aber warum kommt sie erst jetzt? der crash kam ja nicht überraschend, ebensowenig wie die irrwitzige bereicherung auf kosten der weltbevölkerungsmehrheit. hier noch ein paar zahlen (aus meinem neuen buch "uns gehört die welt!"):
"Die reichsten zwei Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung besitzen mehr als die 50 Prozent des globalen Privatvermögens. Das heißt: Zwei von hundert Menschen haben mehr als die Hälfte von dem, was eigentlich für alle Hundert gemeinsam da ist. Das reichste Zehntel kommt sogar auf 85 Prozent des gesamten weltweiten Wohlstandes. Im Gegensatz dazu gehört der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung gemeinsam nur knapp ein Prozent aller Güter der Erde. Das ist so, wie wenn sich 50 Menschen das teilen müssten, was eigentlich nur für einen da ist."
"Die reichsten Deutschen sind die Brüder Karl und Theo Albrecht, die Gründer der Supermarktkette Aldi (in Österreich: Hofer). Gemeinsam besitzen sie rund 37 Milliarden Dollar, immerhin soviel wie die ärmsten 36 Länder im Jahr verdienen. Die 500 reichsten Menschen der Erde verdienen laut der UNO-Entwicklungsbehörde UNDP in einem Jahr mehr als die ärmsten 416 Millionen ErdenbürgerInnen zusammen. Und wenn die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung alles was sie in einem Jahr verdient auf ein Konto legen würde, hätten sie gemeinsam nur so viel wie die zweihundert reichsten Milliardäre."
"Die UNO schätzt, dass es 300 Milliarden US-Dollar kosten würde, das Einkommen der ärmsten Milliarde Menschen über die Schwelle der extremen Armut anzuheben. Das wäre weniger als ein Sechzigstel des Einkommens der reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung. Oder das, was die reichsten acht Männer der Welt gemeinsam besitzen."
Ich stimme in allem zu. Aber die Wut ist insofern nicht gerechtfertigt, weil sie den Faktor Mensch außer acht lässt. Der Vergleich mit dem Pyramidenspiel ist sehr gut. Aber Leute nehmen an Pyramidenspielen teil, selbst wenn man ihnen vorrechnet, dass man dabei nicht gewinnen kann, es sei denn man gehört zu den Urhebern des Spiels.
Einen Hochschulmathematikprofessor habe ich einmal gefragt, ob man nicht wissenschaftlich nachweisen könne, dass die Maximen des Kapitalismus nur auf begrenzte Zeit haltbar sind. Die Antwort: "Wir wissen noch nicht, ob es sich bei wirtschaftlichen Phänomenen um Nullsummenspiele handelt." Ich hätte ihn erschlagen können. Das war 1993.
Ich bevorzuge den Kapitalismus gegenüber den Kommunismus. Ein gewisses Leistungsprinzip ist notwendig, um den Menschen aus seiner Faulheit und Indolenz aufzurütteln.
Es sind übrigens nicht die Leute dumm, die keine Ausbildung bekommen können. Es sind die dumm, die am Ausbildungsnapf sitzen und sich fragen, wo zu sie Bildung brauchen. Und weil genau diese Leute "dumm" sind, funktionieren Pyramidenspiele und funktioniert eine Propaganda, die ja noch viel mehr als rein materiellen Schaden verursacht. Ich brauche da wohl keine Beispiele zu geben.
Meine Räsoniererei wäre aber genauso unsinnig, wenn ich nicht den einen Punkt erwähnen würde, der sich gegen die Politiker richtet. Ganz, ganz selten kommt es vor, dass der Politiker einer Partei die Taten der anderen gelten lässt. Da sind die Grünen leider keine Ausnahme.
Wenn die Regierung 2000 bis 2006 so schlecht gewesen ist, ist es wirklich ein Jammer, dass wir insgesamt nicht besser in der Weltrangliste aufscheinen. Grün und Rot hätte uns wahrscheinlich an Platz Nummer 1 der reichsten Länder katapultiert, der CO2-Ausstoss wäre null und die Arbeitslosenzahlen negativ(!)
Es ist für mich nahezu unmöglich zu glauben, dass jede Regierung nur ein Selbstbedienungsladen für die eigenen Leute sein kann. Das führt in den meisten Ländern zum Putsch. Vielleicht nicht bei uns, weil es uns ja zu gut geht.
Und die Politik Bush's wird die Amerikaner vermutlich trotzdem nicht abhalten, republikanisch zu wählen, weil ihnen ein NEGER zu unwählbar erscheint. Dabei hat Obama tatsächlich etwas mit Kennedy gemeinsam, den Wunsch etwas zu verändern.
Ich habe einmal in einer recht hoch angesiedelten Sitzung die These vertreten, dass die Programmierer in unserer Firma interessiert sein müssten, etwas Neues zu lernen. Ein sechzigjähriger Palästinenser, der Bruder des Sicherheitschefs von Arafat, hielt mir entgegen, dass die Leute keine Veränderung wünschen. Damals, 2000, diskutierte ich noch über das Thema. Heute gebe ich ihm recht.
Die wenigsten wollen sich verändern, wollen umdenken. Aber sie spielen bei jedem Preisrätsel mit, sie spielen Lotto, Toto und was immer. Denn der Glaube, dass man etwas geschenkt bekommen kann, ist der heutige Zeitgeist. Selbst ich selber spiele damit, in dem ich Werbeaussagen mit einem Gewinnspiel verbinde. Auf allerkleinster Basis, im Rahmen von technischen Präsentationen. Aber nur so fängt man seine Pappenheimer.
Ich selbst gehöre auch eher zu der statischen Mannschaft. Aber ich freue mich wenigstens, dass meine Kinder schon etwas anders denken. Und mein Chef und sein Schwager wählen beide grün. Und ich kann Maßnahmen vorschlagen, die in den CSR-Bereich hineingehören. Ich gebe hier absichtlich nicht die Bedeutung von CSR an. Mal sehen, wie viele Leser hier den Begriff ohne zu googlen kennen.
Es menschelt. Unter diesem Aspekt können wir uns nur alle selbst an der Nase nehmen. Manchmal tue ich es auch bei mir. Aber halt nur manchmal.
dieter (Gast) - 22. Sep, 11:04
@cc:
Das Geld wurde sehr wohl produktiv eingesetzt. Nämlich zum Bau von unzähligen überdimensionierten, schlecht isolierten, weit von Stadtkernen entfernten Häusermeeren von Sacramento bis New Jersey plus SUVs zum Pendeln und vieles mehr. Finanziert wurde das auch von genügsamen österreichischen Sparbuchbesitzern bei Raiffeisen, wie wir ja mittlerweile wissen.
Die Banker haben einen Prozentsatz abgesahnt, was bei diesen gigantischen Bewegungen einiges ausmacht.
Das Geld wurde also schon längst ausgegeben.
@clows:
Die Albrecht-Brüder besitzen eine europäische Supermarktkette, die deshalb geschätzte 37 Milliarden wert ist, weil wir dort einkaufen. Wenn man Aldi und Hofer verstaatlichte, würden diese Supermärkte nur den Besitzer wechseln, aber deswegen füllt sich keine einzige vietnamesische Reisschüssel. Es macht überhaupt keinen Sinn, den Schätzwert einer europäischen Supermarktkette, dem BIP armer Länder gegenüber zu stellen. Ein Rembrandt ist auch keine Kläranlage, nur weil sie einen ähnlichen Marktwert haben.
aldi braucht ja nicht verstaatlicht werden, zwei dinge würden allerdings letztlich sehr wohl "vietnamesische reisschüsseln füllen":
1. ein internationales standortschutzabkommen, das importe an sozial- und umweltstandards bindet und damit einen fairen handel garantiert
2. eine besteuerung transnationaler konzerngewinnen, die für soziale infrastruktur und entwicklung aufgewendet wird
dass der politische wille dafür fehlt, ist mir schon klar. es soll nur niemand sagen dass es nicht ginge, wenn es so etwas wie einen ethischen grundkonsens gäbe.
Es ist genau so, wie Dieter sagt: das Geld wurde verwendet zum Bau von Häusern - deswegen auch die Bezeichnung Häuserblase.
Die Hypothekenkredite wurden auf dem Sekundärmarkt abgesichert und die Banken am Sekundärmarkt haben die Hypotheken in Form von Assets weiterverkauft. Aufgrund der regen Bautätigkeit sind die Häuserpreise immer weiter gestiegen und somit auch der Wert der Assets.
Die Gewinner der Banker sind verschwindend klein im Vergleich zum Wert der Millionen und Millionen Häuser, die in den USA gebaut wurden. Häuser, die gerade auch von Bürgern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMI) gebaut/gekauft wurden. Warum? Die USA hat seit Clinton die Vergabe von Krediten an LMI massiv gefördert und gefordert. Rassendiskriminierung und unfaire Praktiken bei der Kreditvergabe wurde bekämpft.
Dass dabei weit über das Ziel hinausgeschossen wurde und die massiven Probleme am Finanzmarkt darauf zurückzuführen sind, habe ich versucht in meinem Blogeintrag darzulegen:
PS: Die 700Mrd sind der Betrag, mit dem die USA Hypotheken-Kredite am Markt aufkaufen will. Da die meisten dieser Kredite weiterhin normal zurückgezahlt werden, wird der schlussendliche Betrag viel geringer sein.
PPS: Die Probleme in Afrika sind nicht auf einen Geldmangel zurückzuführen, sondern auf Misswirtschaft und Korruption - siehe so ziemlich jeden Afrikanischen Staat, ganz speziell aber auch Simbabwe.
dieter (Gast) - 23. Sep, 18:04
Wie die vorletzte Grafik in deinem Artikel zeigt, sind Fannie und Freddie nur an einem Bruchteil der explodierenden Hypotheken beteiligt und die waren eher die Solideren. Sub-prime war das Metier der anderen Privaten, die, wie wir jetzt ja sehen, ebenfalls auf eine implizite Staatsgarantie bauen können.
Ein derartiges Ereignis wie die aktuelle Finanzkrise ist nicht dazu geeignet, Vorurteile über Regulierung oder Deregulierung zu bestätigen. Wenn man will, kann man freilich für beide Seiten Argumente finden.
rauhreif (Gast) - 26. Sep, 20:12
Die 700 Mrd. ...
... werden sogar auch noch ein tolles Geschäft für die US-Regierung , wie man den heutigen Zeitungen entnehmen kann. And the looser is ....
Jetzt weiß ich endlich welches Wort mir gefehlt hat: Pyramidenspiel.
Und ich dachte immer, dass es dies nur bei unseriösen Versicherungen gibt. Meine Mama hat immer schon gesagt: "Lass die Finger von solchen schmierigen Geschäften."
Was würde meine Mutter wohl sagen, wenn ich klar machen, dass sie ihr ganzes Leben in so einem schmierigen Spiel mitgespielt hat?
Sie würde sagen: "Na das ist nicht so schlimm, uns gehst ja gut!"
die wut ist gerechtfertigt
"Die reichsten zwei Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung besitzen mehr als die 50 Prozent des globalen Privatvermögens. Das heißt: Zwei von hundert Menschen haben mehr als die Hälfte von dem, was eigentlich für alle Hundert gemeinsam da ist. Das reichste Zehntel kommt sogar auf 85 Prozent des gesamten weltweiten Wohlstandes. Im Gegensatz dazu gehört der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung gemeinsam nur knapp ein Prozent aller Güter der Erde. Das ist so, wie wenn sich 50 Menschen das teilen müssten, was eigentlich nur für einen da ist."
"Die reichsten Deutschen sind die Brüder Karl und Theo Albrecht, die Gründer der Supermarktkette Aldi (in Österreich: Hofer). Gemeinsam besitzen sie rund 37 Milliarden Dollar, immerhin soviel wie die ärmsten 36 Länder im Jahr verdienen. Die 500 reichsten Menschen der Erde verdienen laut der UNO-Entwicklungsbehörde UNDP in einem Jahr mehr als die ärmsten 416 Millionen ErdenbürgerInnen zusammen. Und wenn die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung alles was sie in einem Jahr verdient auf ein Konto legen würde, hätten sie gemeinsam nur so viel wie die zweihundert reichsten Milliardäre."
"Die UNO schätzt, dass es 300 Milliarden US-Dollar kosten würde, das Einkommen der ärmsten Milliarde Menschen über die Schwelle der extremen Armut anzuheben. Das wäre weniger als ein Sechzigstel des Einkommens der reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung. Oder das, was die reichsten acht Männer der Welt gemeinsam besitzen."