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wem nützt das Sitzenbleiben?

Rund 33 000 junge Menschen trifft es:
Das ominöse Sitzenbleiben.
Die "grosse Bildungsreform", die wir nach dem 1. Okt anstreben, wird damit Schluss machen.
Denn: Sitzenbleiben nüzt niemandem, und kostet enorm viel.
Zwischen 300 Mio und beinahe einer Mrd Euro werden die Kosten geschätzt, je nachdem zu welchen "Preisen" die Schulkosten eines Jahres berechnet werden.
Die Alternative heisst sicher nicht "einfach Aufsteigen".
Warum nicht so:
Wer in einem oder mehreren Fächern das erforderliche Jahresziel nicht erreicht, muss dieses einfach im nächsten Jahr (oder auch später) nachholen.
Um z.B. zur Matura anzutreten, müssen alle notwendigen Prüfungen nachgewiesen werden.
Wann diese abgelegt werden, ist ohne Belang.
Die meisten Unis funktionieren so.
Wenn eine Bildungsreform Individualisierung zum Ziel hat, wird auch eine gewisse Zeitautonomie Einzug halten.
"Sitzenbleiben" ist derart demotivierend und teuer, dass es raschstmöglich abgeschafft werden soll.
Das hat überhaupt nichts mit "Leistungsfeindlichkeit" zu tun, wie konservative Politiker immer wieder argumentieren.
Die notwendigen Leistungen sollen und müssen erbracht werden.
Zeitversetzt, wenn erforderlich.
Das eingesparte Geld (es ist ein Vielfaches der Studiengebühren)sollte an den Schulen bleiben, um jene "Individualisierung" zu finanzieren, welche die Alternative darstellt.
leckse - 4. Sep, 14:28

Richtig

In der Erwachsenenbildung, wie etwa an Abendgymnasien oder Hochschulen ist das überhaupt kein Thema. In den Mittelschulen werden dagegen die Schüler mit Anwesenheitspflicht dazu verdonnert, sich Inhalte anzutun, die sie eh schon längst kennen. Insbesondere bei aufeinander aufbauenden Inhalten - (etwa Mathematikgrundlagen für Physik) ist das so ziemlich das Gegenteil von leistungsfeindlich. Der Druck, versäumtes nachzuholen, ist sicher genauso gegeben, nur nicht merh durch die Angst vor dem "Leerlauf", sondern davor, sich weitere Arbeit aufzuhalsen.

Interessant wäre es wohl auch den Einfluß des Sitzenbleibens auf die Klassengrößen zu untersuchen. Wenn den Schülern die Aufstiegsmöglichkeit nicht mehr durch einzelne Fächer verbaut wird, fällt ja schließlich auch der "Rückstau" nach unten hin weg.

andrea (Gast) - 7. Sep, 18:12

Die Erwachsenenbildung ist mit der Schulpflicht nicht zu vergleichen!!!

Der Erwachsene ist bestrebt seine zusätzliche Belastung (zeitlich, finanziell) so schnell
wie möglich abzuschließen.

Was meinen Sie wie lange ein Schüler, bei Aufhebung der Anwesenheitspflicht, freiwillig
in irgendwelchen Kursen sitzt (die er vielleicht für unnötig ansieht) während seine
Freunde schon frei haben und irgendwo rumhängen.

Das Experiment mag vielleicht bei Schülern der Oberstufe (ab 15 Jahren) gutgehen aber
niemals bei 10-14jährigen!
maschi - 7. Sep, 18:42

Summerhill...

...hat bereits vor Jahrzehnten bewiesen, dass Ihre Thesen, Andrea, ("Halbwüchsige lernen nicht freiwillig" etc.) einer geduldigen empirischen Überprüfung einfach nicht standhalten. Ich empfehle als Einstieg die Lektüre des Wikipedia-Artikels, und wenn Sie ein wirklich spannendes Buch lesen wollen, das ist halt schlicht ein Klassiker. In mancher Hinsicht sicher "überholt", keine Frage, aber es regt immer noch stark zum Nachdenken und "Weiterlernen" an. ;-)
andrea (Gast) - 8. Sep, 11:25

@maschi

Keine Thesen - sondern Realität.

Wieviele eigene Kinder haben bzw hatten sie in der Schule? Ihre Kinder haben immer freiwillig
gelernt? Sie haben kein einziges Mal gehört "die Lehrerin/der Lehrer hat gesagt wir können aber
müssen das nicht machen, also mach ich es nicht"? Ihre Kinder wussten wo sie ihre
Defizite haben, welche Übungen und welcher Umfang/Dauer für sie nützlich sind?

Wenn in einer Klasse ca 1/3 davon lernunwillig ist oder mit dem Lernziel überfordert sind, dann
wird das System der "Freiwilligkeit" in einer heterogen unterrichteten Unterstufe (10-14 Jahren) nicht funktionieren.
Sicher gibt es Kinder, die mit dem Schulsystem wie es in manchen freien Schulen (zb nach Summerhill)
gehandhabt wird, aufblühen .. nur man muss auch akzeptieren und berücksichtigen, dass es
auch Kinder gibt, die mit diesem System nicht können!

Schon in der Volksschule (oder grad dort) sind manche Kinder beim "freien Arbeiten" überfordert
erreichen aber ihr Ziel beim herkömmlichen Frontalunterricht - andere wieder können besser
"frei arbeiten" als nach fixen Vorgaben (Zeit, Umfang) zu arbeiten. Detto MS oder
Unterstufe-Gymnasium, da kommen dann noch weitere Schwierigkeiten dazu ...

Beim Thema "Anwesenheitspflicht aufheben" kommt mir das Schreien ... versuchen Sie mal ihrem Chef
zu sagen "mich kotzt die Anwesenheitspflicht an, ich komm heut nicht" ... etlichen Schülern ists
heut schon egal ob und wann und für wie lang sie in der Schule sitzen - was meinen Sie wird sich
daran ändern, wenn sie dann auch noch die "offizielle Erlaubnis" haben gar nimmer oder noch
weniger am Unterricht teilnehmen zu müssen.

Es wird niemals möglich sein, dass in einer "Gesamtschule" alle Kinder (mit ihren ver-
schiedenen Begabungen, Interessen und Voraussetzungen, den gleichen Bildungsstand am
Ende der Schulpflicht garantiert. DAS GEHT NICHT.
maschi - 9. Sep, 00:54

Kinder lernen ständig...

... von Geburt an sind sie sozusagen auf Lernen programmiert und gieren geradezu danach, immer mehr zu lernen. "Lernunwillige" Kinder gibt es daher im Prinzip nicht, ein "Problem" mit dem Kind entsteht immer dann, wenn man ihm die Zeit nicht gibt, die es benötigt, bis es den vom Erwachsenen erhofften Schritt quasi "von selbst" tut - und dann auch noch mit Freude.

Die Erziehung per Zeitdiktat beginnt im übrigen bei den einfachsten und elementarsten Dingen, wie zB dem immer noch sehr oft praktizierten Zwang zum frühen "Sauberwerden" von Kleinkindern. Die Folge solcher Methoden sind Heerscharen an Menschen, denen die angeborene Lust am Selber-Lernen aberzogen wurde. Und das prägt dann als Massenphänomen vermutlich die Wahrnehmung von Menschen wie Andrea...

Zum Thema "mich kotzt die Anwesenheitspflicht an, ich komm heut nicht": Vielleicht ein Grund, warum sich viele Menschen, die konsequent "zur Freiheit" erzogen wurden, später selbständig machen...? Die brauchen dann nämlich keinen Chef mehr ;-)

Und zur Gesamtschule: Bitte informiert Euch darüber, in wievielen Ländern es das ab 10 Jahren "differenzierte" System überhaupt noch gibt. Sind wir umzingelt von Schulsystemen, die nicht funktionieren?
andrea (Gast) - 9. Sep, 14:27

@maschi

Ich frage noch mal: Wie viele Kinder haben/hatten Sie in der Schule? Wieviele lernen/lernten freiwillig?
creature - 4. Sep, 17:52

wem nützt das Sitzenbleiben

...den unzähligen nachhilfeinstituten, die ein schweinegeld kosten!

teacher - 5. Sep, 16:25

Ist noch jemand gegen das Kurssystem für die Oberstufe?
P.S.: Ich beginne Wahlen zu lieben. Plötzlich beginnen auch Regierungsparteien neue Ideen zu kreieren oder zu akzeptieren. Herrlich.

andrea (Gast) - 6. Sep, 16:38

Wie soll ...

... das, ohne Überschneidung von Fächern/Kursen oä, in der Realität aussehen?

[quote]Wer in einem oder mehreren Fächern das erforderliche Jahresziel nicht erreicht,
muss dieses einfach im nächsten Jahr (oder auch später) nachholen.[/quote]

Jetzt ist es doch auch schon so, dass ein Schüler mit einem "Fetzen" nicht gleich
wiederholen muss - es gibt Vorwarnung, Förderunterricht, Nachprüfung, Möglichkeit durch Zusatzarbeit
die Note zu verbessern und die Möglichkeit auch mit einem 5er aufzusteigen.

Wenn ein Schüler in mehreren Fächern negativ benotet wird, dann hat er entweder so
viel Stoff verpasst (dann wäre eine Wiederholung sowieso das einfachste) oder er ist
für die gewählte Schule ungeeignet.

teacher - 6. Sep, 20:02

1. Es gibt 100 weitere Gründe, warum jemand in versch. Fächern negativ abschließt. Wiederholen der Klasse ist eine ziemlich ideenlose Art, darauf zu reagieren.
2. In den Städten zeigen die Maturaschulen, wie einfach ein Kurssystem zu implantieren ist. Die Fächer werden nicht nebeneinander, sondern hintereinander absolviert und maturiert, je nach Zeit, Verfassung, Talent etc. kann der Schüler individuell planen.
Am Land mit wenigen SchülerInnen und Schulen stelle ich mir dessen Organisation komplizierter vor.
andrea (Gast) - 7. Sep, 10:10

@teacher

Es gibt auch 100 und mehr allgemein gehaltene inhaltslose Antworten ...

Mich würde trotzdem Interessen wie sich Herr Chorherr bzw die Grünen das
zukünftige Schulsystem vorstellen.

- Sollen Schüler im angedachten System einen vorgegebenen Zeitrahmen (wie jetzt die
9jährige Schulpflicht bzw 10 Jahre als Höchstdauer für AHS-Besuch) haben oder "endlos"
zur Schule gehen können bis sie das Schulziel erreicht haben?

- Was passiert mit den Schülern die es im vorgegebenen Zeitrahmen nicht schaffen?
Level runterschrauben bis alle einen Abschluss haben - was ist dann so ein Abschluss wert?

- Soll es eine Kurs/Fachgarantie geben, wenn ja wie soll die umgesetzt werden, damit
wirklich ein jeder Schüler die Garantie hat auch einen Unterrichtsplatz im gewählten Modul
zu bekommen? Wieviele Schüler sollen pro Modul unterrichtet werden?

PS: Ich will hier auf keinen Fall querulieren - meine Fragen sind ernsthaft gemeint.
Johannes (Gast) - 31. Jan, 23:09

Mehrkosten?

Ich schreibe aus dem deutschen Bundesland Niedersachsen. Hier wird aktuell darüber diskutiert, wie man das dreigliedrige Schulsystem verbessern (nicht abschaffen!!) kann. Seit Beginn dieses Schuljahres wurden die Lehrer der Klassen 1-5 in Niedersachsen nun dazu verpflichtet, für jeden Schüler einen individuellen Förderplan zu erstellen. Dies soll in den nächsten Jahren auch auf die Klassen 6-10 ausgeweitet werden.
An sich ist dieses Vorhaben absolut lobenswert, und trotzdem hagelt es Kritik, da die Landesregierung sich nicht veranlasst sieht, zusätzliche Gelder in die Umsetzung dieser erstellten Förderpläne zu investieren.
Nun zum eigentlichen Punkt:
Die Opposition im niedersächsischen Landtag unterstützt die Einführung von Förderplänen vorbehaltlos, fordert allerdings - meiner Meinung zu Recht- die nötigen Gelder für die Umsetzung der Pläne (mehr Lehrer, mehr Sozialpädagogen, Psychologen etc.) ein. Ein Vorschlag der Opposition besteht darin, das Sitzenbleiben in Niedersachsen abzuschaffen, und die dadurch gesparten 80 Mio. € jährlich für die Umsetzung einzusetzen.
Ich frage in diesem Zusammenhang einfach mal ganz naiv: Viele Leute (auch C.C.) argumentieren u.a. mit den jährlichen Kosten, die das Sitzenbleiben veursacht. Hat aber eigentlch schon mal jemand darüber nachgedacht, wie sich diese Mehrkosten errechnen...?
Meiner Wissens nach verteilen sich die Kosten des Staates für die Schulausbildung zum Größten Teil auf die Lehrergehälter und den Unterhalt/Bau von Schulen. Daneben gehören auch die Schülerbeförderung und -z.T.- die Schulmaterial zu den weiteren Ausgaben.
Wenn in einer Schule in Niedersachsen, (Kl. 5-10) die in der Regel 4-zügig geführt wird, pro Klasse im Schuljahr 2 Schüler sitzengeblieben sind, dann habe ich noch nicht gehört, dass deswegen das Land einen Cent mehr für Lehrer, Schulgebäude und Transportkosten aufbringen musste bzw. aufgebracht hat. Die Mehraufwendungen für Materialkosten belaufen sich nach meiner Einschätzung bei weit unter 5€ pro Schüler (wenn überhaupt!)
Natürlich kann man die Staatsausgaben für Schulen pro Jahr durch die Anzahl der Schüler teilen und dann die Pro-Kopf Ausgaben der Sitzenbleiber doppelt zählen, aber mich wundert, dass es niemanden gibt, der diese Milchmädchenrechnung entlarvt. Eine Milchmädchenrechnung ist dies nämlich, solange sich das Gehalt/der Sold eines Lehrers nicht an die Anzahl der Schüler richtet, die er unterrichtet; solange kein Schüler ein Recht auf eine Mindestquadratmeterzahl zugestanden wird, auf der er unterrichtet werden muss, und solange sich die Zahlungen des Staates an Fuhrunternehmen nicht nach der Anzahl der beförderten Schüler (so ist es in der BRD) richtet.
Ich spreche zwar für Deutschland, aber ich möchte C.C.`s Beitrag auch weiter kommentieren:
Wir kritisieren das Schulsystem unserer Länder mit Sicherheit zu Recht. Es gibt verdammt viel zu verbessern; ich persönlich finde, dass das verbindliche Aufstellen von Förderplänen für JEDEN einzelnen Schüler einmal pro Schuljahr wichtiger ist, als die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems. Vielleicht wird die Analyse solcher Förderpläne ergeben, dass das Schulsystem geändert werden muss, aber mit Sicherheit wird die Analyse ergeben, dass sowohl die Lehrer, die Schüler und auch die Eltern absolut überfordert sind.
Ich glaube nicht, dass das Schulsystem alleine verantwortlich für diese Überforderung ist. Ich glaube, dass es in Deutschland und augenscheinlich auch in Österreich ein gesellschaftliches Problem gibt, das einer tickenden Zeitbombe gleicht und die Schuld trägt mit Sicherheit nicht das Schulsystem.

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