Verrückt: futurezone bei orf.at soll abgedreht werden
von cc am 11.06.2010
Seit Jahren ist einem Teil (ich sage bewusst: einem Teil) der
heimischen Zeitungsverleger der Erfolg von ORF Online ein Dorn im
Auge. Der ORF sei so groß, weil er der ORF ist, war immer zu hören.
Ein Blick nach Deutschland zeigt: Wenn die Saurier des Fernsehens auch
im Internet so groß wären, dann müssten „tagesschau.de“ oder
„heute.de“ die erfolgreichsten Medienangebote im Web sein. Sie heißen
aber „bild.de“ und „spiegel.de“. Warum: Weil selbst die „Bild“-Zeitung
erkannt hat, dass man für das Internet genuin eigene Anstrengungen,
sprich ein medienkonformes Angebot stellen muss und nicht einfach
Contents zweitverwerten und dafür billig Werbegeld lukrieren kann. In
Österreich hat der „Standard“ das als erster erkannt. Und ist ein
dementsprechend glaubwürdiges Medium im Web.
Der ORF hat für das Web ein eigenständiges Angebot gemacht, es war und ist ein starker, unabhängiger Beitrag zur Pluralisierung der heimischen Medienöffentlichkeit. Ich nutze ihn, so wie standard.at regelmäßig.
Und obwohl orf.at so eigenständig erschien, hat sie immer etwas, was man sich vom ORF erwartet und im Fernsehn so oft vermisst.: Sie war und ist besonders aktuell und vor allemverlässlich. Besonders verlässlich, weil sie Nachrichten zu den ThemenBürgerrechten im digitalen Zeitalter bietet, ist die Futurezone vonORF On. Sie hat sich gerade auf EU-Ebene um Themen gekümmert, diesonst niemand beackern konnte. Warum? Sie haben offensichtlich ausreichend redaktionelle Kraft auf die Behandlung dieser Themen und schauen nicht auf eine simple Bilanzrechnung.
Die Herren Grasl (ORF) und Gerald Grünberger (VÖZ-Geschäftsführer)
haben die Hintergründe für ein neues ORF-Gesetz ausgehandelt. Zuerst
wollte man vom ORF ein werbefreies Webangebot, das maximal
„Überblicksberichterstattung“ bietet, dann wollte man für den ORF die
Werbung im Online-Bereich beschränken. Nicht mehr als zwei Prozent des
Gebührenaufkommens sollte der ORF mit der Online-Werbung lukrieren
dürfen. Der Effekt: Der ganze heimische Werbemarkt wäre ruiniert
gewesen, gefreut hätten sich deutsche Angebote mit heimischen
Werbefenstern (kommt uns das aus dem Fernsehen bekannt vor?) Nun sind
diese Werbebeschränkungen zumindest gelockert. Doch der ORF muss
symbolische Preise dafür zahlen: Geopfert werden soll der
Special-Interest-Kanal „Futurezone“. Warum? Das entzieht sich meiner
Kenntnis, abgesehen davon, dass sie manchem Politiker als kritisches
Medium offenbar ein Dorn im Auge ist. Denn: Die Futurezone ist irgendwie, neben Ö1 das öffentlich-rechtlichste, was der ORF anbietet.
Die Futurezone hat eine wichtige Rolle als Übersetzer. Sie vermittelt
zwischen den Bereichen der Informations- undKommunikationstechnologien, der Politik und den Bürgern.Die Relevanzdieses Politikbereichs wird in Zukunft weiter wachsen. Komplexe Themenwie Vorratsdatenspeicherung, SWIFT-Abkommen, Roaming-Verordnung undFrequenzzuteilungen wurden in der Futurezone aufgegriffen, die mühsame Arbeit der Sachpolitik fürinteressierte Bürger ziemlich gut dargestellt. Da sich die Futurezone auch im Ausland einen guten Ruf als verlässliche Informationsquelle erworben hat, ist sie auch ein wichtiger Vermittler für österreichische Positionen in Europa.
Diese langwierige analytische Arbeit ist für private Medien nur schwer
zu leisten, umgekehrt können diese jederzeit auf die Vorarbeit der
Futurezone-Redaktion zurückgreifen.
Warum macht man nicht ein Gesetz, dass regelt, dass der ORF Online
gerade derartig öffentlich-rechtliche Angebote im Dienst der
Bürgerinnen und Bürger herstellt? In den USA müssen mittlerweile NGOs
wie das „Pulitzer Center“ mithelfen, damit es investigativen
Journalismus gibt. In Österreich, wo es Gott sei Dank öffentlich
rechtliche Medien gibt, dreht man gerade so eine Institution ab. Mit
dem Hinweis, „es gibt ja keine Fernsehsendung“, die Futurezone heißt.
Hier werden in Kenntnislosigkeit Fetische verhandelt und sollen per
Gesetz gekillt werden. Wenn sich der VÖZ vor Medien fürchtet, die
50.000 - 100.000 PIs am Tag machen, dann soll er bitte zusperren. Denn
dann traut er seiner eigenen journalistischen Medienleistung nicht.
Wir sollten aufstehen und Journalismus verteidigen.
Egal wo er passiert: Im ORF, in den Zeitungen. Und wir sollten
schauen, dass dieser eine Grundlage für seine Arbeit hat. Was im
Moment passiert, ist einfach, ein Bauernopfer zu finden für eine über
Jahre hinweg vernachlässigtes Nachdenken über Medien. Jetzt sollten
wir darüber nachdenken, was hier rasch zu tun ist. Denn hier geht es um unsere Demokratie – und nicht um Postgeschacher für den nächsten ORF-Direktoriumsjob.
Nicht die Futurezone abschaffen – der ORF gehört auf Angebote wie die
Futurezone verpflichtet.
...more to come
heimischen Zeitungsverleger der Erfolg von ORF Online ein Dorn im
Auge. Der ORF sei so groß, weil er der ORF ist, war immer zu hören.
Ein Blick nach Deutschland zeigt: Wenn die Saurier des Fernsehens auch
im Internet so groß wären, dann müssten „tagesschau.de“ oder
„heute.de“ die erfolgreichsten Medienangebote im Web sein. Sie heißen
aber „bild.de“ und „spiegel.de“. Warum: Weil selbst die „Bild“-Zeitung
erkannt hat, dass man für das Internet genuin eigene Anstrengungen,
sprich ein medienkonformes Angebot stellen muss und nicht einfach
Contents zweitverwerten und dafür billig Werbegeld lukrieren kann. In
Österreich hat der „Standard“ das als erster erkannt. Und ist ein
dementsprechend glaubwürdiges Medium im Web.
Der ORF hat für das Web ein eigenständiges Angebot gemacht, es war und ist ein starker, unabhängiger Beitrag zur Pluralisierung der heimischen Medienöffentlichkeit. Ich nutze ihn, so wie standard.at regelmäßig.
Und obwohl orf.at so eigenständig erschien, hat sie immer etwas, was man sich vom ORF erwartet und im Fernsehn so oft vermisst.: Sie war und ist besonders aktuell und vor allemverlässlich. Besonders verlässlich, weil sie Nachrichten zu den ThemenBürgerrechten im digitalen Zeitalter bietet, ist die Futurezone vonORF On. Sie hat sich gerade auf EU-Ebene um Themen gekümmert, diesonst niemand beackern konnte. Warum? Sie haben offensichtlich ausreichend redaktionelle Kraft auf die Behandlung dieser Themen und schauen nicht auf eine simple Bilanzrechnung.
Die Herren Grasl (ORF) und Gerald Grünberger (VÖZ-Geschäftsführer)
haben die Hintergründe für ein neues ORF-Gesetz ausgehandelt. Zuerst
wollte man vom ORF ein werbefreies Webangebot, das maximal
„Überblicksberichterstattung“ bietet, dann wollte man für den ORF die
Werbung im Online-Bereich beschränken. Nicht mehr als zwei Prozent des
Gebührenaufkommens sollte der ORF mit der Online-Werbung lukrieren
dürfen. Der Effekt: Der ganze heimische Werbemarkt wäre ruiniert
gewesen, gefreut hätten sich deutsche Angebote mit heimischen
Werbefenstern (kommt uns das aus dem Fernsehen bekannt vor?) Nun sind
diese Werbebeschränkungen zumindest gelockert. Doch der ORF muss
symbolische Preise dafür zahlen: Geopfert werden soll der
Special-Interest-Kanal „Futurezone“. Warum? Das entzieht sich meiner
Kenntnis, abgesehen davon, dass sie manchem Politiker als kritisches
Medium offenbar ein Dorn im Auge ist. Denn: Die Futurezone ist irgendwie, neben Ö1 das öffentlich-rechtlichste, was der ORF anbietet.
Die Futurezone hat eine wichtige Rolle als Übersetzer. Sie vermittelt
zwischen den Bereichen der Informations- undKommunikationstechnologien, der Politik und den Bürgern.Die Relevanzdieses Politikbereichs wird in Zukunft weiter wachsen. Komplexe Themenwie Vorratsdatenspeicherung, SWIFT-Abkommen, Roaming-Verordnung undFrequenzzuteilungen wurden in der Futurezone aufgegriffen, die mühsame Arbeit der Sachpolitik fürinteressierte Bürger ziemlich gut dargestellt. Da sich die Futurezone auch im Ausland einen guten Ruf als verlässliche Informationsquelle erworben hat, ist sie auch ein wichtiger Vermittler für österreichische Positionen in Europa.
Diese langwierige analytische Arbeit ist für private Medien nur schwer
zu leisten, umgekehrt können diese jederzeit auf die Vorarbeit der
Futurezone-Redaktion zurückgreifen.
Warum macht man nicht ein Gesetz, dass regelt, dass der ORF Online
gerade derartig öffentlich-rechtliche Angebote im Dienst der
Bürgerinnen und Bürger herstellt? In den USA müssen mittlerweile NGOs
wie das „Pulitzer Center“ mithelfen, damit es investigativen
Journalismus gibt. In Österreich, wo es Gott sei Dank öffentlich
rechtliche Medien gibt, dreht man gerade so eine Institution ab. Mit
dem Hinweis, „es gibt ja keine Fernsehsendung“, die Futurezone heißt.
Hier werden in Kenntnislosigkeit Fetische verhandelt und sollen per
Gesetz gekillt werden. Wenn sich der VÖZ vor Medien fürchtet, die
50.000 - 100.000 PIs am Tag machen, dann soll er bitte zusperren. Denn
dann traut er seiner eigenen journalistischen Medienleistung nicht.
Wir sollten aufstehen und Journalismus verteidigen.
Egal wo er passiert: Im ORF, in den Zeitungen. Und wir sollten
schauen, dass dieser eine Grundlage für seine Arbeit hat. Was im
Moment passiert, ist einfach, ein Bauernopfer zu finden für eine über
Jahre hinweg vernachlässigtes Nachdenken über Medien. Jetzt sollten
wir darüber nachdenken, was hier rasch zu tun ist. Denn hier geht es um unsere Demokratie – und nicht um Postgeschacher für den nächsten ORF-Direktoriumsjob.
Nicht die Futurezone abschaffen – der ORF gehört auf Angebote wie die
Futurezone verpflichtet.
...more to come
(ausgenommen jetzt Futurezone und Science)
journalistische qualität?!
Und?
Mir geht echt der Hut hoch, wenn ich sowas lese.