Arbeiten Sie noch?
von cc am 19.10.2009
Zur aktuellen "Pensionsdebatte" meine heutige Presse-Kolumne:
Frühpension, also ohne Aufgabe zu sein, ist kein Privileg – im Gegenteil.
Hannes Androsch wurde jüngst gefragt, warum er in seinem Alter – er ist über 70 – und seinem Einkommen – er ist jedenfalls Millionär – noch immer arbeite. „Ich arbeite nicht, ich bin tätig“, war die bedenkenswerte Antwort. Es ist an der Zeit, die Pensionsdebatte endlich aus ihrer Begrenztheit herauszuführen.
Ist es wirklich eine soziale Errungenschaft, Menschen zwischen 50 und 60 so lange zu mobben, bis sie gegen ihren Willen, weiter „tätig sein“ zu wollen, in die Pension geschickt werden? Heute erwartet diese Menschen – statistisch – noch rund drei Jahrzehnte gesundes Leben, und unsere Gesellschaft signalisiert ihnen: „Wir brauchen dich nicht mehr, schleich dich aufs Altenteil.“
Im völligen Gegensatz zur öffentlich verbreiteten Meinung, Frühpension sei ein Privileg, verspüren sehr viele, dass genau das Gegenteil stimmt. Der Mensch ist ein schöpferisches Wesen, möchte wirken, gestalten, etwas mit anderen tun. Ohne Aufgabe zu sein ist das Gegenteil eines Privilegs. Das tatsächliche Pensionsantrittsalter liegt für Männer in Österreich bei 59 Jahren; und es sinkt weiter, im Gegensatz zu fast allen anderen OECD-Ländern.
Wohin die „Hackler-Debatte“ endlich führen müsste: Warum sind in unserem Land so viele Berufe so unattraktiv, die Arbeitsbedingungen so fremdbestimmt, dass die Flucht daraus so erstrebenswert ist? Obwohl wir, als Gesellschaft, materiell ziemlich reich geworden sind, wurde offensichtlich total verabsäumt, die vielfältigen Ausgestaltungen von „Arbeit“ zu entwickeln. Länger als bis 59 zu arbeiten, länger „tätig zu sein“ darf doch nicht als Bedrohung empfunden werden. Was wäre das für eine entsetzliche Gesellschaft? Das, was das Zentrum des Lebens oder doch zumindest ein ganz wesentlicher Teil davon ist, das, was man tut, schafft, gestaltet, wäre bloß eine Belastung, aus der man so früh wie möglich entfliehen will?
Zugespitzt gefragt: Verstößt der ORF, der dieser Tage hoch qualifizierte Journalisten in die Pension schickt, von denen manche erst in der Mitte ihrer 50er sind, alle jedenfalls weit unter dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter, nicht fundamental gegen den Artikel 23 der Menschenrechte, jenem über das Recht auf Arbeit? In diesem Artikel 23 steht auch das „Recht auf befriedigende Arbeitsbedingungen“. Hannah Arendt hat bereits in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts eines ihrer bahnbrechenden Werke verfasst: „Vita activa oder vom tätigen Leben“. Die Herren Khol und Blecha sollten es einmal durchblättern.
Frühpension, also ohne Aufgabe zu sein, ist kein Privileg – im Gegenteil.
Hannes Androsch wurde jüngst gefragt, warum er in seinem Alter – er ist über 70 – und seinem Einkommen – er ist jedenfalls Millionär – noch immer arbeite. „Ich arbeite nicht, ich bin tätig“, war die bedenkenswerte Antwort. Es ist an der Zeit, die Pensionsdebatte endlich aus ihrer Begrenztheit herauszuführen.
Ist es wirklich eine soziale Errungenschaft, Menschen zwischen 50 und 60 so lange zu mobben, bis sie gegen ihren Willen, weiter „tätig sein“ zu wollen, in die Pension geschickt werden? Heute erwartet diese Menschen – statistisch – noch rund drei Jahrzehnte gesundes Leben, und unsere Gesellschaft signalisiert ihnen: „Wir brauchen dich nicht mehr, schleich dich aufs Altenteil.“
Im völligen Gegensatz zur öffentlich verbreiteten Meinung, Frühpension sei ein Privileg, verspüren sehr viele, dass genau das Gegenteil stimmt. Der Mensch ist ein schöpferisches Wesen, möchte wirken, gestalten, etwas mit anderen tun. Ohne Aufgabe zu sein ist das Gegenteil eines Privilegs. Das tatsächliche Pensionsantrittsalter liegt für Männer in Österreich bei 59 Jahren; und es sinkt weiter, im Gegensatz zu fast allen anderen OECD-Ländern.
Wohin die „Hackler-Debatte“ endlich führen müsste: Warum sind in unserem Land so viele Berufe so unattraktiv, die Arbeitsbedingungen so fremdbestimmt, dass die Flucht daraus so erstrebenswert ist? Obwohl wir, als Gesellschaft, materiell ziemlich reich geworden sind, wurde offensichtlich total verabsäumt, die vielfältigen Ausgestaltungen von „Arbeit“ zu entwickeln. Länger als bis 59 zu arbeiten, länger „tätig zu sein“ darf doch nicht als Bedrohung empfunden werden. Was wäre das für eine entsetzliche Gesellschaft? Das, was das Zentrum des Lebens oder doch zumindest ein ganz wesentlicher Teil davon ist, das, was man tut, schafft, gestaltet, wäre bloß eine Belastung, aus der man so früh wie möglich entfliehen will?
Zugespitzt gefragt: Verstößt der ORF, der dieser Tage hoch qualifizierte Journalisten in die Pension schickt, von denen manche erst in der Mitte ihrer 50er sind, alle jedenfalls weit unter dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter, nicht fundamental gegen den Artikel 23 der Menschenrechte, jenem über das Recht auf Arbeit? In diesem Artikel 23 steht auch das „Recht auf befriedigende Arbeitsbedingungen“. Hannah Arendt hat bereits in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts eines ihrer bahnbrechenden Werke verfasst: „Vita activa oder vom tätigen Leben“. Die Herren Khol und Blecha sollten es einmal durchblättern.
Nicht alle Menschen, leider, empfinden die Arbeit als etwas Positives. Bei bestimmten Arbeiten würde es mir persönlich auch schwer fallen.
Ansonsten ist die Frühpension ein volkswirtschaftliches Verbrechen und zeigt nur die Unfähigkeit von Managern und Politikern auf. Offensichtlich sind beide unfähig, ausreichend "zu verkaufen". Arbeit gibt es immer genug. Zumindest eine Form der Arbeit, die auch etwas für die Mitmenschen tut.
meines Erachtens liegt der Hund tatsächlich in der Frage begraben, wie sinnstiftend und erfüllend der Job den man hat, empfunden wird. Bei der zunehmenden Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, allem voran natürlich in Berufen, die vorrangig von schlecht qualifizierten oder nicht ausgebildeten Menschen ausgeführt werden, einhergehend mit der katastrophalen Lohnentwicklung vor allem - aber lange nicht mehr nur, siehe zb Pflegeberufe - in diesen Sparten, und der damit einhergehenden sinkenden gesellschaftlichen Anerkennung, ist es kein Wunder, dass arbeiten als nötiges Übel, um (über)leben zu können, angesehen wird, das je früher desto besser enden sollte.
Wer arbeitet denn gern länger als nötig? Universitätsprofessor_innen, Politiker_innen, Manager_innen fallen mir da zuallererst ein (hab sicher ganz ganz viele vergessen), alles gut dotierte Jobs, mit viel Gestaltungs- und Selbstbestimmungsspielraum, die einem noch dazu zu gesellschaftlicher Anerkennung und Einfluss verhelfen. Idealist_innen, die trotz schlechter Arbeitsbedingungen und nicht ausreichender Entlohnung ihren Job trotzdem gern und auch über die notwendige Dauer hinaus machen, sind wohl eher die Minderheit.
Khol und Blecha, deren Performance ich in der derzeitigen Pensionserhöhungsdebatte letztklassig finde - das gestrige "im Zentrum" war da wohl der abstoßendste Auftritt - gehören wohl eindeutig zu ersterer Gruppe...
Aber wahrscheinlich meinst du die Berufsunfähigkeitspension, wo invalide und chronisch Kranke in Pension gehen können. Und das ist sicherlich nicht freiwillig, wenn ein Mensch nicht mehr arbeitsfähig ist.
stimme da Angela zu, dass eigentlich nur gut dotierte Jobs auch im hohen Alter weiter ausgeführt werden bzw. werden können (außerdem ist da die Mehrheit auch in der Selbstständigkeit)