digitaler Maoismus
von cc am 16.06.2006
eine erfrischende und intelligente Streitschrift des Computerwissenschaftlers und Musikers Jaron Lanier wider den Kollektivismus im Internet und wider die angebliche "Weisheit" von Wikipedia und Co.
die deutsche Übersetzung davon hier
dazu setzte eine heftige Debatte ein
z.b. hier
auch Larry Sanger, Wikipediagründer, erwidert ausführlich in seinem blog
spannend!
die deutsche Übersetzung davon hier
dazu setzte eine heftige Debatte ein
z.b. hier
auch Larry Sanger, Wikipediagründer, erwidert ausführlich in seinem blog
spannend!
nur eine nette polemik
clay shirky bringt es für mich auf den punkt: im gegensatz zu laniers ausführungen ist wikipedia nicht "kollektivistisch" organisiert, sondern in einer mischung aus direkter (abstimmungsprozesse) und repräsentativer (gewählte admins) demokratie, mit einem hauch monarchie (jimmy wales als letzte instanz).
lanier tut übrigens damit auch nur das, was er in seinem text den bloggern vorwirft: er provoziert anstatt ordentlich zu recherchieren.
eine hingegen hervorragende ressource zu diesem thema ist das buch: the wisdom of crowds, von james surowiecki. und der von ihm beschriebene "kollektivismus" wird übrigens nicht so sehr von den maoisten geobt, als von economist & co.
Ansichtssache
Z.B. "Was wir jetzt beobachten können, ist eine beängstigende Ausbreitung des Trugschlusses, das Kollektiv sei unfehlbar." -- Indem es keine expliziten Autoren von Internet-Inhalten mehr gibt, die zur Rechenschaft gezogen werden können, überträgt man die Verantwortung für diese Inhalte auf die "Allgemeinheit", das "Kollektiv". Das ist natürlich insoferne ein Unfug, als es immer nur eine winzige Minderheit ist, die für Inhalte bzw. deren Korrekturen sorgen. Man kann auch nicht von Abstimmungsprozessen oder repräsentativer Demokratie sprechen, da ja niemals die gesamte Internet-Community befragt wird.
Simples Beispiel, auf Wikipedia bezogen: Wenn mir ein fehlerhafter Eintrag auffällt, kann ich ihn ändern. Gut. Aber was dann? Soll ich dann täglich nachschauen, ob nicht ein anderer User die Korrektur wieder rückgängig gemacht hat? Wer ist eine absolute Instanz? Fachleute, Wissenschaftler, die ursprünglichen Quellen der jeweiligen Themen/Fragestellungen? Oder, das "Kollektiv", dh. eine Handvoll (bezogen auf 6 Mrd. Menschen) Leute, die gerne im Netz hängt?
Keine Frage, Wikipedia ist praktisch. Man erhält zu nahezu jedem Thema rasch einen Überblick. Wenn es mir allerdings um fachlich korrekte Inhalte oder verschiedene Meinungen geht, dann schau ich doch lieber in einem Lexikon (z.b. wissen.de) nach oder lese Kommentare in Zeitungen.
Und das ist auch die Essenz des Aufsatzes von Jaron Lanier: "Die beste Richtlinie dafür [den Wert des Kollektivs zu maximieren] ist, dem Individuum den Vorrang zu geben."
das "halbwissen" bezieht sich vor allem auch auf den "kollektivismus": die obengenannten prozesse und auch "wisdom of the crowds" (-> buch) stützt sich ganz vehement auf das individuum - ganz so wie es lanier auch fordert. die referenz auf maoismus ist unfug.