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Anmerkungen zur "Ausländerdebatte"

Wenige politische Debatten werden - nicht nur in Österreich - weltweit so heftig und auch im privaten Kreis so leidenschaftlich geführt wie jene um “die Ausländer”.
Bei uns heisst “Ausländer” derzeit “Islam bzw. Muslime” und Innenministerin Prokop hat mit ihrem Ausspruch. “45% der Muslime sind nicht integrationswillig” gezeigt, dass diese Art von Ressentiment-politik nicht nur von der FPÖ betrieben wird.
Weil in unserer zumehmend globalisierten Welt die Wanderungsbewegungen zunehmen werden, bleibt die Frage wie “wir” und “die anderen” miteinander umgehen von zentraler politischer Bedeutung.
Drum einige Thesen dazu, gerade aus Sicht einer Grossstadt:
1.) Grosse Städte haben immer und werden immer von Zuwanderung leben. Städte sind Magneten, die dadurch auch ihre Dynamik und innovationskraft ableiten.
2.) Der grösste Denkfehler unserer derzeitigen “Integrationsdebatte” besteht im konstruierten Irrtum, es gäbe EINE österreichische Kultur, in die sich Ausländer zu integrieren hätten.
3.) Das Gegenteil stimmt.Es gibt eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Kulturen, Milieus, ja Parallelgesellschaften unter “uns Österreichern”, die sich kaum vermischen, und oft zu Problemen führen, wo sie aufeinanderstossen.Um es nur ein Klischee zu beschreiben: jung/libertär/schwul vs. älter/erzkatholisch/konservativ.
Wenn die einen ein (lautes) Fest machen, bei dem am Gang gekifft wird, was machen die anderen, die darüber/darunter wohnen?
Wer muss da in was integriert werden?
4.) Was als Kampf der Kulturen oder Religionen konstruiert wird ist v.a. ein Problem sozialer Schichten.
Die Aufstände in Paris kamen aus der sozialen Unterschicht, wo Armut, Arbeitslosigkeit und Aussichtslosigkeit sozialen Sprengstoff angesammelt haben.
Das war die Ursache.
Und nicht deren Religion.
5.) Zwei politische Massnahmen sind zur Entschärfung der Konflikte (die es immer geben wird) essentiell:
A) Ein Bildungssystem, das allen Fähigkeiten, Kenntnisse und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet.
B) Eine wirtschaftliche Kultur, die allen Teilnahme Status und Einkommen ermöglicht (Zugang zum Arbeitsmarkt, etc.), damit Status und Zufriedenheit mit dem eigenen Leben wachsen kann
6.) Die Bewegung zwischen verschiedenen Kulturen kann extrem bereichernd sein. Man kann durchaus kann Türke, Wiener und Europäer sein, und fliessend türkisch, deutsch und englisch sprechen.
Zehntausende in Wien tun das.
7.) Das Regelwerk “der Grenzen” ist klar: Alles, was gegen die allgemeinen Menschenrechte bzw gegen heimische gesetze verstösst ist zu ahnden. “Ausländer” sind weder schlechtere noch bessere Menschen.
In- wie Ausländer müssen sich daran halten.
8.) Religionsfreiheit ist eine grosse zivilisatorische Errungenschaft. Das beinhaltet, im privaten Bereich jede religion ausüben zu dürfen ebenso, wie keiner Religion anzuhängen.
9.) Gerade der urbane Raum zeichnet sich dadurch aus, dass verschiedenste Menschen aufeinandertreffen.An den Rändern dieser “diversity” entstehen Probleme ebenso wie Innovation.
Diese Probleme zu zivilisieren ist Aufgabe einer demokratischen Politik.
Und sicher nicht, Ressentiments zu schüren.

ORF von innen-Österreich ein Feudalstaat

Danke, Armin Wolf!
Wenn wir Grüne als Oppositionspartei den ORFals VP-geknebelt kritisieren, glauben viele, solche Kritik sei überzogen und gehöre eben zum politischen Spiel.
Jetzt hat Armin Wolf bei einem hochoffiziellen Anlass, anlässlich seiner Verleihung des Robert Hochner Preises eine aussergewöhnliche Rede gehalten.
Aufrichtige Gratulation.
Das Schlimme daran:
Trotzdem scheint "das schwarze Personalpaket"auf Schiene.
Schliesslich: Es ist kein Gerücht, sondern eine Tatsache, dass es eine Intervention des Bundeskanzleramtes war, dass heuer nicht mehr Armin Wolf die Sommergespräche moderieren wird.
Wir entfernen uns immer mehr von demokratischen Zuständen.
Österreich, ein Feudalstaat.

nachdrückliche Empfehlung

Fast-zum Glück nur fast-wär ich Opfer meiner eigenen Präpotenz geworden.
Ich hatte über Tim Flannerys Buch "Wir Wettermacher" zwar nur Gutes gelesen, mir aber präpotenterweise gedacht, was soll da schon Grosses drinnenstehen, was ich nicht schon weiss.
So stehts im Untertitel: Wie die Menschen das Klima verändern und was das für unser Leben auf der Erde bedeutet.
Dann hab ichs mir doch gekauft, zu lesen begonnen, und konnte nicht aufhören.
Wär ich nicht längst ein Grüner, jetzt wär ich`s.
Ausführlich ohne ausschweifend zu sein, auch kurzweilig ist hier beschrieben, was wir heute (Endredaktion des Buches 2005) über die Auswirkungen des Klimawandels alles wissen.
Und das ist erschütternd und enorm motivierend zugleich.
Erschütternd ist, wie eine Gesellschaft all das (die dramatische, nachzuweisende und zunehmende Bedrohung unserer Zivilisation) wissen kann, und dieses Wissen derart ignorieren/verdrängen kann.
Ich möchte dieses Buch jedem nachdrücklich ans Herz legen.

wo ist der Golf-basic?

Eine Hauptursache des bedrohlich steigenden Ölverbrauchs (und auch die zentrale Quelle der Einsparung ) liegt hier:
Der erste VW Golf (meistverkauftes Modell) hatte 750 kg und 55 PS.
heute:
sagenhafte 1300 kg und 75PS.
Dank technischem Fortschritt sank trotzdem der Treibstoffverbrauch.
Alle sehr interessanten Daten werden von zwei meiner Studenten in ihrer Seminararbeit Umweltökonomie publiziert.
Stellen wir uns vor, es gäbe einen VW-Golf basic.
Heutige Motorentechnik, aber eben basic,abgerüstet:
max40- 50 PS oder weniger, weil 130-150kmh ausreichen.
Und Gewichtsparen:
Fenster zum Kurbeln, statt 4 (schwerer Elektromotoren),
Verzicht auf Beheizung bei Aussenspiegeln, Klimaanlage, etc.
Dann wiegt das Auto wieder 700kg und weniger, und kommt mit 3 Liter Sprit aus.
Und das kann auch sehr kostengünstig sein.
Her damit!

rise of the neo-greens

Rise of The Neo-Greens
Solar panels on the roof. Hybrid car in the garage. Organic-cotton clothes in the closet. Today's eco-radicals are voting with their dollars.

sehr interessanter Artikel im neuen wired
in den USA gibts eine ganz heftige Umweltdebatte.
bin gespannt, wie das weitergeht

Kongo-der Kampf um Afrikas Rohstoffe

Leider bei uns viel zuwenig diskutiert:
der EU-Einsatz im Kongo und seine Hintergründe.
Wie sehr der weltweite Kampf um Rohstoffe die Entwicklung Afrikas dominiert, zeigt sich besonders im Kongo.
Dazu ein sehr lesenwerter Beitrag

Unsere Energiesklaven

Samstag sehr schöne Initiative kennengelernt.
Im winzigen Fratres im Waldviertel, unmittelbar an der Grenze zu Tschechien war ich von der Kulturbrücke , die einen alten Gutshof als Museum und grenzüberschreitende Kulturinitiative ausgebaut haben, zu einer Diskussion über Energiepolitik eingeladen.
Und grosse Ehre:
gemeinsam mit dem zweifachen Nobelpreisträger Hans Peter Dürr
(Zweifach weil einmal "alternativer" und einmal "richtiger-nämlich Friedens-" Nobelpreis).
Einerseits war es sehr inspirierend, einem (unglaublich vitalen, witzig und geistreichen) inzwischen 78-jährigen, der ein Schüler Werner Heisenbergs war zuzuhören, wie er die Kenntnisse der Quantenphysik erläutert.
Und wirklich schlau ist sein Bild der Energiesklaven.
Grundüberlegung:
Unser heutiger Reichtum basiert v.a. darauf, dass wir zur Bewegung, zur Ewärmung etc. Energiesklaven beschäftigen.
Und zwar ziemlich viele, diese aber extrem ungerecht verteilt.
Ein Energiesklave "leistet" 100 Watt 12 Stunden am Tag.
Und so verteilen sich die Energiesklaven weltweit:

energiesklaven-3
vergrössern?anklicken!

energiesklaven2
vergrössern?anklicken!

Unser Umweltproblem besteht also nicht darin, dass es zuviele "lebende" Menschen (6,5Mrd) auf unserem Planeten gibt, sondern (gemeinsam mit unseren Energieskalven ) bereits 130 Mrd.
Und das ist heute schon zuviel.
Jeder von uns (Europäern, US-Amerikanern) müsste mit ca 10-15 derartigen Skalven auskommen, um annähernd ohne Zerstörung der Biosphäre zu leben.
Da haben wir viel vor.
Übrigens:
Wenn z.B. Ihr Computer stand-by läuft, braucht er ziemlich genau einen solchen Energiesklaven genau dafür

Was ist so schlimm an der Gesamtschule?

Teacher ist AHS Lehrer, offenbar häufiger Besucher meines blogs und Kritiker der Gesamtschule (siehe sein letzter Kommentar)
Ist vielleicht fruchtbar, eine niveauvolle Diskussion zu führen.

1. Die von Ihnen zitierte Studie ist mir auch aufgefallen.
Hier kann ich mich (wahrscheinlich wie Sie) nur über viele Eltern wundern und sie heftig kritisieren. Wer einem 7 oder 8 Jährigen den eigenen Fernseher ins Kinderzimmer stellt, überfordert ein Kind total.
Wie soll es alleine z.b. einen Zugang zum Buch finden, wenn per Knopfdruck jedwede Sendung abrufbar ist?
(Es geht mir nicht um das Fernsehgerät an sich - im Wohnzimmer - sondern um jenes im eigenen Kinderzimmer)
Kein Wunder, dass diese Kinder schlechtere Leistungen bringen.
2. Aber: Das ist für mich kein Argument, bereits 10 Jährige in "begabt" heisst "Matura" heisst "gesellschaftliche Position" und vice versa zu trennen, sondern so wie überall (!!) in Europa, mit Ausnahme Deutschlands und Österreichs diese Trennung erst vor der Oberstufe vorzunehmen.
3. In einer gemeinsamen Schule der 10-15 jährigen zu lernen , heisst auch nicht, dass alle alles gemeinsam machen müssen. Auch hier kann und soll bereits je nach Begabungen,Interessen aber auch Fördernotwendigkeiten differenziert werden.
Dazu braucht man auch speziell ausgebildete Personen, auch Sozialarbeiter/innen , die gerade diesen Förderunterricht organisieren sollen.
Das kann, da haben Sie recht, der klassische AHS Lehrer nicht alles anbieten.
4. Diese gemeinsame Schule bietet v.a. die Chance, dass jene, die vom Elternhaus ("bildungsferne Schicht" oder nennen wir es beim Namen "Unterschicht") benachteiligt sind, auch andere Milieus kennenlernen, sich andere Freunde suchen und "aufsteigen" können.
5. Wenn Finnland, das, wie ich hier in Grafiken gezeigt habe, deutlich bessere Gesamtergebnisse bringt UND gerechter ist, mit einer gemeinsamen Schule (samt innerer Differenzierung" zm PISA Sieger wird, dann versteh ich nicht, wieso sich so viele AHS-Leher dagegen sträuben.
6.Die Angst, dann mit Hauptschullehrern auf eine Stufe gestellt zu werden, die weniger verdienen, verstehe ich dann, wenn damit Gehaltskürzungen verbunden wären. Das ist, wenn es nach uns geht aber nicht der Fall, und angesichts der Macht der Lehrergewerkschaft auch nicht zu erwarten.

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