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wie links sind die Grünen?

kluge Kurzanalyse, der ich mich weitgehend anschliesse:

ZEIT online:Jetzt gibt es plötzlich eine Partei links von der SPD. Wie links sind die Grünen eigentlich noch?

Cohn-Bendit: Ich habe eine andere Definition von den Grünen: Die Ökologiefrage ist nicht in ein Links-Rechts-Schema einzuordnen, sie steht in der Mitte der Gesellschaft. Alle anderen Parteien haben sie übernommen. Die Grünen stehen in einem schwierigen Wettbewerb der besten Vorschläge zur Lösung des Ökologieproblems. Die Grünen sind in der sozialen Frage nicht traditionell links, sie plädieren nicht einfach wie die Linkspartei nur für traditionelle staatliche Lösungen. Wir müssen die sozialen Herausforderungen annehmen, aber auch die Kritik an den traditionellen staatlichen Lösungen aufgreifen. Deswegen sind die Grünen in dieser Frage links und in der Mitte. Und in der Frage der Autonomie der Individuen stehen die Grünen links von allen Parteien einschließlich der Linken. Das betrifft sowohl die Einwanderungsfrage als auch die bürgerlichen Freiheiten und die Autonomie der Frauen. Damit sehen Sie, dass es unterschiedliche Positionierungen in der Links-Rechts-Skala gibt.


hier das ganze Interview
maschi - 28. Feb, 07:40

Was mir fehlt

auch hier ist ein Anstreifen am linken Tabuthema der wirtschaftlichen Autonomie des Individuums.

Wo stünde eine Partei, die alle Strukturen skeptisch betrachtet, in denen Duckmäuser- und Durchlawierertum befördert werden, die also der Übernahme echter Verantwortung tendentiell entgegenstehen. Das betrifft sowohl wirtschaftliche, als auch staatliche Bürokratien. Emanzipation des Individuums von allen bevormundenden Strukturen (Staaten, Kirchen, Wirtschaftsbürokratien) - im Grunde das Programm der 68er, aber mit einer wesentlichen lesson learned: gesellschaftliche Emanzipation reicht nicht, wirtschaftliche Emanzipation ist ebenso vonnöten. Die Ablehnung der Freiheitskomponente "wirtschaftliche Freiheit" durch die Linke war zwar gut gemeint aber das Gegenteil von gut.

Wo stünde eine solche Partei? Ist sie neoliberal, wenn sie Milton'sche Negativsteuer fordern würde oder linkslink, weil sie ein starkes soziales Netz für alle knüpfen will? Betreibt sie Sozialabbau, wenn sie den Finger auf die klaffende Wunde öffentlicher Mißwirtschaft liegt oder ist sie geradezu neokommunistisch, wenn sie sich hohe Steuern für reiche Extremkonsumierer vorstellen kann?

Ich glaube daran, dass es eine sinnvolle Positionierung gäbe, die sich nicht mehr in traditionelle Links-Rechts-Skalen einordnen lässt. Die Grünen sind auf dem Weg dorthin einen Schritt mehr gegangen als die meisten anderen. Das Ziel ist aber viele Schritte entfernt - das ist den meisten nicht bewusst - sie stehen daher ratlos auf der Piste und blicken etwas verklärt und verwirrt zum Start zurück.

laurenzennser - 1. Mär, 00:47

das ist tatsächlich interessant …

… dass wir da gleichzeitig drauf anspringen …

ich kann selbst viel mit der einschätzung von cohn-bendit anfangen. wie ich in meinem beitrag schon angedeutet habe, äußert sich das in meinen augen sogar recht konkret bei potentiellen schnittmengen bzw. konfliktfeldern mit anderen parteien.

besonders interessant wird es dann, wenn man davon ausgeht, dass die 3 angesprochenen politikbereiche – ökologie, die soziale frage und die frage individueller autonomie/freiheit – ja nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern zusammen gedacht werden müssen. die grünen positionen in den 3 bereichen haben in der tat teilweise einander widersprechende eigenlogiken.

und dort, an diesen inneren widersprüchen, müssen wir grüne zu diskutieren anfangen: wie verhält es sich mit der freiheit des individuums bei gleichzeitig notwendiger drastischer senkung von ressourcenverbrauch? wie steht eine liberale migrations- und integrationspolitik zu problemen mit der autonomie von frauen in bestimmten kulturellen kontexten?

ich finde mich und auch die grünen, wie schon gesagt, in den worten cohn-bendits wieder. allerdings wird die glaubwürdigkeit und auch die durchsetzungsfähigkeit grüner politik maßgeblich davon abhängen, ob die einander widersprecheneden logiken grüner positionierung zu einem konsistenten ganzen integrieren kann.

Tom Schaffer (Gast) - 1. Mär, 01:35

in einem schönen wortkonstrukt. (mitte-)linksliberal

halte ich jetzt nicht für eine revolutionäre erkenntnis ;)

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