teacher
von cc am 05.05.2009
mein aktueller Pressekommentar über eines meiner Lieblingsblogs, teacher
Er heisst schlicht teacher.
Seinen wahren Namen hält er geheim.Wahrscheinlich mit gutem Grund.
Trotzdem hab ich das Gefühl, ihn sehr gut zu kennen.
Denn ich lese seit Jahren mit grösstem Interesse sein Tagebuch.
Das heisst bezeichnenderweise: niemehrschule.
Darin erzählt er mit Leidenschaft, grosser sprachlicher Ausdruckskraft und vor allem einem ungeheuer scharfen Blick aus seinem Alltag in der Schule.
Eine Pflichtlektüre für alle, die an Jugendlichen Interesse haben, über Schulreformen nachdenken, eine Pflichtlektüre vor allem für jene, die Schulpolitik machen.
Es würde mich übrigens sehr interessieren, ob Ministerin Schmied oder Herr Neugebauer einmal hineingelesen haben.
Teacher erzählt von Kern dessen, was Schule immer sein wird: Dem konkreten Alltag von Schülern untereinander und den Beziehung von Lehrern zu Jugendlichen. Seine Geschichten verführen manchmal zum Lächeln, machen nachdenklich, stellen auch bisher Geglaubtes in Frage.
Eine Kostprobe:
Kontrollfrage an die 12-jährigen:
"Was wird denn in einem Hüttenwerk hergestellt?"
Nachdenkpause.
"Hundehütten?"
"Neee ..."
"Skihütten?"
"Sicher ... nicht!"
"Gibts Katzenhütten?"
"NEIN!"
"Ich habs: Gartenhütten!"
"Aaaah!"
Sie geben auf:
"Sagens Sie's schon!"
"Eisen."
"Das ist fad."
Das Schöne an seinem Tagebuch. Man kann es nicht nur überall lesen, wo es einen Internetanschluss gibt, man kann auch Fragen stellen, und mit ihm und anderen Lesern diskutieren.
Kürzlich habe ihm zu seinen Beobachtungen gratuliert, und doch einen kritische Frage stellen müssen.Warum aus seinen Beiträgen so oft ein Hauch von Larmoyanz durchklingt, der mir bei vielen Lehrern auffällt. Seine Antwort ist zu lange für diese Kolumne. Er hat dann über seine Vision von Schule geschrieben (hier bloss paar Sätze daraus):
„Schulen sollten vielfältige Lerngelegenheiten fürs Leben bieten, also Trainingsplätze fürs Leben sein (wo sportliche Leistungen und Regeln akzeptiert werden).
An meiner Schule gibt es nur wenige KollegInnen, die sich an solche Änderungen herantrauen - das wären Exkursionen in unbekannte Länder, manche mögen das, andere fürchten sich. Verständlich.
Bildungsreformen müssten daher bei den Lehrern anfangen.
Ich möchte einfach mit Kindern die Welt entdecken, gerne auch 8 Stunden pro Tag.“
So könnte Schulreform glücken:
Drückt sie einfach den „teachers“ in die Hand.
Zum Nachlesen
Nachtrag:
Weil ich hier auf meinem blog kein Platzproblem habe, teachers Vision in voller Länge:
Lieber cc,
Ich freue mich, dass ich ehrliches Interesse hinter deínen Fragen spüre. Das geht mir in der Politik (auch bei meinen eigenen Standesvertretern) ab, da wird oft nur mehr Taktik und Kalkül spürbar. Die letzten Verhandlungsergebnisse zeigen das - NULL Fortschritt.
Wie schaut meine klare Vision aus?
Heftige Frage.
Offen gesagt, ich habe noch kein rundes, fertiges Bild von einer guten Schule der Zukunft zusammenstellen können. Und wenn ich klare Eckpunkte formuliere, dann höre ich schnell Gegenargumente, die auch nicht vom Tisch zu wischen sind. Ich fürchte: Die eine gute Schule gibt es nicht. So wie es nicht das gute Lebensmittel oder das gute Auto gibt.
Schlussfolgerung: Es sollte eine große Vielfalt von Schulen geben. (Daher auch meine Skepsis gegenüber der Gesamtschule)
Ich könnte hier ein paar wesentliche Punkte aufzählen, die unsere jetzigen Dilemmata verringern würden. Z.B. dürfen Lehrer nicht gleichzeitig Prüfer sein. Z.B. dürfen wir nicht Kompetenzen und Fähigkeiten trainieren aber letztlich Stoff (z.B. bei der Matura) abprüfen. Z.B. müssen Lehrer und Schüler, die mehr leisten wollen, Anerkennung finden. Z.B. müssen alte Fächertrennungen aufgehoben werden. Z.B. müssen Schulbücher für jeden einzelnen durch Arbeitsmaterial für alle (Klassen) ersetzt werden. Z.B. muss eigene Zeit für Kommunikation, Soziales und Erziehung eingeplant werden. Z.B. sollten Medienwerkstätten so selbstverständlich sein wie Physiksäle. Z.B. sollte jeder Lehrer lebenslang an der Uni immatrikuliert bleiben und fortgebildet werden etc.
Aber eine Vision sollte ja per definitionem in einem "Slogan" zusammenfassbar sein: Schulen sollten vielfältige Lerngelegenheiten fürs Leben bieten, also Trainingsplätze fürs Leben sein (wo sportliche Leistungen und Regeln akzeptiert werden).
An meiner Schule gibt es nur wenige KollegInnen, die sich an solche Änderungen herantrauen - das wären Exkursionen in unbekannte Länder, manche mögen das, andere fürchten sich. Verständlich.
Bildungsreformen müssten daher bei den Lehrern anfangen. Investiert in die Aus- und Weiterbildung der Lehrer, gebt Ihnen Karrieremöglichkeiten, deckt sie mit allen möglichen Lernmedien zu. Es ist eine Schande, wenn wir um Materialien fürs Offene Lernen betteln müssen (vergeblich), wenn Lehrausgänge daran scheitern, dass keine Fahrkarten für die Öffis vorhanden sind, dass wir kein Druckpapier oder keinen Toner bezahlen können ...
Lagert die Verwaltung aus (dafür sind wir zu teuer und nicht kompetent) und durchforstet die Gesetze. Ich möchte einfach mit Kindern die Welt entdecken, gerne auch 8 Stunden pro Tag.
Er heisst schlicht teacher.
Seinen wahren Namen hält er geheim.Wahrscheinlich mit gutem Grund.
Trotzdem hab ich das Gefühl, ihn sehr gut zu kennen.
Denn ich lese seit Jahren mit grösstem Interesse sein Tagebuch.
Das heisst bezeichnenderweise: niemehrschule.
Darin erzählt er mit Leidenschaft, grosser sprachlicher Ausdruckskraft und vor allem einem ungeheuer scharfen Blick aus seinem Alltag in der Schule.
Eine Pflichtlektüre für alle, die an Jugendlichen Interesse haben, über Schulreformen nachdenken, eine Pflichtlektüre vor allem für jene, die Schulpolitik machen.
Es würde mich übrigens sehr interessieren, ob Ministerin Schmied oder Herr Neugebauer einmal hineingelesen haben.
Teacher erzählt von Kern dessen, was Schule immer sein wird: Dem konkreten Alltag von Schülern untereinander und den Beziehung von Lehrern zu Jugendlichen. Seine Geschichten verführen manchmal zum Lächeln, machen nachdenklich, stellen auch bisher Geglaubtes in Frage.
Eine Kostprobe:
Kontrollfrage an die 12-jährigen:
"Was wird denn in einem Hüttenwerk hergestellt?"
Nachdenkpause.
"Hundehütten?"
"Neee ..."
"Skihütten?"
"Sicher ... nicht!"
"Gibts Katzenhütten?"
"NEIN!"
"Ich habs: Gartenhütten!"
"Aaaah!"
Sie geben auf:
"Sagens Sie's schon!"
"Eisen."
"Das ist fad."
Das Schöne an seinem Tagebuch. Man kann es nicht nur überall lesen, wo es einen Internetanschluss gibt, man kann auch Fragen stellen, und mit ihm und anderen Lesern diskutieren.
Kürzlich habe ihm zu seinen Beobachtungen gratuliert, und doch einen kritische Frage stellen müssen.Warum aus seinen Beiträgen so oft ein Hauch von Larmoyanz durchklingt, der mir bei vielen Lehrern auffällt. Seine Antwort ist zu lange für diese Kolumne. Er hat dann über seine Vision von Schule geschrieben (hier bloss paar Sätze daraus):
„Schulen sollten vielfältige Lerngelegenheiten fürs Leben bieten, also Trainingsplätze fürs Leben sein (wo sportliche Leistungen und Regeln akzeptiert werden).
An meiner Schule gibt es nur wenige KollegInnen, die sich an solche Änderungen herantrauen - das wären Exkursionen in unbekannte Länder, manche mögen das, andere fürchten sich. Verständlich.
Bildungsreformen müssten daher bei den Lehrern anfangen.
Ich möchte einfach mit Kindern die Welt entdecken, gerne auch 8 Stunden pro Tag.“
So könnte Schulreform glücken:
Drückt sie einfach den „teachers“ in die Hand.
Zum Nachlesen
Nachtrag:
Weil ich hier auf meinem blog kein Platzproblem habe, teachers Vision in voller Länge:
Lieber cc,
Ich freue mich, dass ich ehrliches Interesse hinter deínen Fragen spüre. Das geht mir in der Politik (auch bei meinen eigenen Standesvertretern) ab, da wird oft nur mehr Taktik und Kalkül spürbar. Die letzten Verhandlungsergebnisse zeigen das - NULL Fortschritt.
Wie schaut meine klare Vision aus?
Heftige Frage.
Offen gesagt, ich habe noch kein rundes, fertiges Bild von einer guten Schule der Zukunft zusammenstellen können. Und wenn ich klare Eckpunkte formuliere, dann höre ich schnell Gegenargumente, die auch nicht vom Tisch zu wischen sind. Ich fürchte: Die eine gute Schule gibt es nicht. So wie es nicht das gute Lebensmittel oder das gute Auto gibt.
Schlussfolgerung: Es sollte eine große Vielfalt von Schulen geben. (Daher auch meine Skepsis gegenüber der Gesamtschule)
Ich könnte hier ein paar wesentliche Punkte aufzählen, die unsere jetzigen Dilemmata verringern würden. Z.B. dürfen Lehrer nicht gleichzeitig Prüfer sein. Z.B. dürfen wir nicht Kompetenzen und Fähigkeiten trainieren aber letztlich Stoff (z.B. bei der Matura) abprüfen. Z.B. müssen Lehrer und Schüler, die mehr leisten wollen, Anerkennung finden. Z.B. müssen alte Fächertrennungen aufgehoben werden. Z.B. müssen Schulbücher für jeden einzelnen durch Arbeitsmaterial für alle (Klassen) ersetzt werden. Z.B. muss eigene Zeit für Kommunikation, Soziales und Erziehung eingeplant werden. Z.B. sollten Medienwerkstätten so selbstverständlich sein wie Physiksäle. Z.B. sollte jeder Lehrer lebenslang an der Uni immatrikuliert bleiben und fortgebildet werden etc.
Aber eine Vision sollte ja per definitionem in einem "Slogan" zusammenfassbar sein: Schulen sollten vielfältige Lerngelegenheiten fürs Leben bieten, also Trainingsplätze fürs Leben sein (wo sportliche Leistungen und Regeln akzeptiert werden).
An meiner Schule gibt es nur wenige KollegInnen, die sich an solche Änderungen herantrauen - das wären Exkursionen in unbekannte Länder, manche mögen das, andere fürchten sich. Verständlich.
Bildungsreformen müssten daher bei den Lehrern anfangen. Investiert in die Aus- und Weiterbildung der Lehrer, gebt Ihnen Karrieremöglichkeiten, deckt sie mit allen möglichen Lernmedien zu. Es ist eine Schande, wenn wir um Materialien fürs Offene Lernen betteln müssen (vergeblich), wenn Lehrausgänge daran scheitern, dass keine Fahrkarten für die Öffis vorhanden sind, dass wir kein Druckpapier oder keinen Toner bezahlen können ...
Lagert die Verwaltung aus (dafür sind wir zu teuer und nicht kompetent) und durchforstet die Gesetze. Ich möchte einfach mit Kindern die Welt entdecken, gerne auch 8 Stunden pro Tag.
MfG