bald 9 Mrd Menschen, wo es so etwas wie Menschenrechte für alle, nicht nur für die Reichen gibt.
Wenn wir nicht anders wirtschaften, und unser Energiesystem grundlegend umbauen, werden sich Kriege (nicht wirklich etwas Neues in der Menschheitsgeschichte), Hungersnöte und grosse Flüchtlingsströme nicht vermeiden lassen.
Unsere Gesellschaft wird dann eine ganz andere sein, ich fürchte um vieles inhumaner und brutaler.
„Dem Klima“ und „der Natur“ ist das ziemlich egal.
Packen wir also die Apokalypse in die Mottenkiste und formen wir die ökologische Frage in eine soziale und kulturelle um.
Vielleicht funktioniert das besser.

Besuch im Passivhaus

Im Winter warm ohne fossile Brennstoffe.
Im Sommer angenehm temperiert.
Treibhauseffekt und überhitzte Städte sind kein Schicksal.
Watch:

Asylanträge in Afrika: Eine Riesenchance

Grosse politische Verschiebungen kündigen sich oft leise an.
Obwohl bei Nachdenken sichtbar sein könnte, dass sich Neues auftut.
Und gerade weil im Zusammenhang zwischen der EU und der Füchtlingskrise (zurecht) viel, sehr viel kritisiert wird, möchte ich den jüngsten Schritt ausdrücklich loben.
Dieser kann eine völlig neue, positive Entwicklung einleiten.
Worum gehts?
Macron, Merkel & Co streben an, dass es in hoffentlich baldiger Zukunft möglich ist, schon in afrikanischen Ländern Asyl zu beantragen.
Derzeit müssen Flüchtlinge übers Meer, ihr Leben gefährdend, denn nur hier, in der EU kann ein Asylantrag gestellt werden.
Wenn es gelingt, das zu ändern, wäre es eine gewaltige Weichenstellung, welche die so gefähliche Fahrt über das Mittelmeer und das dreckige Geschäft der Schlepper wenn schon nicht beenden, so doch dämpfen könnte.
Wesentlich schint mir jedoch, dass sich daraus viel weitreichendere Perspektiven eröffnen könnten.
Denn um in Nigeria/Tschad/Libyen oder Niger Asyl zu beantragen braucht es keine eigenen "Lager".
Es wird wohl in veränderter Form soetwas wie das Botschaftsasyl sein, welches es früher gab.
Diese Asylanträge werden wahrscheinlich in Städten gestellt werden.
Damit rücken uns Europäern diese Städte ein bisschen näher. Denn derzeit sind sie sehr, sehr fern. (Wer kann schnell auch nur ein paar Städte in diesen Ländern nennen?)
Um dieses "Näherrücken" auch zu begleiten, um Wohn- und vielleicht auch Arbeitsmöglichkeiten für die Asylwerber, ebenso auch für die einheimsiche Bevölkerung (auch wegen der Akzeptanz) zu schaffen, könnten europäische Städte diesen Städten beim Naheliegenden helfen: Kanal, Strom, Wasser, Abwasser, Bildung, öffentlicher Verkehr.
Hier möchte ich an diesen meinen Beitrag vor drei Jahren erinnern.
So könnte eine grosse weltpolitische Weichenstellung geschehen.
In dem Ausmass, indem sich die USA als Weltmacht zurückzieht, was sie nicht erst mit Trump sondern schon unter Obama gemacht hat, könnte die EU als andere, nicht primär militärisch getriebene Kraft, quasi als "softpower" Verantwortung für unsere nähere Umgebung übernehmen.
Eine neue afrikanisch/arabisch/europäische Zusammenarbeit könnte entstehen.
Dieser Aufbau geschieht nicht in wenigen Monaten, sondern wird Jahre dauern.
Diese Zusammenarbeit könnte auch so weitergehen:
Warum nicht legale und zahlenmässig begrenzte Einwanderungskontingente vergeben, um auch jenen, die kaum Chance auf Asyl haben, die so gefähliche Mittelmeerüberfahrt zu ersparen?
Dann sollte es in diesen afrikanisch/arabischen Städten Sprachkurse ebenso geben , wie Berufsausbildungen an deren positiven Abschluss eine höhere Chance für ein Einwanderungsticket gekoppelt ist.
Schliesslich ist es unstrittig, dass gute Bildungsangebote auch für die einheimische Bevölkerung, welche nicht fliehen/auswandern will, unabdingbare Voraussetzung einer gedeihlichen Staats-und Wirtschaftsentwicklung darstellen.
Das kann, muss nicht so kommen.
Aber der Beschluss von Macron, Merkel & Co eröffnet für uns Europäer/innen die grosse Chance, aus dem bisherigen Teufelskreis herauszukommen.
Das ausdrücklich positiv hervorzuheben ist mir ein Bedürfnis.

adelige Wutbürger verhindern Otto Wagners Stadtmuseum am Karlsplatz

Fast, fast hätte 1901 Otto Wagner am Karlsplatz ein "Stadtmuseum" gebaut, das so ausgesehen hätte:

Bildschirmfoto-2017-05-03-um-13-58-11

Aber eben nur fast.
Denn mit adeligen Wutbürgern war nicht zu spassen. Sie fanden Otto Wagners Architektur viel zu modern und schlicht hässlich. An die Spitze der Wutbüger/innen setzte sich die Fürstin Pauline Metternich und sammelte rund 6000 Unterschriften.
Um zu zeigen, wie dieses Projekt "wirklich aussieht" wurde Otto Wagner genötigt, am Karlsplatz eine 1:1 Schablone seiner Fassade aufzubauen.
Das sah damals so aus.

Bildschirmfoto-2017-05-03-um-14-00-58

Damit wars dann vorbei.
Bürgermeister Lueger lavierte herum, und fand nicht den Mut das Projekt durchzusetzen.
Der Rest ist Geschichte.

Hier sei nicht Otto Wagners Stadtmuseum mit dem Neubau am Heumarkt von Isay Weinfeld verglichen. Was architektonische Qualität hat, wird oft erst Generationen später unstrittig gestellt.
Aus der Zeit heraus jedoch, und das ist mein Punkt, wurde Otto Wagners Architektur von vielen als abstossend und hässlich abqualifiziert. Und ihr Widerstand war erfolgreich.

Zum Tod eines siebenjährigen Mädchens

Fall 1
Ein siebenjähriges Mädchen ist am Dienstag in Wien am Weg zur Schule von einem Auto getötet worden.
Öffentliche Reaktion darauf: gering.
Politische Konsequenzen?
Keine.
Genauer: Falls sie gezogen werden (Temporeduktion, Geschwindigkeitsüberwachung, Fußgängerzonen), werden sie va von Boulevard heftig bekämpft.
Das Mädchen war nicht das erste Todesopfer heuer.
Und ich fürchte: Sie wird nicht das letze gewesen sein

Fall 2
Irgendwo in Europa ereignet sich ein Terroranschlag.
Menschen werden getötet.
Öffentliche Reaktion: Schlagzeilen und Debatten überall
Politische Konsequenzen: Umfangreich. Freiheitsrechte werden eingeschränkt, Überwachung ausgebaut, Demokratie abgebaut

Was ist der Unterschied zwischen Fall 1 und Fall 2
Auf den ersten Blick ist es eindeutig:
Beim Terroranschlag wären vorsätzlich Menschen getötet.
Beim tödlichen Autounfall wollte das keiner.

Jedoch:
Es ist unstrittig, dass politische Massnahmen die Zahl der Verkehrstoten drastische reduzieren könnten.
Nur: Es ist nicht gewollt, ja, diese Maßnahmen (für die ich politisch eintrete) werden heftig bekämpft.
Anderes (unbehinderte Fahrt für Autofahrer) scheint wichtiger.

Ist das Leid der Eltern des Mädchen geringer als jenes der Eltern der Terroropfer?

Ich will diese Ignoranz nicht hinnehmen.
Diese skandalöse Akzeptanz struktureller Gewalt.
Die Tatsache, dass Kindern in Städten und auch am Land die Freiheit geraubt wird, sich in ihrer Wohnumgebung frei zu bewegen.
Denn sie könnten dabei getötet werden.
Und es lässt alle kalt.
Auch Schweigen auf social media zu Fall 1.
Vielleicht bin ich grad besonders sensibel mit meinen zwei kleinen Kindern.
Und meiner Angst, wenn sie allein am Gehsteig zu laufen beginnen.
Sie könnten ja auf die Strasse abbiegen.

Warum muß die Straße Todeszone sein?
Ich akzeptiere das nicht.
Ja, nennt mich in dieser Frage Fundi.

Abschliessend eine Zahl und eine Frage:
In der EU sterben jährlich bei Verkehrsunfällen 25 000 Menschen.

Hätten wir noch eine Demokratie, wäre die Opferzahl durch Terroranschlägen auch nur 10% davon?

Heumarkt

Die Wiener Zeitung hat mich gebeten, meinen Standpunkt zum heftig diskutierten Heumarktprojekt ausführlicher zu begründen.
Hier ist der Link:
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtpolitik/881670_Schon-frueher-wurde-hoch-gebaut.html

Wien Museum- Winterthurgebäude Eine Chronologie

Gestern Sonntag überraschte Bürgermeister Häupl rund um die Diskussion Wien-Museum - Winterthurgebäude mit einem neuen Vorschlag, kommuniziert in ähnlich lautenden Interviews in Österreich und Kronenzeitung:

Frage: Was ist Ihr Vorschlag für den Streit um die drohende Verschandelung des Karlsplatzes? Michael Häupl: Ich habe ja da eine ganz andere Idee als die bisher diskutierten. Auch wenn Finanzstadträtin Renate Brauner das jetzt vielleicht nicht gerne hört: Eine Versicherung wie die Zürich-Kosmos kann ihr Gebäude überall in Wien aufstellen. Das muss nicht am Karlsplatz sein. Würde die Stadt der Versicherung den Grund ablösen, könnte man in einem völlig neuen Projekt das Wien Museum so erweitern, wie es ohnehin eigentlich notwendig wäre. ÖSTERREICH: Wobei dann auch bei der Neuplanung ein entsprechender Schutz der Karlskirche vorgesehen wäre? Häupl: Dann könnte man etwas völlig Neues planen, das das Ensemble am Karlsplatz nicht stört. Vielleicht sagt man mir ja, dass das eine Schnapsidee ist. Aber als Wissenschaftler bin ich gewöhnt, dass ich meine Ideen frei zur Diskussion stelle - das tue ich hiermit. Die Karlskirche, der Karlsplatz und vor allem das Wien Museum, das endlich genug Platz hätte - alle würden profitieren.


Bevor ich das bewerten möchte, eine kurze, trockene Chronologie.
Die geht zumindest bis zum Jahr 2012 zurück.

Im Sommer 2012 blieben nach längerer Standortsuche für das Wien Museum Neu zwei Standorte über: Am Hauptbahnhof (Arsenalstraße, schräg vis a vis vom 21er-Haus) sowie der bestehende Standort Karlsplatz. Im Architekturzentrum wurde eine Fachenquete durchgeführt, bei der 40 ExpertInnen (Museumsleute, ArchitektInnen, WissenschafterInnen, etc.) aufgefordert waren, ein kurzes Plädoyer jeweils für den einen oder den anderen Standort zu halten. Die überwiegende Anzahl der TeilnehmerInnen sprach sich für den Karlsplatz aus.

Um eine umfassende und fundierte Entscheidungsgrundlage zu haben, wurden in Abstimmung zwischen den Geschäftsgruppen Kultur und Stadtentwicklung im Herbst 2012 zwei städtebauliche Studien in Auftrag gegeben, um die Möglichkeiten und Potentiale dieser Standorte zu untersuchen. Den Standort am Hauptbahnhof wurde vom Wiener Büro querkraft untersucht, der Standort Karlsplatz vom Berliner Büro kuehn malvezzi gemeinsam mit dem Wiener Büro für Landschaftsarchitektur D/D (Detzlhofer und Dessovic). Diese beiden Studien wurden kurz vor Weihnachten 2012 den beiden ressortverantwortlichen StadträtInnen Mailath und Vassilakou präsentiert.

Das Ergebnis dieser Studie zum Karlsplatz war, dass der Umbau des Wien Museums genutzt werden sollte, um den östlichen Abschluss des Karlsplatzes aufzuwerten. Stadträumlich solle dabei die für die Karlskirche konstituierende städtebauliche Achse Herrengasse – Karlskirche gestärkt werden, die durch den Bau der Ringstraße (Staatsoper) und die Wien-Flussregulierung sowie den Bau der U-Bahn beeinträchtigt war. Ebenso sollte der ursprüngliche, solitäre Charakter des Wien-Museums wieder herausgearbeitet werden, das mit dem Anbau des Winterthur-Gebäudes in eine vermeintliche Blockrandbebauung integriert worden war. Der Denkmalschutz für das Bestandsgebäude war vom Bundesdenkmalamt vorgegeben.

Unter Beibehaltung des landschaftsplanerischen Konzeptes des schwedischen Gartenarchitekten Sven Ingvar Anderson von 1969 für den Karlsplatz wurden drei Entwicklungsszenarien ausgearbeitet: eine rein unterirdische Erweiterung des Wien Museums, eine Aufstockung des bestehenden Gebäudes und der Bau eines Solitärs vor dem bestehenden Bau, der mit diesem unterirdisch verbunden wäre. In Bezug auf das Winterthur-Gebäude empfahl die Studie, dessen Verbindung zum Wien Museum abzubrechen, und es als Teil dieses städtebaulichen Projektes einzubeziehen. Die städtebauliche Form sollte in Abhängigkeit zur Lösung des Wien Museums entschieden werden. Schon damals wurde eine Erweiterung nach vor oder nach oben angedacht.

In weiterer Folge wurde in der Baudirektion eine Projektkoordination für das Wien Museum eingerichtet, die eine Reihe weiterer technischer, rechtlicher und ökonomischer Fragen zu klären hatte, bevor Stadtrat Mailath-Pokorny im November 2013 die Standortentscheidung für den Karlsplatz verkündete und einen zweistufigen Architekturwettbewerb für 2015 ankündigte. „Das neue Wien Museum soll unter Einbeziehung des benachbarten Haerdtl-Baus erfolgen. Von dieser souveränen architektonischen Setzung erhoffen sich die Planer, die historische Achse der Karlskirche zu stärken“

Als nächstes Etappenziel erfolgte Anfang Juni 2014 im Kulturausschuss der Grundsatzbeschluss für die Sanierung und den Neubau des städtischen Museums am Standort Karlsplatz. Dafür wurde mit der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft (als Tochtergesellschaft der Wiener Standort EntwicklungsGmbH (WSE) in der Wien Holding) die organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen, zu deren Aufgaben die Abwicklung aller für das Projekt notwendigen Maßnahmen - von Widmungs- bis hin zu Finanzierungsfragen - sowie die Vorbereitung und Umsetzung des Architekturwettbewerbes zählen.

Im März 2015 wurde dann der zweistufige internationale Architekturwettbewerb ausgelobt. Unter dem Vorsitz des Schweizer Architekten Emanuel Christ wurde in der finalen Jurysitzung vom 19.11.2015 aus 274 eingereichten Projekten der Entwurf von Certov, Winkler + Ruck Architekten (Graz/Klagenfurt) zum Siegerprojekt gekürt.

Die Jury begründete ihre Entscheidung u.a. wie folgt:

„Allgemein ist das Projekt mit dem großen „Pavillon“ auf dem Dach als eine schöne und klare Setzung zu würdigen, dem es gelingt, die gebotene Rücksicht und den verantwortungsvollen Umgang mit Mitteln in eine dennoch prägnante Gesamtform umzusetzen, welche die räumlichen und gestalterischen Qualitäten des Karlsplatzes bewahrt und stärkt, sich durch die Freistellung gekonnt vom Nachbargebäude emanzipiert und dem Museum ein zusammenhängendes neues Gesicht verschafft.“

Als folgende Schritte wurde ein Verhandlungsverfahren mit den Gewinnern, mit dem Ziel, das Siegerprojekt umzusetzen angekündigt. Angekündigt wurde ebenfalls, dass Anfang des Jahres 2016 die Zürich Versicherung einen geladenen Architekturwettbewerb für das benachbarte Winterthurgebäude durchführen wird.

Die Formulierung der städtebaulichen Rahmenbedingungen für diesen folgenden Wettbewerb waren in Abhängigkeit mit der Lösung für das Wien Museum als Teil von dessen Wettbewerb abgefragt und wurden in weiterer Folge von der Stadtplanung vertieft und präzisiert. Als wichtigste Rahmenbedingungen wurden der Abbruch der Verbindungsbauteile zwischen den beiden Gebäuden sowie eine maximale Gebäudehöhe definiert, die sich an der Gesimshöhe der Karlskirche sowie der zukünftigen Höhe des Wien Museums orientiert und damit die bestehende Traufkante am Karlsplatz (TU-Wien, Musikverein, etc.) aufnimmt.

Von den eingereichten Vorschläge für das Winterthur-Gebäude wurden von einer achtköpfigen ExpertInnenjury unter dem Vorsitz von Rüdiger Lainer die Pläne des Wiener Architekturbüros Henke Schreieck Architekten ZT einstimmig ausgewählt und im April 2016 öffentlich präsentiert.

Aufbauend auf den bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Planungen und Entscheidungen für das Wien Museum wurden die Gewinner des Architketurwettbewerbes mit den weiteren Planungen beauftragt. Für die Phase II des Bauprojekts, die mit der Erwirkung des Baubescheides endet, wurde im September 2016 im Kulturausschuss des Wiener Gemeinderates ein Gesamtbetrag von 3,5 Millionen Euro einstimmig beschlossen.

Der Entwurf für eine Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wurde auf Basis dieser Planungsvorleistungen ausgearbeitet und magistratsintern begutachtet. Eine Eröffnung des Verfahrens gemäß §2 WBO hat noch nicht stattgefunden. Eine Vorlage dieses Entwurfes zur Beschlussfassung an den Wiener Gemeinderat ohne Finanzierungsbeschluss für den Bau des Wien Museums wurde von Vbgm. Maria Vassilakou ausgeschlossen.

Und nun zurück zum Vorschlag des Bürgermeisters, jetzt das Winterthurgebäude zu kaufen.
Wenn das passiert, heißt das für den notwendigen und unbestrittenen Neubau des Wienmuseums: Zurück an den Start.
Wäre das Winterthurgebäude im Besitz der Stadt, eröffnete dies natürlich für das Wienmuseum und für den Karlsplatz völlig neue Möglichkeiten.
Jedenfalls müssten die städtebaulichen Bedingungen neu definiert, und ein neuer Wettbewerb ausgelobt werden.
Zeitverzögerung: Mindestens ein Jahr, eher mehr.
Alle Kosten, die bisher aus dem Kulturbudget geflossen sind, wären damit abzuschreiben.
Es fragt sich also schon, warum der Bürgermeister erst jetzt mit diesem Vorschlag kommt.
Außerdem:
Das Winterthurgebäude ist im Besitz einer Versicherung.
Der Erwerb würde einen zweistelligen Millionenbetrag erfordern. (Ich unterlasse genauere Abschätzungen, um einen allfälligen Kaufprozess nicht zu belasten).
Budgetiert ist dies nicht.
Für den Kauf verantwortlich wären entweder die Finanzstadträtin (über eine Tochter der Wienholding) oder Stadtrat Ludwig, der für städtische Gebäude verantwortlich ist.
Letztlich muss der Kulturstadtrat klären, ober er die bisherigen Planungen abschreiben und ein völlig neues Projekt starten will.
Das Planungsressort hat, wie vereinbart, bisher alle Schritte für den Neubau des Wienmuseums unterstützt.
Jetzt liegt es am Bürgermeister und an den zuständigen SP-Stadträten zu klären, ob man wirklich das Winterthurgebäude kaufen möchte und ob man zurück an den Start will.
Wahrscheinlich nicht nur ich bin gespannt, was wirklich gewollt ist.

update Di 14.2:
Schon wieder vorbei. Siehe : Häupl rudert zurück

Intercont. Warum?

Viele fragen uns, warum wir für das Hochhaus beim Intercont sind.
Ich habe versucht, darauf Antworten zu geben.
18 min Im Gemeinderat.

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