Kern und die Gemeinnützigkeit
von cc am 12.01.2017
Der Bundeskanzler hat eine beachtenswerte Grundsatzrede gehalten.
Hier sei auf einen Punkt hingewiesen, der bisher kaum beachtet wurde.
Kerns Ambition, die Wohnungsgemeinnützigkeit aufzuweichen.
Ich danke Martin Orner, selbst Chef eines gemeinnützigen Wohnbauunternehmens, der EBG für seine genaue Analyse.
Hier, (mit seinem Einverständnis) seine wichtigen Hintergrundinformationen:
Ich habe mir im „Plan A“ zuerste einmal das Kapitel „Wohnen“ angesehen. Neben einigen sehr sinnvollen Vorschlägen findet sich dort auch folgende Formulierung:
"Gemeinnützige Wohnbauträger spielen eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von leistbaren Wohnungen. Im Moment können institutionelle Anleger (wie Versicherungen) allerdings nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbauträger investieren, da solche Anteile nur eingeschränkt handelbar sind. Durch entsprechende Anpassungen könnte die Investition in gemeinnützige Wohnbauträger für institutionelle Anleger deutlich interessanter werden. ExpertInnen gehen von einem Potential von ca. 2 Milliarden Euro pro Jahr bis 2020 aus, was jährlich etwa 10.000 zusätzlichen Wonungen entspricht."
Klingt gut – ist es aber nicht. Hintergrund dieser Forderung: Die Wiener Städtische Versicherung ist (über verschachtelte Beteiligungen) Mehrheitseigentümerin der Sozialbau-Gruppe, das ist das größte Gemeinnützige Wohnbauunternehmen in Österreich mit über 50.000 Wohnungen.
Die gesetzlichen Regelungen in der Wohnungsgemeinnützigkeit sind sehr streng, sie sehen unter anderem vor, dass Gewinne zwar in beschränktem Umfang erzielt werden dürfen, diese jedoch nur sehr beschränkt (im Ausmaß von dzt 3,5 % des Stammkapitals) an den Eigentümer ausgeschüttet werden dürfen. Die restlichen Gewinne haben im Unternehmen zu verbleiben und sind dort im Sinne des Generationenausgleichs (§ 1 Abs 3 WGG) für Neubau und Sanierung zu verwenden. Das ist auch durch die im Gesetz verankerte Baupflicht sichergestellt und nennt sich auch das Prinzip der Vermögensbindung. Eine sehr sinnvolle Regelung – ihr haben wir zu verdanken, dass die Gemeinnützigkeit so einen hohen Stellenwert in Österreich hat, mit dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Bevölkerung mit relativ günstigen Wohnungen versorgt werden kann.
Die Formulierung im „Plan A“ soll Folgendes verschleiern: Die Wr. Städtische ist – und das ist kein Geheimnis – unzufrieden mit der beschränkten Gewinnausschüttung, ihre Aktionäre würden gerne die in der Sozialbau erzielten Gewinne abschöpfen und einstecken. Im Zuge der WGG-Novelle 2016 ist bereits einmal ein Versuch gescheitert, diese Regelungen aufzuweichen. Man hat dazugelernt, die Versicherung hat einen ehemaligen Bundeskanzler in dieser Angelegenheit als Lobbyisten engagiert, dessen ehemaliger Staatssekretär ist übrigens gerade in den Vorstand der Sozialbau eingezogen.
Inhaltlich ist das natürlich Unfug. Dass die Sozialbau mehr Wohnungen bauen kann, wenn man ihre Gewinne abschöpft kann auch ein von betriebswirtschaftlichen Kenntnissen völlig Unbeleckter nicht glauben.
Sollten diese Regeln tatsächlich aufgeweicht werden, würde das langfristig die Investitionsfähigkeit der Gemeinnützigen Wohnbauträger deutlich einschränken, das Kreislaufsystem, dass die Gemeinnützigkeit im Interesse der BewohnerInnen so erfolgreich gemacht hat würde untergraben werden.
Hoffentlich gibt es hier auch einen Plan B.
Hier sei auf einen Punkt hingewiesen, der bisher kaum beachtet wurde.
Kerns Ambition, die Wohnungsgemeinnützigkeit aufzuweichen.
Ich danke Martin Orner, selbst Chef eines gemeinnützigen Wohnbauunternehmens, der EBG für seine genaue Analyse.
Hier, (mit seinem Einverständnis) seine wichtigen Hintergrundinformationen:
Ich habe mir im „Plan A“ zuerste einmal das Kapitel „Wohnen“ angesehen. Neben einigen sehr sinnvollen Vorschlägen findet sich dort auch folgende Formulierung:
"Gemeinnützige Wohnbauträger spielen eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von leistbaren Wohnungen. Im Moment können institutionelle Anleger (wie Versicherungen) allerdings nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbauträger investieren, da solche Anteile nur eingeschränkt handelbar sind. Durch entsprechende Anpassungen könnte die Investition in gemeinnützige Wohnbauträger für institutionelle Anleger deutlich interessanter werden. ExpertInnen gehen von einem Potential von ca. 2 Milliarden Euro pro Jahr bis 2020 aus, was jährlich etwa 10.000 zusätzlichen Wonungen entspricht."
Klingt gut – ist es aber nicht. Hintergrund dieser Forderung: Die Wiener Städtische Versicherung ist (über verschachtelte Beteiligungen) Mehrheitseigentümerin der Sozialbau-Gruppe, das ist das größte Gemeinnützige Wohnbauunternehmen in Österreich mit über 50.000 Wohnungen.
Die gesetzlichen Regelungen in der Wohnungsgemeinnützigkeit sind sehr streng, sie sehen unter anderem vor, dass Gewinne zwar in beschränktem Umfang erzielt werden dürfen, diese jedoch nur sehr beschränkt (im Ausmaß von dzt 3,5 % des Stammkapitals) an den Eigentümer ausgeschüttet werden dürfen. Die restlichen Gewinne haben im Unternehmen zu verbleiben und sind dort im Sinne des Generationenausgleichs (§ 1 Abs 3 WGG) für Neubau und Sanierung zu verwenden. Das ist auch durch die im Gesetz verankerte Baupflicht sichergestellt und nennt sich auch das Prinzip der Vermögensbindung. Eine sehr sinnvolle Regelung – ihr haben wir zu verdanken, dass die Gemeinnützigkeit so einen hohen Stellenwert in Österreich hat, mit dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Bevölkerung mit relativ günstigen Wohnungen versorgt werden kann.
Die Formulierung im „Plan A“ soll Folgendes verschleiern: Die Wr. Städtische ist – und das ist kein Geheimnis – unzufrieden mit der beschränkten Gewinnausschüttung, ihre Aktionäre würden gerne die in der Sozialbau erzielten Gewinne abschöpfen und einstecken. Im Zuge der WGG-Novelle 2016 ist bereits einmal ein Versuch gescheitert, diese Regelungen aufzuweichen. Man hat dazugelernt, die Versicherung hat einen ehemaligen Bundeskanzler in dieser Angelegenheit als Lobbyisten engagiert, dessen ehemaliger Staatssekretär ist übrigens gerade in den Vorstand der Sozialbau eingezogen.
Inhaltlich ist das natürlich Unfug. Dass die Sozialbau mehr Wohnungen bauen kann, wenn man ihre Gewinne abschöpft kann auch ein von betriebswirtschaftlichen Kenntnissen völlig Unbeleckter nicht glauben.
Sollten diese Regeln tatsächlich aufgeweicht werden, würde das langfristig die Investitionsfähigkeit der Gemeinnützigen Wohnbauträger deutlich einschränken, das Kreislaufsystem, dass die Gemeinnützigkeit im Interesse der BewohnerInnen so erfolgreich gemacht hat würde untergraben werden.
Hoffentlich gibt es hier auch einen Plan B.
Schon der nächste Paragraph des WGG aber enthält folgende Bestimmung.
"§10a. (1) Bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit bedürfen der Zustimmung der Landesregierung Vereinbarungen über:
a) den Erwerb von Anteilen an einer Bauvereinigung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft,
[...]"
Der gesetzlich gesicherte Einfluss der Landespolitik auf die Aktionärsstruktur z.B. einer Sozialbau AG sollte aufgrund dieser Bestimmung augenfällig sein. Dieser Einfluss soll offensichtlich beschnitten werden.
Dazu der nächste Absatz im WGG:
"§10a (2) Die Zustimmung nach Abs. 1 ist jedenfalls zu versagen, wenn
(a) der Kaufpreis oder – bei Einbringung als Sacheinlage – die Bewertung die eingezahlten Einlagen übersteigt,
[...]"
Dass der Buchwert des gemeinnützigen Wohnbaus unter dem derzeit erzielbaren Marktwert liegt, darf trotz aller gebotener Vorsicht sehr stark vermutet werden. Mit dieser [Zustimmungs]Regelung sind also für die Wr. Städtische, aber auch andere Anleger interessante Finanzmarktmechanismen arg beschnitten, Spekulation im gemeinnützigen Wohnbausektor im Grunde ausgeschlossen.
Mir stellt sich deshalb - im Unterschied zu Herrn Orner - die Frage nach einer in Kauf genommenen oder gar gewollten Öffnung des WGG in Richtung Finanzmärkte. Das hielte ich für ein selbstmörderisches Spiel mit dem Feuer. Einem solchen Vorhaben müsste gerade in Wien breiter Widerstand entgegengebracht werden.