Damenwäsche
von cc am 25.11.2008
Das einzige, was mir zur "neuen" Regierung eingefallen wäre, hat Robert Misik bereits geschrieben: In Österreich kann jeder Minister werden. Sogar Leute, die nicht einmal in der Lage wären, die Obmannwahl in einem Elternverein zu gewinnen.
Ich mag einfach nix zu dieser Regierung schreiben.
Hier statt dessen ein "Autotest".
Falter- Chef Armin Thurnher hat mich eingeladen, ab und zu Autos zu testen.
Die Einladung hab ich gern angenommen.
Hier mein aktuelles Elaborat:
Damenwäsche
“Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken.” schreibt Karl Marx in seinem ersten Band “Das Kapital” über den Fetischcharakter der Ware.
Leider hat er das Auto noch nicht gekannt.Er hätte es mit Sicherheit ins Zentrum seiner Betrachtungen gestellt.Der Mensch und das, nein sein Auto, das ist die wohl symbiotischste Beziehung zwischen Mensch und Maschine.
Das Auto ist wahrscheinlich DER Fetisch der Moderne.
“Fetischismus” bezeichnet einen Glauben an übernatürliche Eigenschaften bestimmter Gegenstände und deren Verehrung.
Wie anders wäre zu erklären, was sehr viele Menschen für diesen Gebrauchsgegenstand bereit zu zahlen sind.Im Laufe seine Lebens berappt der durchschnittliche Deutsche, und es dürfte in Österreich ähnlich sein, beachtliche 312 000 Euro für Anschaffung und Unterhalt seines Autos.Der Sprit, über dessen Preis geradzu religiöse Auseinandersetzungen geführt werden, kostet bloss ein Fünftel dieser Summe.
Die Entscheidung für ein bestimmtes Auto wird in allen Kulturen zum Ausdruck verschiedenster sehr starker Emotionen verwendet.
In den seltensten Fällen wird es als ein rationaler Gebrauchsgegenstand gesehen, um kostengünstig von A nach B zu fahren.
Aber es gibt sie, die Autos, die den Fetsichcharakter beharrlich negieren. Die einfach nur vernünftig sind.
Der Kia Picanto ist so eines.
Ich kenne den Picanto sehr gut, bin sicher schon mehr als 5000 km mit ihm gefahren. Immer wenn ich in Südafrika bin, und in Johannesburg eine Stadtstruktur vorfinde, welche ein Auto nahezu unverzichtbar macht, was allzu oft heisst, Stunden um Stunden im Stau zu stecken, immer, soweit möglich, bestelle ich einen Picanto.
In Österreich wird er wenig verkauft.
Kein Wunder, ist er das genaue Gegenteil eines Fetisch. Den Namen merkt man sich ebensowenig, wie seine Form. Kaum hat man ihn gesehn, schon verflüchtigt sich die Erinnerung an ihn.
Seine “Gestalt” ist so ausdrucksstark wie eine Waschmaschine, ein Bügeleisen oder ein Staubsauger, jedenfalls von einem, der vor wenigen Jahren am Markt war. Denn aktuelle Modelle des letzteren beginnen auch, man glaubt es kaum, Design-meisterwerke zu mimen.
Die Ratio des Picanto jedoch ist bestechend. Über ein ganzes Menschenleben gerechnet würde sich ein Nutzer (siehe die 312000 Euro oben) weit mehr als die Hälfte sparen. Das Basismodell ist mit 8790 Euro wirklich wohlfeil. Jedesmal beim Tanken ein ähnliches Erlebnis. Die 5 Liter Verbrauch, welche vom Hersteller angegeben werden, halten weitgehend auch in der Praxis.
Interessant ist, dass “Ratio” in der Autowelt immer Frauen zugeschrieben wird.
Nahezu alle Berichte über den Picanto streichen die weibliche Zielgruppe hervor, oder formulieren schlicht und unmissverständlich wie in einer Motorzeitschrift: “Dass Kraftwagen dieser Größe vor allem als Frauenautos angepriesen werden, hat auch auf uns nicht-weibliche Autotester seine Auswirkungen. Man(n) kommt sich fast vor, als beträte man eine verbotene Zone. Als triebe man sich mit üblem Glitzern im Blick in der Damenwäscheabteilung herum, nahe den Probierkabinen…”
Auto? Damenwäsche? Dieser Herr weiss eben, was ein Fetisch ist.
Im Vergleich zu seinen unmittelbaren Konkurrenten von Daihatsu und Suzuki hat der Picanto fünf Türen und ist für fünf Personen zugelassen. Zugegeben, grosse Menschen werden sich auf der hinteren Bank etwas beengt fühlen. Ja, auch der Kofferraum ist nicht der Grösste, kann aber durch Umklappen von Rücksitzen zum Transport von allem möglichen verwendet werden.
Achtung, jetzt ist eine Beleidigung wahrscheinlich unvermeidlich: Der Kofferraum des Mini ist keineswegs grösser, und auch im Mini sitzt es sich hinten nicht gerade superbequem. Aber Mini hat, im Unterschied zum Picanto (ja, wie kann ich bloss wie kann ich diese zwei nur vergleichen?) grosses Fetischpotential,”Kultcharakter” heisst das heute.
BMW freut sich natürlich, denn Fetisch kostet Geld, sehr viel Geld. Der Mini kostet ziemlich genau das Doppelte des Picanto
Aber er hat eben das “etwas”, das jenem fehlt.
Weltweit findet derzeit ein gewaltiger Umbruch der Autoindustrie statt. Kleinere, leichtere, verbrauchsärmere und vor allem billigere Fahrzeuge werden vermehrt nachgefragt.
Wird das Auto glatt zum “trivialen Ding”?
Sparen wir 200 000 Euro für Kügeres?
Das wird doch nicht möglich sein!
Ein richtiger Mann trägt keine Damenwäsche, oder?
Ich mag einfach nix zu dieser Regierung schreiben.
Hier statt dessen ein "Autotest".
Falter- Chef Armin Thurnher hat mich eingeladen, ab und zu Autos zu testen.
Die Einladung hab ich gern angenommen.
Hier mein aktuelles Elaborat:
Damenwäsche
“Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken.” schreibt Karl Marx in seinem ersten Band “Das Kapital” über den Fetischcharakter der Ware.
Leider hat er das Auto noch nicht gekannt.Er hätte es mit Sicherheit ins Zentrum seiner Betrachtungen gestellt.Der Mensch und das, nein sein Auto, das ist die wohl symbiotischste Beziehung zwischen Mensch und Maschine.
Das Auto ist wahrscheinlich DER Fetisch der Moderne.
“Fetischismus” bezeichnet einen Glauben an übernatürliche Eigenschaften bestimmter Gegenstände und deren Verehrung.
Wie anders wäre zu erklären, was sehr viele Menschen für diesen Gebrauchsgegenstand bereit zu zahlen sind.Im Laufe seine Lebens berappt der durchschnittliche Deutsche, und es dürfte in Österreich ähnlich sein, beachtliche 312 000 Euro für Anschaffung und Unterhalt seines Autos.Der Sprit, über dessen Preis geradzu religiöse Auseinandersetzungen geführt werden, kostet bloss ein Fünftel dieser Summe.
Die Entscheidung für ein bestimmtes Auto wird in allen Kulturen zum Ausdruck verschiedenster sehr starker Emotionen verwendet.
In den seltensten Fällen wird es als ein rationaler Gebrauchsgegenstand gesehen, um kostengünstig von A nach B zu fahren.
Aber es gibt sie, die Autos, die den Fetsichcharakter beharrlich negieren. Die einfach nur vernünftig sind.
Der Kia Picanto ist so eines.
Ich kenne den Picanto sehr gut, bin sicher schon mehr als 5000 km mit ihm gefahren. Immer wenn ich in Südafrika bin, und in Johannesburg eine Stadtstruktur vorfinde, welche ein Auto nahezu unverzichtbar macht, was allzu oft heisst, Stunden um Stunden im Stau zu stecken, immer, soweit möglich, bestelle ich einen Picanto.
In Österreich wird er wenig verkauft.
Kein Wunder, ist er das genaue Gegenteil eines Fetisch. Den Namen merkt man sich ebensowenig, wie seine Form. Kaum hat man ihn gesehn, schon verflüchtigt sich die Erinnerung an ihn.
Seine “Gestalt” ist so ausdrucksstark wie eine Waschmaschine, ein Bügeleisen oder ein Staubsauger, jedenfalls von einem, der vor wenigen Jahren am Markt war. Denn aktuelle Modelle des letzteren beginnen auch, man glaubt es kaum, Design-meisterwerke zu mimen.
Die Ratio des Picanto jedoch ist bestechend. Über ein ganzes Menschenleben gerechnet würde sich ein Nutzer (siehe die 312000 Euro oben) weit mehr als die Hälfte sparen. Das Basismodell ist mit 8790 Euro wirklich wohlfeil. Jedesmal beim Tanken ein ähnliches Erlebnis. Die 5 Liter Verbrauch, welche vom Hersteller angegeben werden, halten weitgehend auch in der Praxis.
Interessant ist, dass “Ratio” in der Autowelt immer Frauen zugeschrieben wird.
Nahezu alle Berichte über den Picanto streichen die weibliche Zielgruppe hervor, oder formulieren schlicht und unmissverständlich wie in einer Motorzeitschrift: “Dass Kraftwagen dieser Größe vor allem als Frauenautos angepriesen werden, hat auch auf uns nicht-weibliche Autotester seine Auswirkungen. Man(n) kommt sich fast vor, als beträte man eine verbotene Zone. Als triebe man sich mit üblem Glitzern im Blick in der Damenwäscheabteilung herum, nahe den Probierkabinen…”
Auto? Damenwäsche? Dieser Herr weiss eben, was ein Fetisch ist.
Im Vergleich zu seinen unmittelbaren Konkurrenten von Daihatsu und Suzuki hat der Picanto fünf Türen und ist für fünf Personen zugelassen. Zugegeben, grosse Menschen werden sich auf der hinteren Bank etwas beengt fühlen. Ja, auch der Kofferraum ist nicht der Grösste, kann aber durch Umklappen von Rücksitzen zum Transport von allem möglichen verwendet werden.
Achtung, jetzt ist eine Beleidigung wahrscheinlich unvermeidlich: Der Kofferraum des Mini ist keineswegs grösser, und auch im Mini sitzt es sich hinten nicht gerade superbequem. Aber Mini hat, im Unterschied zum Picanto (ja, wie kann ich bloss wie kann ich diese zwei nur vergleichen?) grosses Fetischpotential,”Kultcharakter” heisst das heute.
BMW freut sich natürlich, denn Fetisch kostet Geld, sehr viel Geld. Der Mini kostet ziemlich genau das Doppelte des Picanto
Aber er hat eben das “etwas”, das jenem fehlt.
Weltweit findet derzeit ein gewaltiger Umbruch der Autoindustrie statt. Kleinere, leichtere, verbrauchsärmere und vor allem billigere Fahrzeuge werden vermehrt nachgefragt.
Wird das Auto glatt zum “trivialen Ding”?
Sparen wir 200 000 Euro für Kügeres?
Das wird doch nicht möglich sein!
Ein richtiger Mann trägt keine Damenwäsche, oder?
KIA mia
Wirklich sicher, wirklich komfortabel waren sie nicht. Ab den 70er Jahren beginnt eine Phase, in der der kompakte, preiswerte, schnörkellose Wagen den Anspruch erhebt, im Wesentlichen so sicher und komfortabel sein zu wollen wie "richtige" Autos. Die allerhöchste Ingenieurs-Schule: Das "komplette" alltagsgerechte Auto minus "Fetisch", minus Exzess, der kleine Wagen minus Kleinwagengefühl. Die Champions dieser Gattung: Fiat, zunächst mit Modell 128, später mit dem Uno und dessen Ableitungen. Und Honda mit dem Civic. Autos, die zu fahren Spass machte, die eine technische Substanz besassen, aber weder in Anschaffung, noch im Betrieb aufwendig waren.
Ihre Nachfolger heute: Peugeot 107, Citroen C1, Toyota Aygo (im wesentlichen baugleich). Das sind "City Cars" mit denen man dann und wann auch überland unterwegs sein kann, ohne nasse Hände zu bekommen, die irgendwie Pep haben, ohne in die Hipness-Falle à la Mini neu oder Fiat 500 zu fallen, deren Retro-Design nicht jedermans Vorstellung von Fortschritt in der Formensprache ist (und nicht zufällig den selben Designer haben).
Kurz und gut: Der Kia Picanto, auf den all das nicht zurifft, ist eine CCsche Übertreibung - nur weil wir in die
Ooops
Nüchternheit nur bei Autos?
Grad bei Autos solls anders sein?
Auch ein Kombiwagen kann vernünftig sein, wenn man ab und zu damit zum Ikea muss, oder mit mehreren Leuten auf Urlaub fährt. Sagt ja keiner, dass man täglich allein damit in die Arbeit fährt.