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Klimaschutz: Gebäudesanierung - Verpflichtung kommt!

Für große politische Erfolge braucht man Geduld und Zähigkeit.
Heute darf ich endlich über einen berichten, auf den ich wirklich stolz bin.
Zufälligerweise grad rechtzeitig zur Kopenhagenkonferenz.
And that`s it:
Die Sanierung von Altbauten ist die billigste, klügste, effizienteste Maßnahme um (importierte fossile) Energie zu sparen, das Klima zu schützen und auch: Heizkosten zu sparen.
So weit, so bekannt und dennoch, bisher ging es schleppend voran.
Denn es gibt zwar Förderungen, aber nur für jene, die auch sanieren wollen.
Wer kein Interesse hat, mußte nicht.
Das hatte zur Folgen, daß die Sanierungrate in Wien in den letzen Jahren gesunken ist: Auf knapp 1% des Gebäudebestandes. Das ist viel zu wenig!
Dabei ist der technische Fortschritt bei der Sanierung beträchtlich.
Derzeit werden bereits bei jeder Sanierung, so sie durchgeführt wird im Durchschnitt 50% Energie eingespart. Dieser Wert lag noch vor einigen Jahren bei bloß 35%.

Hervorragende Beispiele wie dieses hier sind, weil Sanierungen bisher bloß freiwillig waren, leider allzu selten:

vorher:

image_01

nachher:

image_02


Nun verhandle ich seit zwei Jahren mit der SPÖ sowie den anderen Parteien die Fortschreibung des Wiener Klimaschutzprogramms (KLIP2), welches ab 2012 in Kraft treten soll.
Darin sind viele vernünftige Sachen, trotzdem bleibt es, v.a. was den Verkehr betrifft, deutlich hinter dem zurück, was möglich und notwendig wäre. Hier haben SP und wir ziemlich konträre Anschauungen.
Trotzdem: Viele Maßnahmen, die im KLIP stehen sind durchaus sinnvoll (deutliche Steigerung der Solarenergienutzung in Wien,, etc,...), und "nur" ablehnen schien mir wenig nützlich.
So war meine Strategie: Ein grosser, wichtiger Punkt, der wirklich etwas ändert muß hinein.
Und der lautet: Verpflichtende thermische Althaussanierung,wenn die Energiekennzahlen schlecht sind.
Reaktion der Verhandlungspartner: Aufstöhnen.
Das gehe rechtlich nicht, denn hier habe Wien keine Kompetenz, außerdem sei es verfassungsrechtlich unmöglich, weil es das Eigentumsrecht verletze.
Mühsame weitere Verhandlungen: Wir einigten uns dann darauf einen Universitätsprofessor zu beauftragen, der dies klären solle.
Hier ist das Rechtsgutachten, es ist eindeutig:
rechtsgutachten_sanierung_geb_s (pdf, 3,603 KB)

Zuhilfe kam mir dann die deutsche Energiesparverordnung, die eine ähnliche Verpflichtung vorsieht.
Und so kam es dann doch.Auch in Wien.
Der Fairness wegen möchte ich anmerken, dass sich Umweltstadträtin Sima dann sehr bemüht hat,diesen so wichtigen Punkt auch wirklich aufzunehmen.
Konkret: Jedenfalls soll die einfachste Sanierungsmaßname, die Dämmung der obersten Geschoßdecke verpflichtend realisiert werden.
Eine weitere "Ausdehnung" kann dannn folgen.
Noch im kommenden Jahr soll diese Verpflichtung in der Bauordnung verankert werden.
Wien ist dann das erste Bundesland, das eine solche Verpflichtung vorsieht.
Hoffentlich werden weitere folgen.
Konsequenz: lokale Wertschöpfung und Arbeitsplätze statt importiertem Öl oder Gas, geringere Heizkosten und weniger Emissionen.
Und das endlich verpflichtend.
Ist wirklich ein "big shot".
Das Klip 2 wird am 18. Dez vom Gemeinderat beschlossen.
kayjay - 6. Nov, 11:05

Dämmstoffe bestehen aber meistens aus Ölgrundstoffe, oder?

ameno (Gast) - 6. Nov, 11:05

immerhin

mal gute neuigkeiten aus der politik, danke! bleibt zu hoffen, daß die eigentümer gleich freiwillig mehr machen... mal schaun wie sich das entwickelt.

nur die vorher/nachher bilder kann ich nicht ausstehen... das "vorher" rein zufällig in triestem schwarz/weiß, wolkenverhangenem himmel und mit tiefstehender sonne, das "nachher" in farbe mit blauem himmel. vl nur zufall... jedenfalls beschiß :)

kayjay - 6. Nov, 11:20

freiwillig werden sie es nie machen, zwingen kann keiner sie dazu.
Es kann ihnen nur vorgescherieben werden, wenn ein Umbau etc geplant wird,
sprich wenn ein nicht genemigungsfreies Projekt ansteht.
cc - 6. Nov, 11:28

@kayjay

klar kann man "sie" zwingen. Genau darum geht es ja. Bitte lies das Rechtsgutachten!
martin (Gast) - 6. Nov, 13:03

photofreak?

ist echt superegal, wie die bildfarben sind...
Schade, dass bei der Sanierung nicht gleich Balkone dazugekommen sind...
Michael (Gast) - 6. Nov, 11:25

Na großartig - für euch Politiker gibts offensichtlich überhaupt keine Schamgrenze mehr. Aber irgendwann wird sich die Auffassung, dass es für die Politik überhaupt keine Grenzen gibt, was sie der Bevölkerung aufzwingen können gegen euch wenden.

Heute sind es die Glühbirnen und die Wärmedämmung, aber schon morgen kann es ganz was anderes sein. Und Du (ja, Du Christoph Chorherr) wirst einer der sein, die den Weg dafür geebnet haben.

cc - 6. Nov, 11:29

@ michael

ersuche um Argumente
c.c.
martinm - 6. Nov, 11:50

geh bitte! Man wird doch zu dingen gezwungen seit sich menschen zu größern gruppen zusammenschließen ;-)
Michael (Gast) - 6. Nov, 20:18

Eine freie Gesellschaft ist nur möglich, wenn sich die Politiker bewusst sind, dass es Bereiche gibt, in denen die Politik nichts zu suchen hat.

Der Klimawandel, der irgendwann angeblich zu furchtbaren Konsequenzen führen wird und der angeblich vom Menschen beeinflusst werden kann, wird dazu verwendet, um die Grenze dieses Bereichs immer weiter zu verschieben.

Irgendwann, wenn der Klima-Hype vorbei ist, werden andere Themen kommen und die Politiker, die ihre Ideologien durchsetzen wollen werden diese verschobenen Grenzen vorfinden.

Ist es schlecht, wenn Häuser besser isoliert sind? Sicher nicht. Aber die Politik sollte sich überlegen, ob hier nicht Grenzen überschritten werden.
martinm - 6. Nov, 22:34

aha na wenn das so ist, dann fordere ich ab sofort, dass mit der einführung der Mehrwertsteuer eine grenze überschritten wurde.
AUch beim einführen der Geschwindigkeitsbegrenzungen wurde eine Grenze überschritten.
Auch die Grundwidmungen und Bauordnungen und was weiß ich haben eine grenze überschritten.
coyote (Gast) - 8. Nov, 23:17

Irgendwie erinnern mich Klimawandel - "Zweifler" ...

an Holocaust - Leugner.
Martin Schimak - 9. Nov, 09:21

@coyote Du kannst diesen Vergleich noch 100x bringen und ich werde Dir - bevor es sonst niemand tut - noch 100x antworten, dass es mir den Magen umdreht wenn Du Skepsis in einer Sachfrage in einen Topf mit dem rein ideologisch begründeten Zweifel an millionenfachem Mord und Totschlag wirfst, der Millionen Familien ausgelöscht hat und in Millionen weiterer Familien sehr reale und schmerzhaft deutlich bezeugbare Lücken hinterlassen hat.

Der vom Menschen wesentlich mitverursachte Klimawandel ist eine wissenschaftliche Hypothese, die bisher trotz umfangreicher diesbezüglicher Versuche nicht falsifiziert werden konnte und daher zu unserem aktuell besten Wissen zählt. Wissenschaftliche Skepsis ist schon deshalb auch weiterhin angebracht und hochnotwendig, weil unser Wissen immer nur vorläufig sein kann. Wir müssen weiterlernen.

Also bitte lass das sein - endgültig.
@Martin Schimak (Gast) - 9. Nov, 11:30

Das sich Zurechtlügen von Fakten, die einem nicht bequem sind...

ist eine auffallende Analogie zwischen beiden Verhaltensweisen, ZU auffallend, um nicht angesprochen zu werden !

Auch der "Klimawandel - Zweifel" ist in der Regel "ideologisch begründet.

Und den "Body Count" können wir dann anstellen, wenn wir den Klimawandel hinter uns haben.
Wolfgang (Gast) - 6. Nov, 13:09

Die Fotos sind echt super.

Nicht nur, dass das alte Haus absichtlich dargestellt wurde, so haben die optischen verbesserungen ja nix mit der thermischen Sanierung zu tun. Trotzdem: Ja, machen, optisch UND thermisch aufwerten! Für ein schönes Stadtbild.

Dass Wien hier Vorreiter ist, ist schön, aber auch kein Wunder. Am Land besitzen viel mehr Leute das Haus, in dem sie wohnen. Da wird dann einfach selbst saniert. Leute, denen diese klassischen Wiener Zinshäuser gehören, wohnen ja oft nicht selbst drin.

martinm - 6. Nov, 14:05

Ich glaube das soll eher ein beispiel dafür sein, dass man thermisch sanieren kann ohne die schönen alten fassaden zu überkleben.

Wie auch immer das funktioniert, hat wer ahnung?
der h. (Gast) - 7. Nov, 17:13

ja. die alte fassede wird überklebt - und die versunkenen reliefs werden dann in styropor wieder nachgebildet
martinm (Gast) - 9. Nov, 09:15

aso wie langweilig ;-)

Bei den obigen fotos wurde das aber nicht so gemacht, oder bei den nachbarhäusern auch gleich.....
der h. (Gast) - 9. Nov, 12:53

innensanierung

hmm, sieht man nicht sehr genau. aber sie könnten auch einen innensanierung gemacht haben.
die is aber sehr teuer und aufwendig denn: weil die bestehenen kältebrücken in den geschossdecken nicht abgedeckt werden, musst auch alle decken und böden isolieren: enormer materialaufwand; nur bei vorheriger totalabsiedlung der mieter machbar; verlust an wohnfläche und raumhöhe. und was dann bleibt is das wohngefühl styroporschachtel.
oder: entkernen, das is aber die superteure variante
Laurenz (Gast) - 6. Nov, 16:33

tolle sache das!
Gratuliere!
das mit den vergleichsbildern versteh ich zwar auch nicht so ganz, weil man die dämmung ja nicht sehen kann..!? aber schön bewachsen ist das haus am 2. bild ;)

e9325827 - 6. Nov, 17:45

Kosten/ Nutzen für Eigentümer

Freut mich, dass so eine Maßnahme kommt.
Gerade in Wien macht die thermische Sanierung jedenfalls Sinn, da hier mehr als 2-3 Personen pro Haus leben.

Bisher ist die thermische Sanierung nach meinem Verständnis hauptsächlich daran gescheitert, dass der Eigentümer keinen unmittelbaren Nutzen davon hat, wenn für den Mieter die Energiekosten sinken. Wird diesbezüglich auch etwas getan? (Damit auch noch weitreichendere Maßnahmen als die oberste Geschoßdecke umgesetzt werden.)

Martin Schimak - 7. Nov, 11:04

"Wer kein Interesse hat, mußte nicht. Das hatte zur Folgen, daß die Sanierungrate in Wien in den letzen Jahren gesunken ist: Auf knapp 1% des Gebäudebestandes. Das ist viel zu wenig!"

Ganz ehrliche Frage: Reicht Dir das - ich sags jetzt verschärft: "Die (depperten Eigentümer) wollen halt nicht" - wirklich als Erklärungsmodell, warum Menschen nicht so handeln wie Du Dir das wünscht? Kann ich mir bei einem diplomierten Volkswirtschaftler eigentlich überhaupt nicht vorstellen.

1. Ich würde wirklich gern mal von Dir wissen, warum Du dem Modell der "Verpflichtung" oder nennen wir es Zwang in diesem Bereich so grossen Spielraum einräumst. So richtig glücklich darüber bist. Oder in anderen, meinen Worten ausgedrückt: Warum Du dem Schwarz-Weiss, dem Alles-Oder-Nichts dem Vorzug gibst vor den Grautönen, den feinen Schattierungen. Den Vorzug vor dem Glauben daran, dass Menschen im Grunde vernünftig handeln wollen - und auch daran, dass auch Hauseigentümer solche Menschen sind. Dass sie aber nur im Rahmen des Umfelds das sie vorfinden handeln können.

2. Ich werde versuchen zu erklären, warum mir das hier gar nicht behagt, obwohl ich auch glaube, dass viel zu wenig saniert wird. Soll in meiner Lesart heissen: viel weniger saniert wird als gesamtökonomisch und -ökologisch Sinn ergibt. (Zwei Begriffe, die für mich keinerlei schicksalhaften Gegensatz bilden, und die ich nur deshalb im Doppelpack verwende um Missverständnisse zu vermeiden)

Meine Antwort ist im Grunde simpel, nennt sie neoliberal oder ideologisch, stört mich nicht, entscheidend ist für mich nur, ob sie richtig ist oder nicht.

Die Antwort lautet: In einer weitgehend funktionierenden, schlau geordneten Marktwirtschaft (die wir so wie ich sie mir denke nun nicht vollständig haben) ergibt für den Einzelnen im Wesentlichen jenes Handeln Sinn das auch für die Allgemeinheit Sinn ergibt. Problematisch wird der "Markt" ja immer dann, wenn der Einzelne durch sein Tun oder Nicht-Tun sich ökonomische Vorteile verschaffen kann, denen anderorts umso grössere Nachteile gegenüberstehen. Mit anderen Worten: Situationen in denen manche reicher werden, wir insgesamt dadurch aber leider ärmer werden. Das gilt es durch einen schlauen den Markt verstehenden Rahmen zu vermeiden.

Ich denke dabei nicht so sehr an irgendwelche "da oben", die sich "bereichern", auch wenn sich manche gerne daran abarbeiten spielt es gesamtwirtschaftlich eine untergeordnete Rolle. Ich denke vielmehr an viele andere Dinge, wie zB den Autoverkehr. Ich habe rein gar nichts dagegen, dass Auto gefahren wird, fahre selbst ab und zu auch wenn ich kein eigenes habe. Aber ich habe was dagegen, dass der Autofahrer die Gesamtkostens seines Tuns nicht selbst trägt. Das ist 100fach verkehrswissenschaftlich belegt. Ich als Nicht-Autobesitzer zahle für jeden gefahrenen Kilometer mit. Infrastruktur, Verbrauch von hochwertvollem (insb städtischem) Platz der auch mir gehört, Umwelt- und Folgekosten, Subventionierung für Autogrossfirmen undundund.

Und das alles (also zu einem guten Teil auch politisch verursacht!) ist der eigentliche Grund dafür, dass es mehr Autos gibt als gesamtökomisch und -ökologisch Sinn ergibt. Und auf den Punkt gebracht: einige profitieren hier auf Kosten der Allgemeinheit. Das macht uns als Volkswirtschaft betrachtet ärmer.

Wir müssen uns mit den (auch politischen) Ursachen für solche Phänomene ehrlich auseinandersetzen. Und die können wie gerade in diesem Beispiel auch darin begründet liegen, dass demokratische Mehrheiten ökonomisch über Minderheiten einfach drüberfahren. Raubbau in dem Sinn: ich nehm Dir Deinen öffentlichen Lebensraum einfach weg. Warum? Ich hab die Mehrheit.

Ich fordere soetwas wie ökonomische Grundrechte zur Verteidigung gegenüber meiner Beobachtung nach schamloser und unvernünftiger werdenden rein ökonomisch motivierten Mehrheitsinteressen.

Aber zurück: Der Immobilienbereich in Wien ist das vielleicht beste Beispiel für einen völlig zerstörten und strangulierten Markt. Was für den einzelnen Eigentümer ökomonisch irgendwie Sinn ergibt ist allzuoft das Gegenteil von dem was insgesamt sinnvoll wäre. Einer hat einen Aspekt bereits erwähnt: Warum soll der Eigentümer sanieren, wenn nur die Mieter davon profitieren? Es ist so gut wie unmöglich bzw. nur mit einem 10 jährigen bürokratischen Hürdenlauf und 100 Auflagen freie und ökonomisch sinnvolle Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter zu treffen. Motto: Wir sanieren und profitieren am Ende beide.

Das wäre ein wesentlich sinnvolleres Betätigungsfeld als Sanierungszwang. Der sich meiner Vermutung nach bei vielen Häusern, wenn er zu stark werden sollte, auch ökonomisch einfach nicht ausgehen wird. Weil immer noch viele Häuser nichts abwerfen. Weil sie nur von drei neuen Mietern halbwegs finanziert werden und sieben andere auf deren Kosten leben. Schon wieder so ein Fall der mit Mehrheiten und Politik zu tun hat und schreiend ungerecht ist. Und der Eigentümer, der das Haus aus Liebhaberei bisher noch hält wird es eben an irgendeinen Hai abgeben müssen. So what, oder?

So - jetzt ist das leider abstrakt und den meisten irgendwie nicht greifbar - und jetzt kommen daher die Grünen mit ihren berechtigten Sorgen um die Zukunft unseres schönen Planeten und sagen: Wieso können wir das was Sinn ergibt nicht gleich vorschreiben! Warum erst kompliziert warten bis es für irgendjemand subjektiv dann endlich auch Sinn ergibt.

Nein. Können wir nicht. Das heisst: können wir schon, aber sollten wir nicht. Das ist allerdings die nächste philosophische Baustelle und ich muss jetzt zum Ende kommen. Das Problem hat damit zu tun, dass wir mittel- und langfristig zentral die Informationen nicht haben um wirklich gesamtwirtschaftlich kluge Entscheidungen treffen zu können. Auch damit dass Detailregulierungen immer viel länger leben als sie sinnvoll sind. Denn: Natürlich kann so eine Massnahme wie hier vorgeschlagen im konkreten Fall im Gefüge dieses strangulierten Marktes nun konkret mehr Gutes bewirken als Schlechtes. Zugestanden. Aber von der Tendenz her, von dem Signal her wie wir an die Dinge herangehen halte ich es einfach für fatal.

Bitte bitte fangt an den Markt zu verstehen und zu nutzen. Wir werden ihn nicht abschaffen. Wir sollten ihn für uns NUTZEN. Und klug verbessern, indem wir das Abladen von Kosten auf Mitbürger und/oder kommende Generationen in die Preise desjenigen hineinbingen, der den Vorteil aus seiner belastenden Tätigkeit hat. Das ist eine Mammutaufgabe und ein Jahrhundertprojekt. Durch tausendfach regulierendes Stückwerk machen wir on the long run alles nur schlimmer... davon bin ich überzeugt.

One Brick (Gast) - 7. Nov, 11:52

Ich kann mich dem Herrn Schimak im Wesentlichen anschliessen: statt Zwangsmaßnahmen per Gesetz - die dann nach Möglichkeit unterlaufen oder bis zur Augenauswischerei "entschärft" werden - sollte das Kosten/Nutzen-Gefüge derart verändert werden, dass das allgemein Sinnvolle (ökologischer Gewinn) mit dem individuell Nützlichen (Heizkostenersparnis) verknüpft wird.

Auch den Hinweis auf den Umstand, dass der sehr stark ausgeprägte Mieterschutz - insbesondere was die Anpassung von (alt)-Mieten anbelangt - zur überproportionalen Belastung von Neumietern führt (siehe z.B. Mietenspiegel im WoE-Standard: deutlich >€12/m2) und gleichzeitig die Investition in die Erhaltung und Verbesserung der Immobilie unwirtschaftlich macht, halte ich richtig.
cc - 8. Nov, 12:22

lieber Martin,

wenn ich mich recht erinnere, hatten wir eine ähnlich gelagerte Diskussion schon einmal.
Warum ich das anders sehe, als Du:
Für mich ist der Markt ein Instrument, und bei allen Maßnahmen des Marktversagens müssen wir uns gut überlegen, ob wir "marktnahe" über Preise agieren sollen, oder ordnungspolitisch.
Ich präferiere hier gar nichts per se, es kommt mir auf die Wirkung an.
Im Rückblick betrachtet, hatten gerade ordnungspolitsiche Instrumente grosse Erfolge.
Als in Wien, und anderswo Fußgängerzonen geschaffen wurden, wurde richtigerweise nicht eine hohe Durchfahrtsgebühr durch die Kärntnerstarsse verlangt, sondern schlicht festgelegt, dass kein Auto (ausser Zuliferungen am Vormittag) durchfahren dürfen.
In diesem Fall sicher das richtige Instrument.
Oder: Als in den 70er und 80er Jahren Waldsterben va. wg der hohen SO2 Emissionen ein Thema war, wurde einerseits verordnet, den Schwefelgehalt bei Heizölen drastisch zu reduzieren, anderseits wurden Kraftwerke und Industriebetriebe (die heftig aufjaulten) gezwungen, aufwendige Filteranlagen einzubauen.
Statt "marktwirtschaftlich" Verschmutzungsrechte zu kaufen.
Ich könnte Dir noch viele Beispiele bringen, wo klare Ordnungspolitik eindeutige Fortschritte gebracht hat.
Zur obligaten Gebäudesanierung: Ich finde kein Argument, welches Recht über Gebühr beeinträchtigt wird, wenn Hauseigentümer gezwungen werden, einen Mindeststandard an Energieeffizienz herzustellen.
So wie ausreichende Belichtung, Toiletten oder Kanalanschluß ja auch nicht "marktwirtschaftlich" geregelt, sondern schlicht vorgeschrieben ist.
Zweites Argument:
Ja, Du hast recht, sähen die diversen Bundesgesetze anders aus, würde vielleicht mehr saniert werden. Weder das Mietrechtsgesetz, noch das Wohnungseingentumsgesetz haben das klug verankert. Im Gegenteil.
Aber: Bis ich als Wiener Kommunalpolitiker das geändert habe, wo soviele Blockierer (z.B. die AK) alles ablehnen, was Sanierungen auch wirtschaftlich erleichtert, da warten wir jahrzehntelang, und, sorry, ich glaube die Klimakrise ist sehr drängend, und wird nicht bloß auf internationalen Konferenzen entschieden, sondern z.B. in Wien, ob es uns gelingt, den Altbestand rasch zu erneuern.
Hier bin ich einmal mehr Realpolitiker, und versuche das Mögliche durchzusetzen.
Darüber zu träumen, wie alles theoretische besser ginge, lieber Martin, da fällt mir ganz viel ein, nur ist das nicht mein primärer Job.
Mir gehts um die Umsetzung des von mir, und vielen notwendig Erachteten.
Und noch eins:
Ganz kann ich Deine Einschätzung der mangelnden Ertargskraft von Immobiolien nicht teilen.
Woher kommen die teilweise dramatsichen Preiserhöhungenin den letzten 20 Jahre, wo Verzehnfachungen keine Ausnahme waren.
Wer bereit ist, soviel zu bezahlen, wird wohl nicht ungebührlich "bestraft", wenn er sein Haus sanieren muß.
Schließlich. Die komplizierten Eigentumsverhältnisse bei vielen Häusern (verschiedene Eigentümer,[ber die Welt verstreut) gestaltene es oft sehr schwierig,eine Sanierungsentscheidung zu treffen.
Ja, wir brauchen eine ökosoziale Steuerreform.
Ja, das Wohnrecht gehört grundlegend reformiert.
Ja, die Begünstigung mancher Altmieter ist wirklich ungerecht.
Trotzdem: Wir können nicht warten, bis all das geändert ist.
Häuser gehören zügig saniert. Zum Wohle der Umwelt und der Brieftaschen vieler Mieter.
trotzdem herzlichen Dank für Deine guten Argumente, sie fordern mich immer heraus
c.
Martin Schimak - 9. Nov, 10:26

Lassen wir mal den von Dir in einem Nebensatz aufgebauten Gegensatz "Realpolitiker" vs "Träumer" einfach beiseite :-) - ich kann ja auch manchmal ganz gut einschenken - und versuchen das jeweils Gesagte produktiv zu nutzen.

Welchen groben Orientierungspunkt gibt es für die von Dir hier vertretene "Ordnungspolitik" gegenüber dem Einsatz marktwirtschaftlich orientierter Instrumente (seien sie preisverändernd wie Ökosteuern oder mengenbegrenzend wie der Rechtehandel). Wann setze ich das eine ein, wann das andere?

Du bringst die Fußgängerzonen - und ich sehe das genauso. Wenn ich eine Fussgängerzone haben will, dann muss ich sie vorschreiben. Denn es handelt sich um ein Alles-Oder-Nichts-Thema. Wenn ich will, dass Fussgänger an diesem Ort völlig unbehelligt spazieren und ihrer Wege gehen können, dann müssen alle Autos weg. Also vorschreiben. Entweder es gibt eine Fussgängerzone oder es gibt keine.

Demgegenüber zB die Begrenzung des Autoverkehrs in der gesamten Stadt. Gebote oder Verbote werden in so einem Fall wenig helfen. Denn wir bräuchten ein Instrument, das dafür sorgt, dass weniger Autos fahren als grade irgendwie in die Stadt hineinpassen (derzeitiger Zustand) aber doch deutlich mehr als "gar keine". Noch genauer: Wir brauchen ein Instrument, das dafür sorgt, dass tendentiell der "wichtigste" Autoverkehr weiterhin stattfinden kann und der sinnentleerteste aber reduziert wird. Und genau das kann der Markt, sofern man dafür sorgt, dass alle knappen Güter auch in seine Preise einfliessen. Der Platz in der Stadt wird trotz Parkgebühren momentan im Wesentlichen immer noch verschenkt. Daher raffen ihn eben diejenigen an sich, die ihn kriegen können - ohne den anderen einen Ausgleich dafür zu leisten.

Daher nun zurück zum CO2. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob begriffen wird, dass es sich a. noch für mind. 100 Jahre um kein Alles-Oder-Nichts-Thema handeln wird sondern eben eine Mengenregulierung nötig ist (die "wichtigsten" Emissionen sollen stattfinden dürfen) und dass es sich b. um ein rein globales Umweltthema handelt.

Was aber heisst globales Thema vor dem Hintergrund einer globalen Marktwirtschaft? Es heisst, dass, wenn wir am Ort A sparen, dann machen wir vor dem Hintergrund einer immer noch stark aufholbedürftigen Weltwirtschaft das Ausgangsprodukt, zB Öl oder Gas, durch diese Minieinsparung global gesehen um genau jenen Minibruchteil günstiger, der dafür sorgt, dass die am Ort A eingesparten Emissionen am Ort B um jenen Minibruchteil mehr stattfinden werden.

Bedeutet das dann aber, dass der lokale Versuch beim Verbrauch einzusparen völlig sinnlos ist? Nein. Und ja. Nein, weil aus Sicht des Individuums und der Betriebe natürlich alles eingespart werden soll (und so der Markt nicht politisch stranguliert ist auch eingespart wird), was ökonomisch Sinn ergibt. Gleichzeitig auch ja, weil das politische Vorschreiben von *ganz bestimmten* CO2-Einsparungsmassnahmen kontraproduktiv wirkt. Das Vorschreiben ganz bestimmter Massnahmen allokiert die ökonomisch knappen Ressourcen zur Sanierung tendentiell falsch.

Für Deine Massnahme spricht aus meiner Sicht also nur die Tatsache, dass der Wiener Immobilienmarkt so stranguliert ist, dass es vor diesem Hintergrund auch schon wurscht ist bzw. wirklich nicht mehr anders geht.

Was aber kann die Politik dann bitte tun, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen? Es geht eben nur über möglichst grossflächige, vermutlich am besten globale Gesamtmengenbeschränkungen für Emissionen. Genau das ist, was "Cap and Trade" tut und erreichen will.

Übrigens: Umso mehr Cap and Trade wir haben werden umso sinnloser und kontraproduktiver werden lokale Einsparvorschriften. Denn sie verbilligen dann nicht nur den Preis von Öl oder Gas, sondern vor allem den Preis der Emissionszertifikate um genau jenen Bruchteil der dafür sorgt, dass die Emissionen woanders stattfinden. Im Bereich Strom ist das also schon heute in Europa Realität bzw wird spätestens dann Realität, wenn die Zertifikate wie ab 2013 geplant verknappt werden. Wer hier noch Emissionen in der Gesamtmenge weiterredzuieren will hat nur noch eine einzige Möglichzeit, dafür aber extrem transparente Möglichkeit: die Gesamtmenge der Zertifikate politisch weiterreduzieren oder vom Markt wegkaufen und nicht nutzen.

Fazit: Sparen ist sinnvoll, vorzuschreiben wie genau aber keineswegs. Ein Paradoxon?
martinm - 9. Nov, 11:07

Und wie solls dann Funktionieren? Einen Energieausweis für Immobilien gibts ja schon, auch wenn ich noch nie einen gesehen habe....
Eine energieeffizienzabhängige Grundsteuer?
One Brick (Gast) - 9. Nov, 17:44

Ordnungspolitik vs. Steuerpungspolitik

cc, ich verstehe die Ungeduld ("wir können nicht warten...") und den Griff zur legistischen Brechstange aus der Perspektive des - ganz nach Klischee - tendenziell kurzfristigen Politikers, der im nächsten Wahlkampf Erfolge bilanzieren können muss, um überleben zu können.

Auf der anderen Seite ist die Differenz zwischen vermeintlich erträglichem CO2-Ausstoss und dem tatsächlichen Verbrauch fossiler Energieträger ein vielschichtiger Komplex, der schwer in jeder Dimension nach Ursache und Wirkung zu begreifen ist.

Ordnungspolitische Maßnahmen für beruhen auf dem "Ingenieurszugang": ein einfaches und im Wesentlichen vollkommen verstandenes Problem wird linear gelöst - wie auch die Gurkenkrümmung durch die EU reglementiert werden musste. Sie sind teuer in der Verwaltung und trotzdem wenig effektiv, da immer nur der ganz kleine, konkret beschreibbare Sachverhalt "gelöst" werden kann.

Die von Dir präferierte ordnungspolitische Maßnahme der zwangsweisen Dämmung der obersten Geschoßdecke in Altbauten ist ja von vornherein darauf angelegt, am Gesamtproblem so gut wie gar nichts zu ändern.
sg (Gast) - 8. Nov, 12:49

bravo!

ich hoff ihr bereitet diesen erfolg auch wahlkampfmäßig entsprechend auf damit's in wien >15% gibt!

coyote (Gast) - 8. Nov, 23:37

Hat das KLIP eigentlich überhaupt eine reale Auswirkung ?

Oder ist es nicht nur eine papierene Ersatzhandlung (Beispiele STEP, Verkehrskonzept, Masterplan Verkehr 2003), ein Papier zum Papierln halt, zum Auswischen ?

Ich meine ein Muster zu erkennen:
1) Der Gemeinderat beschließt ein
2) Es hat keine Gesetzeskraft (im Gegensatz zum Tabakgesetz, sorry, could not resist!)
3) Es ist niemand verpflichtet es einzuhalten, bzw. seine Einhaltung zu überwachen.
4) Die betroffenen Organe (z.B. Bezirksvorstehung) müssen erst (von der Opposition) "ins Boot geholt" werden.
5) Ist ihnen dann in der Regel 1 PKW - Stellplatz wichtiger als "2m Mindestgehsteigbreite" (wie im Masterplan Verkehr 2003 gefordert, um ein reales und vor allem recht häufiges Beispiel zu nennen).
6) obwohl es ihre eigenen Parteifreunde, die sie in den Gemeinderat entsandt haben, beschlossen haben.

Und darum meine ich, daß es von Anfang an eine bloße Ersatzhandlung gewesen sein muß, ein solches Papier zu verfassen. Eine Hättiwari - Parallelwelt - Aktion, gewissermaßen.

coyote (Gast) - 9. Nov, 11:42

Etwas, was die "Gemeinde Wien" ohne rechtliche Eingriffe tun kann...

ist die thermische Sanierung der Gemeindebauten.
Wie sieht es denn da aus ? Wie hoch ist da die jähliche Quote, wieviel ist da noch unerledigt ?
Hier würden sich noch dazu die eher Bedürftigen Heizkosten sparen..

cc - 9. Nov, 12:06

@coyote

ganz kurz zwischendurch.
Bei Gemeindebauten passiert mittels THEWOSA (Programm thermische Wohnhaussanierung) doch einiges.
martinm - 9. Nov, 13:12

Das kann ich aus eigener erfahrung bestätigen;-)

Aufschlag für Darlehensrückzahlung für die Sanierung Herbststraße 71-75: ab ende 2005. Baubeginn: 2008 .

Wohne aber nicht mehr dort, falls die angaben nicht stimmmen sollten bitte hinweisen! Es hat jedenfalls skandalös lange gedauert.
coyote (Gast) - 11. Nov, 15:49

In der Tat, seit Faymann nicht mehr zuständiger Stadtrat ist ...

... wird sichtbar saniert.
Zufall ?
sigi (Gast) - 12. Nov, 10:07

also bei mir wird nicht saniert, obwohl keine Dämmung hat. ist aber leider kein Altbau, sondern Neubau. vielleicht deshalb?
martinm - 12. Nov, 10:30

mein beileid. im neubau ohne däämmung habe ich auch lange gewohnt.
Ruf vielleicht mal beim Wiener Wohnen an.
sigi (Gast) - 14. Nov, 17:50

ruft man bei Wr. Wohnen an, sagen die einem nach einem Rückruf nach 1 Monat, dass das Haus nach Norm gedämmt sei. Selbst wenn man auf folgendes hinweist, erhält man dieselbe Antwort.

Ich war nämlich ja schon am Dach des Hauses. Reine Betondecke (natürlich etwas dickere zum Dach hin), die man sieht. Keine Spur von Dämmung, nicht einmal unter dem Holz-Dachstuhl. Man sieht direkt die Ziegeln.
martinm - 15. Nov, 08:54

oje, das klingt wirklich typisch nach WW. Ist aber ein geradezu witziges beispiel. Wenn das nichtmal das WW zusammenbringt, dann ist eine gesetzlich vorgeschriebene Dämmung sicher nix schlechtes.....
mArtin (Gast) - 8. Dez, 10:18

Gratulation!

Dies darf man getrost einen »wirklich großen Wurf« nennen!
Endlich wird erstmalig erkannt, wer die eigentlichen Umweltsünder in einer Stadt sind. Seit Jahren schon frage ich mich Tag für Tag, woher diese abenteuerlichen Zahlen bezüglich des Individualverkehrs mit KFZ herkommen. Jeder, der sich auch nur ein wenig mit diesem Thema beschäftigt, weiß genau, dass diese Zahlen nicht die »wahren Zahlen« sein können. Sie stammen lediglich von einer Lobby, welche die persönliche Freiheit auf das Gröbste missachtet. Und das Anliegen dieser Lobby war eben ausschließlich, von ihren eigenen Verfehlungen (z.B.: im Wohnbereich) abzulenken. Dem wäre hiermit endlich ein Riegel vorgeschoben. Und genau dadurch sind für mich die Grünen wieder wählenswert.
Danke.

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