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3 Gründe, warum Kernenergie nicht die Lösung ist

es gibt viele, sehr viele Gründe, warum es keine Lösung ist, jetzt auf Kernenergie zu setzen.
Hier drei, die glaub ich unstrittig sind:

1.) Das Quantitative:
Kernenergie trägt derzeit bloss ca 5% zum gesamten Energieerzeugung der Welt bei (man beachte die schmale gelbe Linie)

iea-kern1
zum Vergrössern: Bild anklicken

Wer signifikant die Öl und Gasabhängigkeit reduzieren will, findet weitaus grössere Lokale Potentiale in erneuerbaren Energieträgern (die zur Beheizung und Warmwassergewinnung auch leicht bereitgestellt werden können) mehr jedoch in Technologien, welche die Effizienz dramatisch steigern (Passivhäuser, 3 Liter Autos statt SUVs etc.)

2.) Die Bombe
Der Iran zeigt uns ein unausweichliches technisches Dilemma:
Wer die "friedliche Nutzung" der Kernenergie befürwortet, gibt einen Freibrief zur Herstellung "der Bombe".
Denn die Wege sind zu mehr als 80% dieselben.
Zurecht kann der Iran behaupten, es gebe keinen Grund, ihm die friedliche Nuzung zu unterbinden.
Obwohl es keine Zweifel gibt, dass es im Öl und Gasland Iran (wo ungemein viel Erdgas mangels Nutzungsmöglichkeiten abgefackelt wird) es nicht um Stromerzeugung geht, sondern um die Bombe

3.) Anfällig für Terrorismus
Ein Kernkraftwerk kann technisch (Marke "Selbnstmordattentäter") zu einem GAU gebracht werden.
Sicherheitssysteme können ausgeschaltet, Kühlung abgeschaltet werden.
Jedes Auto kann man gegen die Wand fahren.
Wer ja zur Atomkraft sagt, schafft in diesem Sinne ein enormes Gefahrenpotential.

Und ich erspare mir jetzt die Argumente 4-100.
Von der ungelösten Endlagerfrage bis zu den Errichtungskosten und der Endlichkeit von Uran
muesli - 16. Jan, 13:08

ich bin ja grundsätzlich deiner meinung, aber wenn wir andersdenkende überzeugen wollen (und nicht nur die bereits überzeugten - ein altes grünproblem), dann müssen die argumente hieb- und stichfest sein. zum ersten punkt, aus der wikipedia:

"Der Anteil der Atomenergie an der weltweiten Energieerzeugung betrug 1998 6,5% (UNDP). Der Atomstromanteil an der weltweiten Stromerzeugung beträgt etwa 16%. Dabei nehmen Litauen und Frankreich mit fast 80% Anteil die Spitzenplätze ein. In Westeuropa wird etwa 30% des elektrischen Stroms mit Hilfe von Kernenergie erzeugt, in Deutschland 28% und in der Schweiz knapp 40%."

Blogzombienchen - 16. Jan, 13:22

Tja, dem kann ich eigentlich nur noch zustimmen.
Natürlich könnte man ein paar hundert oder tausend Atomkraftwerke bauen um deren Anteil
an der Energieerzeugung deutlich zu erhöhen, aber dann wäre das Uran umso schneller alle.
Um die Kraftwerke dann weiter betreiben zu können bliebe nur noch die Wiederaufarbeitung
die ja bekanntlich so gefährlich und 'schmutzig' ist, daß sie in Deutschland nicht durchsetzbar war.
All das würde das Risiko von Unfällen um ein vielfaches erhöhen.
Nicht zu vergessen fehlt jede Mark, die man in Atomenergie investiert anderswo, kann nicht
in alternative Energien oder Energiesparmaßnahmen und besser Energieffizienz investiert werden.
Schließlich kann man Geld immer nur einmal ausgeben.
Es ist schon erstaunlich, daß es, bei all den Gründen, die es gegen Kernergie gibt, es immer noch so
viele Beführworter gibt.
Grüße von der Untoten

maschi - 16. Jan, 16:54

Also

damit wir uns alle um die Hälse fallen und nur noch lieb haben, könnte ich nun einfach sagen, alles paletti, ich bin wahrlich auch kein "Fan" von Kernkraft, denken wir nicht weiter drüber nach, ist eh nur die Atomlobby dahinter, etc. etc.

Und das wäre alles auch irgendwie wahr. Ich selbst war die letzten Jahrzehnte immer davon überzeugt, Atomkraft, nein danke. Das Problem ist nur, ich fürchte zunehmend, wir können es uns nicht mehr SO EINFACH machen, dh. genaugenommen stimmt auch das nicht: WIR hier in Österreich können wohl weiter so tun, als ob Kernkraft in allen ihren Varianten reines Teufelswerk wäre und uns unserem "reinen Atom-Gewissen" hingeben. Vielleicht, und ich drücke mich bewusst vorsichtig aus, vielleicht sieht es aber ganz anders aus, wenn man über den Rand diesen doch recht kleinen Tellers "Österreich" blickt.

Ich glaube jedenfalls definitiv, dass diese Debatte der "Untoten", wie das ein Vorposter so nett ausgedrückt hat, recht bald kommen wird. Und zwar mit einiger Schärfe und Brisanz. Und Umweltbewegte sollten rechtzeitig wissen, wo sie sich da hinstellen. Wollen wir intellektuell redlich sein, dann müssen wir zumindest theoretisch auch damit rechnen, dass dabei herauskommen könnte, dass eine in der technischen Entwicklung ebenfalls ständig fortschreitende Kernkrafttechnologie heute anders zu beurteilen ist als noch vor 30 Jahren...

Was gestern wahr war, ist heute noch halbwahr und morgen unter Umständen falsch. Die " Werte", die wir vertreten, dürfen nicht darin bestehen, bestimmte Technologien zu verteufeln, sondern müssen darin bestehen, die ehrlich beste Lösung für Mensch und Planeten zu finden. Und zwar mit Mut zur Realität und Mut zur Überprüfung der eigenen Überzeugungen. Ein zumindest interessantes Beispiel für diesen Mut ist der Umweltschützer und Greenpeace Mitbegründer Patrick Moore, der heute für die friedliche Nutzung der Kernkraft eintritt (http://www.greenspirit.com/logbook.cfm?msid=70). Ich weiss nicht, ob er recht hat. Aber ich will es wissen.

Konkret: Wenn ich mir die obigen Argumente so ansehe, dann bin ich fast versucht zu glauben, dass CC diese Dinge ebenfalls ahnt. Aber es gibt eben auch starke Rücksichtnahmen, die man als Grünpolitiker in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Ich muss diese Rücksicht jedenfalls nicht nehmen und frage daher:

- Was ist Punkt 1 für ein Argument? Zuerst wird gesagt, dass Kernenergie derzeit nur einen (kleinen) Teil zur Energieversorgung beiträgt, dann wird behauptet, dass in erneuerbaren Formen grössere ungehobene Potentiale liegen, aber nichts gebracht, was diese These belegen würde. Passivhäuser werden die Lösung für die Probleme der Welt der nächsten 50 Jahre vermutlich nicht sein. So wichtig die Beschäftigung für uns damit ist: Glaubt jemand, dass China auf dem derzeitigen Stand der Entwicklung demnächst in Passivhäuser investieren wird?

- Argument 2 halte ich überhaupt für extrem schwach. Mit einer ähnlichen Argumentation könnte man sich gegen die friedliche Nutzung JEDWEDER Technologie wenden, vom Faustkeil, mit dem man töten kann, bis zum Computer, mit dem das Pentagon Lenkwaffen steuert. Es kommt eben genau darauf an, sein Wissen FRIEDLICH einzusetzen. Und JEDES Wissen kann auch kriegerisch eingesetzt werden. Wir müssen aufpassen, dass das nicht passiert, aber das Thema gibt es wahrlich nicht nur hier.

- Argument 3 ist vermutlich richtig, aber eben auch schwach. Denn es gilt für alle Arten von technischen Anlagen, jede Chemieanlage, ja wahrscheinlich die gesamte technisierte Zivilisation überhaupt. Es ist in keiner Weise spezifisch für die Atomtechnik: "Jedes Auto kann man gegen die Wand fahren."

- Dass die "alten Argumente" 4-100 von der Sicherheit bis zur Endlagerfrage und dem "endlichen Uran" gar nicht gebracht werden, das deute ich geradezu als Eingeständnis, dass in diesen Bereichen in den letzten 30 Jahren beachtliche Fortschritte gemacht wurden. Im Bereich der Sicherheit höre und lese ich zB von so grossen Fortschritten, dass selbst ganz extrem konstruierte Szenarien nur noch dazu führen, dass ein Kraftwerk vom Netz gehen muss und vielleicht "demoliert" ist, aber keine Kontamination der Umwelt erfolgt. Und im Bereich der "Endlagerung" zeichnen sich Lösungswege ab (zB Transmutation), bzw. wird auch zu wenig beachtet, um welch kleine Mengen es sich im Vergleich zu anderen hochgefährlichen Abfällen hier handelt. Dass Uran endlich ist, scheint in informierten Kreisen gar nicht wirklich ein Thema zu sein, weil es jede Menge Alternativen gibt, von alternativer Förderung von Uran aus den Meeren, bis hin zur Spaltung anderer schwerer Kerne.

All dies ist immer eine Abwägung von Kosten und Nutzen, von Chancen und Risken. Und in der Atomtechnologie liegen eben auch grosse Chancen, weil der "footprint on the environment" extrem klein werden kann. Wenn man eine These wirklich untermauern will (und diese These lautet hier: "Der Einsatz der Atomenergie bringt der Welt mehr Nachteile als Vorteile") dann darf man sich nicht so sehr mit den Dingen beschäftigen, welche FÜR die These sprechen, im Gegenteil, mann muss geradezu nach Argumenten suchen, welche sie entkräften würden. Erst DANN darf man anfangen daran zu glauben, dass die eigene These etwas für sich haben dürfte...

Iich lasse mir gerne zeigen, dass meine neuen Zweifel an meinen eigenen alten Überzeugungen unbegründet sind, aber da muss noch mehr passieren.

hope (Gast) - 17. Jan, 13:01

Der große Vorteil der Atomenergie ist ja das sie erprobt und zuverlässig ist. Gegen die Atomenergie zu argumentieren ist finde ich eher der falsche Weg da sie (außerhalb Österreichs) keinen so schlechten Ruf hat. Und die drei hier genannten Argumente finde ich eher schwach.
1) Ist kein Argument für oder gegen Atomkraft sondern ein Fakt.
2) Ist leider wahr wird aber genau gar nichts ändern. Bevor der Westen auf Atombomben und Atomkraft verzichtet wird man eine Atommacht Iran akzeptieren oder einen neuen Krieg los brechen.
3) Ist für mich Populismus. Vergleicht mal die Zahl der Toten in Europa durch Verkehrsunfälle mit denen durch Terrorismus. Man müsste vor jedem Auto mehr Angst haben als vor einem Terroristen. Terrorismus wird IMHO völlig überbewertet.

Ich denke man sollte viel mehr auf die großen Chancen und Vorteile der alternativen Energien eingehen.
# Erdöl hat ein Ablaufdatum, Kernenergie keine großen Fortschrittsmöglichkeiten. In fünzig Jahren wird man von alternativen Technologien leben. Wer jetzt in diesem Bereich Forschung betreibt wird später technologisch stark davon profitieren.
# Alternative Energiegewinnung ist im Einklang mit der Umwelt
# Alternative Energien sind flexibler und effizienter einsetzbar
# Und es ist schlicht nicht eine so primitive Energiegewinnung wie die Verbrennung von Ressourcen was schon die Steinzeit-Menschen konnten..

maschi - 19. Jan, 17:29

Argument 2

ist nicht wahr, da meines Wissens alle existierenden Kernwaffenstaaten ihre Bomben unabhängig von ihren Stromerzeugungsanlagen entwickelt haben.

Zur Kernwaffenproduktion ist eine Anreicherung des Spaltmaterials notwendig, welche in eigens - als solche für den Fachmann erkennbaren - Anlagen durchgeführt wird. Kernreaktoren, die hauptsächlich das waffenfähige 239Pu erzeugen, benötigen ein sehr spezielles Design, eignen sich deswegen schlechter zur Stromerzeugung und sind daher für jeden Fachmann klar als für diesen Zweck gebaut erkennbar: http://de.wikipedia.org/wiki/Anreicherung

Somit ist es einfach falsch, Kernenergie mit Kernwaffen in Zusammenhang zu bringen. Als Verbindungspfad zwischen diesen beiden Dingen bleibt nämlich nur, dass man zwischen Kernenergie und Kernwaffenproduktion zwar so einen Zusammenhang herstellen kann, dieser aber mangels Wirtschaftlichkeit nicht praktisch relevant ist. Auf einem anderen Blatt steht, dass Länder solche Plutoniumreaktoren bauen und dann behaupten, sie seien zur Energieversorgung, aber das ist halt recht plump und leicht zu entlarven. Ich finde es daher nicht seriös, solche unerfreulichen Dinge dann für die eigene Anti-Atom-Agenda zu verwenden...

Hinsichtlich der Beurteilung des "Terrorismus" stimme ich 100% zu, ebenso natürlich hinsichtlich der Förderung und der Vorteile erneuerbarer Energieträger.
praetor - 18. Jan, 22:45

bin ja auch gegen atomstrom...

aber wie man als grüner für den verbrauch von erdgas und erdöl zur stromerzeugung plädieren kann (ich lese das mal zwischen den zeilen über den iran - gewagt ich weiß *g*) ist mir schleierhaft. so ehrlich muss man sich nämlich mal sein: solange die dinger nicht explodieren (und bis jetzt hat das erst eines getan) sind sie umweltfreundlicher als sämtliche ernsthaften alternativen (windräder zähle ich nicht zu ernsthaften alternativen - zumindest noch nicht!) wie gas, öl oder kohle (selbst in einem wasser- und flussreichen land wie österreich reicht wasserkraft nicht aus um den benötigten strom zu erzeugen), selbst mit dem leidigen problem der endlagerung!

wir wollen sie nicht, weil menschen dabei zu schaden kommen können. seien es jetzt die putzkräfte im reaktor, oder ganze landstriche bei einem unfall! vom standpunkt des umweltschutzes aber müsste man sie wohl unterstützen!

hope (Gast) - 19. Jan, 10:28

das sehe ich genauso. würde man alle öl, kohle und gas-kraftwerke durch atomkraftwerke ersetzten hätten wir kein CO2 Problem und alle könnten wieder fleißig mit ihren SUVs fahren.
aber man sollte nicht über das kleinere übel der beiden streiten, sondern sich auf die beste lösung konzentrieren. und das sind nun mal erneuerbare energien.
praetor - 19. Jan, 11:29

ich würds eher so formulieren:

würden wir alle atomkraftwerke durch gas, öl oder kohle ersetzen würden wir: erstens bald ersticken und hätten zweitens schon in 10 jahren keine energieträger mehr. mit den erneuerbaren energiequellen geb ich dir vollkommen recht.
gerrit (Gast) - 19. Jan, 13:33

zuz ökonomischen Bewertung von AKW

empfehle ich folgenden Artikel von D. Hall, PSIRU, Greenwich GB: http://www.psiru.org/reports/2005-09-E-Nuclear.pdf
lg
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