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Die USA spionieren in einem System, das sie selbst gebaut haben und das ihnen praktisch zur Gänze gehört

obama

Um mich nicht mit fremden Federn zu schmücken:
Nachfolgende Gedanken stammen von einem sehr guten Freund.
Sie sind es m.E. wert, breiter diskutiert zu werden:

Der Abhörskandal zeigt neben vielen anderen Dingen auch ein gewaltiges infrastrukturelles Problem auf: Europa hat zugelassen, dass die gesamte heutige Computer- und Internet-Infrastruktur und alle wesentlichen Services und Programme in amerikanischer Hand sind. Auf unseren Schreibtischen stehen amerikanische Computer, diese werden von einem der beiden amerikanischen Betriebssysteme betrieben, öffnen amerikanische Programme, suchen im amerikanischen Index des Internets und schicken ihre Daten über amerikanische Router durch amerikanische Server… Das ist bei uns zu Hause und im Büro so, aber auch in allen Firmen und auch in den Büros unserer Politiker. Sogar in Angela Merkels Büro stehen amerikanische PCs. Wäre es umgekehrt vorstellbar, dass Barack Obama das Weiße Haus mit europäischen Handies oder Computern ausstattet (wenn es denn welche gäbe)?

Würden wir akzeptieren, dass es in Europa nur mehr amerikanische Autos gibt und z.B. in Wien nur mehr amerikanische Baufirmen die Straßen bauen und von uns allen die Maut kassieren dürfen? Warum akzeptieren wir das eigentlich bei der wichtigsten infrastrukturellen Einrichtung der Gegenwart, dem Internet, und wundern uns dann auch noch, dass diese plötzlich keine "Europäischen Werte" enthält?

Europa hat in den 1960er Jahren beschlossen, dass es nicht sein kann, dass Passagiere nur mit amerikanischen Flugzeugen transportiert werden können. Heraus kam Airbus. Europa wollte auch nicht länger von amerikanischen GPS abhängig sein, heraus kam - gegen den Willen der USA - das Projekt Galileo, das ab 2014 eine noch genauere Ortung als das mittlerweile veraltete GPS zulassen wird. Europa könnte in einem ähnlich visionären Schritt eine neue Computer- und Internet-Infrastruktur entwickeln, natürlich noch viel besser, als wir es uns heute vorstellen können. Und vielleicht auch gleich in einer Weise, die es erlaubt, gegen Kriminalität vorgehen zu können, ohne europäische Werte und demokratischen Grundsätze mit Füßen zu treten. Ein solches Projekt wäre ein gigantischer Wirtschaftsimpuls für Europa, das know how ist entweder vorhanden oder entwickelbar – Europa baut ja auch einen Large Hadron Collider – und ein gewaltiger Markt ist sowieso gegeben.

Es ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen, sondern auch politisch überlebensnotwendig, denn freies Denken, Computer und Internet haben mehr miteinander zu tun, als die meisten vor dem Prism-Skandal vermuteten.

Und, ja: es mag schon sein, dass nicht nur die Amerikaner im Internet spionieren, sondern auch die Franzosen und Engländer, aber die Amerikaner haben dabei einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil: sie spionieren in einem System, das sie so sehr selbst gebaut haben, dass es ihnen praktisch zur Gänze gehört. Und dabei saugen sie nicht nur Daten, sondern auch gewaltige Summen von den Konsumenten aus Europa ab, ohne dass sie hier bisher durch besonders hohe Steuerzahlungen aufgefallen wären.

Ein Large-Hadron-Collider-Airbus-Galileo-Internet-Projekt ist groß. Das können nicht die Grünen, das kann auch nicht Österreich. Aber Europa könnte es können – genau jenes Europa, das viele arbeitslose Jugendliche hat und von dem es immer heißt, dass ihm ein Projekt fehlt.

Die neue Salzburger Regierung. Ein paar Gedanken zur Politik des Möglichen

In Salzburg gibts jetzt also eine Koalition aus ÖVP, Grünen und dem Team Stronach.

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Die Teilnahme des TS bringt uns (auch) viel Kritik ein.
Deswegen ein paar sehr grundsätzliche Gedanken zum Handwerk des Politischen am Beispiel Salzburg.

1. Astrid Rössler hat von Anfang an klargemacht, dass sie anderes wollte, nämlich schwarz-rot-grün. Dafür bedarf es auch der Zustimmung der anderen zwei Parteien, das hat sich, auch nach langem Bemühen, als unmöglich herausgestellt.

2. Alle, die jetzt die Teilnahme des Team Stronach kritisieren, mögen sich fragen, was die Alternative gewesen wäre.

3. Lustigerweise sind viele heftigen Kritiker der jetzt geschlossenen Koalition (vor allem aus der SPÖ) dieselben, die uns eine grüne Landeshauptfrau mit SPÖ und TS vorgeschlagen haben. Wie glaubwürdig ist das?

4. Denn bei Grün-Rot Stronach muß ich das Wahlergebnis in Erinnerung rufen.
Schwarz und Grün haben 18 Mandate, alle anderen zusammen auch. Das heisst: Gegen schwarz-grün gibt es keine Mehrheit.Die Erpressbarkeit durch nur einen Madatar von TS gibt es nicht.

5. Bei Grün-Rot-TS hätte man bei jedem Beschluss alle TS Mandatare gebraucht. Das hätte diese fragwürdige Partei weitaus stärker gemacht.

6. Den Grünen ist es gelungen, in Verhandlungen 3 Regierungsmitglieder durchzusetzen (3:3:1), d.h. die ÖVP hat entgegen ihrem erklärten Ziel, keine absolute Mehrheit in der Landesregierung.Also ist deren politischer Spielraum begrenzt worden.

bleibt 7. Was wäre die bessere Alternative angesichts des bestehenden Wahlergebnisses aus Sicht der Grünen?
Das tät mich wirklich interessieren.

Im Übrigen wird wesentlich sein, was genau umgesetzt wird. Da lohnt es jedenfalls, den ausgehandelten Koalitionspakt zu lesen.

Wr. Gemeinderat fasst Grundsatzbeschluss zum Radfahren

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Heute fasst der Wiener Gemeinderat zum ersten Mal einen Grundsatzbeschluss zu Radfahren.
Damit sollen politische Voraussetzungen geschaffen werden, um die so notwendige Verkehrswende voranzutreiben und mithelfen, den Radverkehr in Wien zu verdoppeln.

Hier einfach im Volltext:

Beschluss- (Resolutions-) Antrag

der GemeinderätInnen Mag. Christoph Chorherr, Mag. Rüdiger Maresch, Maga Martina Wurzer, Dr.in Jennifer Kickert und FreundInnen (GRÜNE) sowie Gerhard Kubik, Susanne Bluma, Siegi Lindenmayr und GenossInnen (SPÖ)
eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 22.5.2013 in der Debatte zur Mitteilung zum Thema „Radfahren in Wien“

betreffend Grundsatzbeschluss Radfahren in Wien


1. Präambel
Die Stadt Wien bekennt sich zu nachhaltiger Mobilität. Die Anteile von Gehen, Radfahren und Öffentlichem Verkehr an den Wegen der Wienerinnen und Wiener sind deshalb zu stärken.
Basis der Mobilität in Wien ist das Zufußgehen. Kurze Wege in der Stadt und zu den öffentlichen Verkehrsmitteln sind das Ziel.
Wien ist eine der weltweit führenden Städte beim Öffentlichen Verkehr. Im Jahr 2012 lag der Anteil an den Alltagswegen der Wienerinnen und Wiener bei 39 Prozent.
In der Regierungsvereinbarung wurde festgehalten, dass der Anteil des Radverkehrs von fünf auf zehn Prozent verdoppelt werden soll. Mit dem RadJahr 2013 setzt Wien einen kräftigen Impuls für das Radfahren im urbanen Raum. Im Juni findet die internationale Konferenz Velo-city in Wien statt.
Das Rad gewinnt als Verkehrsmittel stetig an Bedeutung. Immer mehr Menschen erkennen die Vorteile des Radfahrens im Alltag: Radfahren nutzt der Gesundheit, es ist möglich, zügig ans Ziel zu kommen, und es spart Geld. Langwierige Parkplatzsuche entfällt und Parkgebühren fallen keine an. In Zeiten steigender Treibstoffpreise ist der Umstieg aufs Rad mehrfach sinnvoll.
Werden die gesellschaftlichen Kosten und Nutzen von Gesundheitseffekten, Lärm- und Schadstoffbelastung sowie Unfällen zusammengerechnet, so zeigt sich, dass Wien vom Radfahren stark profitiert. Für den Wiener Stadtverkehr ergibt sich ein gesellschaftlicher Nutzen durch Radfahren von rund 81 Eurocent pro Kilometer, beim Pkw entstehen gesellschaftliche Kosten von vier Eurocent pro Kilometer. (Trunk Gregor, Gesamtwirtschaftlicher Vergleich von Pkw- und Radverkehr, Univ. für Bodenkultur, 2010)
Aus diesen gesellschaftlichen Nutzen finanzieller und gesundheitlicher Natur resultiert eine Verantwortung für Wiens Stadtverwaltung und Gemeinderat, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, das Umsteigen vom Kfz aufs Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel zu fördern und durch geeignete Mittel zu steuern. Es wird daher dieser Grundsatzbeschluss getroffen.

2. Das Rad, ein internationaler Trend
Städte wie Kopenhagen, München oder Salzburg haben in den vergangen Jahrzehnten eine bewusst fahrradfreundliche Politik verfolgt und den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr dadurch signifikant gehoben. Mehr Radverkehr hebt insgesamt die Lebensqualität in den Städten. Fahrräder produzieren keine Abgase, sind leise, benötigen im Vergleich zum Pkw deutlich weniger Verkehrs- und Abstellflächen und verursachen damit deutlich geringere Infrastrukturkosten. Verstärkte Benutzung des Fahrrades kann und soll auch in Wien das an seine Kapazitätsgrenzen gelangte städtische Straßennetz entlasten und mehr Raum für Menschen schaffen.


3. Das Ziel: Zehn Prozent und mehr Radverkehrsanteil in Wien
Auch in Wien wurden und werden die Vorteile des Radverkehrs für die Stadt erkannt. Lange betrug der Radverkehrsanteil an der Verkehrsmittelwahl rund drei Prozent, seit dem Jahr 2006 steigt der Anteil signifikant an und lag im Jahr 2012 bei rund sechs Prozent. Immer mehr Radfahrerinnen und Radfahrer prägen das Stadtbild.
Das Wiener Radwegenetz wurde ab dem Jahr 1994 ausgebaut, derzeit sind mehr als 1.220 Kilometer in Funktion. Bis heute wurden zirka 30.000 Rad-Abstellanlagen realisiert. Die Stadt fördert auch die Errichtung von Fahrradabstellplätzen auf privatem und öffentlichem Grund. Ein Leihradsystem wurde aufgebaut. Derzeit können an mehr als 100 Citybike-Stationen rund 1.300 Fahrräder entliehen werden. 
Nun sollen weitere Maßnahmen gesetzt werden, um an Städte mit hohem Radverkehrsanteil anzuschließen. Ein zentrales Ziel ist es, den Radverkehrsanteil bis zum Jahr 2015 durch ein Bündel an Maßnahmen auf zehn Prozent zu heben. Darüber hinaus wird eine weitere Steigerung des Radfahrens in Wien angestrebt.

4. Zielerreichung durch Miteinander
Das Ziel den Radverkehrsanteil zu heben, bedeutet auch geänderte Prioritäten bei der Stadt- und Verkehrsplanung und der Aufteilung des öffentlichen Raumes. Sowohl im Verkehrsalltag, als auch in Planungsprozessen steht deshalb eine Kultur des Miteinanders, wie etwa die die Rücksicht von und gegenüber FußgängerInnen, RadfaherInnen und AutofahrerInnen, im Fokus. Die Vertreterinnen und Vertreter der Wiener Bezirke, der Politik, der Verwaltung, von Interessenvertretungen, NGOs und der Wirtschaft arbeiten gemeinsam am erklärten Ziel von mehr Lebensqualität durch die Erhöhung des Radverkehrsanteils. Das Ziel wird sowohl durch Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur, als auch durch Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit erreicht.

5. Mehr Radfahren durch verbesserte Infrastruktur
Um die klimapolitisch, verkehrspolitisch, gesundheitspolitisch und auch sozialpolitisch wichtige Steigerung des Radverkehrsanteils zu erreichen, braucht es konkrete Planungs- und Umsetzungsschritte.
Potenziellen Radfahrerinnen und Radfahrern gilt es, auch ein subjektives Gefühl der Sicherheit beim Radfahren zu vermitteln. Dies erfolgt durch breite, von der Kfz-Fahrbahn getrennte, gut gekennzeichnete Radwege, Radstreifen und Radrouten.
Wichtige, radial und tangential verlaufende Radhauptrouten und Langstreckenverbindungen bzw. eigene fahrradfreundliche Straßen/Fahrradstraßen – mit hoher Qualität und Vorrang für den Radverkehr – sind zu definieren und prioritär auszubauen.
Das rasch gewachsene Wiener Radwegenetz wird laufend erweitert und qualitativ verbessert. Lückenschlüssen und der Beseitigung von Eng- und Gefahrenstellen, insbesondere bei Kreuzungen, kommt hohe Priorität zu.
Radfahren in Wien ist im Vergleich zu anderen Arten der Fortbewegung sicher. Um die Sicherheit und Attraktivität weiter zu erhöhen, werden insbesondere Schienenstraßen sukzessive fahrradfreundlich gestaltet.
Radwege sind besonders wichtig, um weniger Geübte, Kinder, Seniorinnen und Senioren zum Radfahren einzuladen. Begleitend wird, wo das sinnvoll und sicher ist, die Benützungspflicht von Radwegen aufgehoben. Im Sinne eines gedeihlichen Miteinanders und eines flüssigen Verkehrs ist es ebenso sinnvoll, manche Vorgaben der StVO in Komptenz des Bundes, wie etwa die „absolute Wartepflicht“ bei Ende eines Radweges und Sondervorrangregeln, aufzuheben sowie an die veränderten Anforderungen anzupassen. Dafür wird sich die Stadt Wien beim Bund einsetzen.

Radfahrerinnen und Radfahrer werden bei der Steuerung der Ampelphasen in Wien bereits heute mitberücksichtigt. Der Radverkehr soll künftig durch verbesserte Ampelphasen weiter flüssiger gemacht werden. Insbesonders wird geprüft auf welchen Strecken eine Grüne Welle für Radfahrende nach Vorbild anderer Städte möglich ist und darauf folgend umgesetzt. Insbesondere wird geprüft, ob im Radwegenetz der Stadt Wien die Wartezeiten an Ampelanlagen reduziert werden können. Dies kann zum Beispeil durch die Reduktion von Anmeldedrucktasten (Druckknopfampel) erreicht werden.
Es sollen innovative Einrichtungen zur Information und zur Verkehrssteuerung eingesetzt werden, welche sich positiv auf die Verminderung von Reisezeiten für Radfahrerinnen und Radfahrer auswirken.
Hauptradwege werden im Winterdienst prioritär geräumt. Der Winterdienst wird punkto Radfahren weiter optimiert.
Das öffentliche Leihradsystem in Wien wird weiter verbessert und ausgebaut. Sowohl die Dichte der Stationen und die Ausweitung auf neue Stadtgebiete als auch die Qualität der Fahrräder und die leichte Zugänglichkeit stehen dabei im Mittelpunkt.

6. Mehr Sicherheit durch reduziertes Tempo im Kfz-Verkehr
Abseits der Hauptrouten des Kfz-Verkehrs wird das Radfahren im Mischverkehr komfortabler und noch sicherer gemacht. Das bereits häufig erlaubte Radfahren gegen die Einbahn wird in weiteren Straßenzügen gestattet und wird in Tempo-30-Straßen zur Regel. Weitere Radrouten, etwa quer durch die Innere Stadt, werden ermöglicht, um Radfahren durch kurze Strecken attraktiv zu machen.
Die höchstmögliche Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer steht im Zentrum der Wiener Verkehrspolitik. Die Erweiterung von Tempo-30 im Stadtgebiet ist eine wichtige Maßnahme, um den Verkehr in Wien noch sicherer zu machen. Ziel ist eine möglichst flächendeckende Verkehrsberuhigung, die neben Gehen und Öffentlichem Verkehr auch das Radfahren sicherer und attraktiver macht.

7. Fahrradbügel und Radgaragen als Schutz vor Diebstahl
Nicht nur die Sicherheit des fließenden Verkehrs, auch die Sicherheit vor Fahrraddiebstählen ist zu heben. Neue Abstellanlagen, besonders im Bereich von Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden, Einkaufszentren und anderen häufig frequentierten Orten werden errichtet. Fahrradgaragen und Fahrradboxen werden an Kontenpunkten des öffentlichen Verkehrs realisiert. In Absprache mit der Exekutive werden Maßnahmen gegen den Fahrraddiebstahl ergriffen.
Wegweisend ist das Projekt „Bike&Buy“, das in Kooperation mit der Stadt Wien realisiert wurde. Bei 115 Supermarkt-Filialen wurden insgesamt 600 Radstellplätze errichtet. Eine Ausweitung derartiger Konzepte wird durch die Stadt Wien vorangetrieben und unterstützt.
Am Wiener Hauptbahnhof wird eine Fahrradstation mit der Möglichkeit, Fahrräder diebstahlsicher und wettergeschützt abzustellen errichtet.

8. Wechselseitige Ergänzung Öffentlicher Verkehr und Fahrrad
Der ausgezeichnete Öffentliche Verkehr in Wien und die Größe der Stadt bieten optimale Voraussetzungen für Bike&Ride, also der Kombination von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad. Das Rad soll in Stadtrand- und Stadterweiterungsgebieten als Zubringer zu öffentlichen Verkehrsmitteln eine wichtige Rolle spielen. Für qualitativ und quantitativ ausreichende Stellplätze an den Haltestellen wird Vorsorge getroffen.

An den wichtigsten Bahnhöfen Wiens werden als zusätzliches Angebot Fahrradgaragen bzw. Fahrradboxen errichtet.
Ein Zeichen für eine bereits funktionierende Kooperation von Rad- und Öffentlichem Verkehr ist die erfolgte Öffnung von einigen Busspuren für Radfahrerinnen und Radfahrer. Weitere Busspuren sollen folgen.

9. Wegweisende Beschilderung und Routenplanung
Wichtig für die Orientierung der Radfahrerinnen und Radfahrer ist eine gut sichtbare Beschilderung der Radinfrastruktur. Die bereits vorhandenen grünen Radwegweiser werden optimiert bzw. durch eine Radroutenkennzeichnung ersetzt, um die oft in Nebenstraßen verlaufenden Radrouten besser auffindbar zu machen. Bereits existierende, gut funktionierende Internet-Radrouten-Finder (z.B. anachb.at) werden weiterentwickelt.

10. Fahrradfreundliche Stadtplanung, radfreundlicher Wohnungsbau
Radfahren hat in den vergangenen Monaten und Jahren in Wien einen deutlichen Aufschwung genommen. Um diesen erfreulichen Trend auch in die Zukunft fortzuschreiben, wird bei der Planung von neuen Wohnbauten, Wohnsiedlungen und Stadtvierteln eine einladende und komfortable Radinfrastruktur mitgedacht. Nicht nur gute Radwege sind wichtig, sondern vor allem auch diebstahlsichere Radabstellräume bzw. überdachte Radabstellplätze in genügend großer Zahl und Qualität. Für Gründerzeitviertel werden Konzepte entwickelt und umgesetzt, um Fahrräder sicher abstellen zu können, etwa die Errichtung von Anrainer-Radgaragen in leer stehenden Geschäftslokalen oder auch Fahrradboxen im öffentlichen Raum.
Bereits realisierte internationale Vorzeigeprojekte sind die „Autofreie Siedlung“ und das Wohnprojekt „Bike City“ mit besonders radfreundlicher Architektur und Ausgestaltung. Weitere derartige Vorzeigeprojekte sind erstrebenswert. Positive Erfahrungen der Pilotprojekte fließen in den Standard-Wohnbau ein. Bei der Planung neuer Stadtgebiete haben fahrradfreundliche Strukturen hohe Priorität.
Garagierungsgesetze, die Bauordnung bzw. die Wohnbauförderung werden geändert, um das Fahrrad noch besser in den Wohnbau zu integrieren und verbesserte, ausreichende und leicht zugängliche Abstellmöglichkeiten als Standard zu gewährleisten.

11. Radmarketing und Erschließung neuer Zielgruppen
Ob jemand mit dem Fahrrad im Alltag fährt, ist auch Gewohnheit und Einstellungssache. Breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit wird von der Stadt Wien für Radfahren durchgeführt. Veranstaltungen sowie Aktionen wie "Wien radelt zur Arbeit" oder "Mit dem Rad in den Sommer" werden schrittweise ausgeweitet und weiterentwickelt. Unternehmen sollen aktiviert werden, Maßnahmen zu setzen, damit Mitarbeitende mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen.
Oft fehlt es der Bevölkerung noch an Informationen, dies soll geändert werden. Prominente Vorbilder sollen das positive, clevere Image des Verkehrsmittels Rad weiter stärken. Dadurch sind auch neue Zielgruppen anzusprechen: Das Rad ist für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen, wie auch Menschen mit Migrationshintergrund eine mögliche Mobilitätsalternative zum Pkw. Schwerpunktkampagnen zum Radfahren werden durchgeführt. Mit dem Radverkehrsbeauftragten und den Mitarbeitenden der Mobilitätsagentur gibt es Personen, die für Marketing und für Mobilitätsmanagement zum Radfahren in der Stadt zuständig sind, sowie Expertise einbringen.


12. Im Fokus: Jung und Alt
Bewegungsarmut und damit verbundenes Übergewicht ist ein erkanntes Problem unter vielen Kindern und Jugendlichen. Radfahren wäre für viele von ihnen eine kostengünstige, vergnügliche und sinnvolle Alternative zu Indooraktivitäten wie Computerspielen. Radfahrkurse für Schulkinder, Radfahrprüfungen, Radexkursionen, Radtage, Radwochen – ähnlich wie Skikurse – sind einfache, aber langfristig wirksame Mittel, das Verkehrsmittel Rad auch unter der jüngeren Generation verstärkt zu etablieren und damit den Radverkehrsanteil langfristig zu heben. Das Erlernen von Radfahrkompetenz soll verstärkt in Kindergärten und Schulen integriert werden.
Auch ältere Menschen bleiben gesund und beweglich, wenn sie regelmäßig Rad fahren. Die Stadt Wien wird ihnen über gezielte Infomaßnahmen dabei helfen, das Rad als Verkehrs- wie als Freizeitgerät neu zu entdecken. Durch Innovationen wie Elektrofahrräder werden zusätzlich neue Gruppen von Radfahrern mobilisiert.

13. Zusätzliche Geldmittel in Zeiten knapper Budgets
Zusätzlicher Radverkehr kann und wird dabei helfen, die großen innerstädtischen Verkehrsprobleme zu lösen. Zunehmender Radverkehr benötigt aber auch zusätzliches Geld. Insbesondere im Dialog mit oft noch skeptischen bzw. verunsicherten Bevölkerungsteilen sind personelle wie finanzielle Anstrengungen nötig – Anstrengungen, die sich jedoch für die Stadt insgesamt sehr bald „rechnen“ werden und der Stadtverwaltung dabei helfen, an anderen Stellen, insbesondere im Gesundheitsbereich und bei kostenintensiver Infrastruktur zu sparen.

14. Schlussbemerkungen und Umsetzung
Wien stellt sich den Herausforderungen, die mit der Weiterentwicklung der Verkehrspolitik in Richtung fahrradfreundliche Stadt verbunden sind. Ziel ist, dass diese Neuorientierung in einem Dialog mit der Bevölkerung gelingen soll. Kooperationen mit der Wirtschaft und den Betreibern Öffentlicher Verkehrsmittel werden angestrebt.

Die gefertigten GemeinderätInnen stellen daher gemäß § 27 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden


Beschluss- (Resolutions-) Antrag
Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass der Magistrat folgende Maßnahmen unter Einbeziehung der jeweiligen Bezirke mit hoher Priorität verfolgen möge:
Schließung von Lücken im Radwegnetz sowie Errichtung von Radwegen entlang von Straßen mit starkem Kfz-Verkehr
Möglichst flächendeckende Öffnung von Einbahnen für Radfahrende unter Berücksichtigung der Interessen des Öffentlichen Verkehrs
Planung, Entwicklung und Umsetzung von hochrangigen städtischen Fahrrad-Langstreckenverbindungen mit definierten Qualitätsstandards an die Infrastruktur
Schaffung eines Beschilderungs- und Markierungssystems für hochrangige bzw. wichtige Radverbindungen (Langstreckenverbindungen, City-Durchfahrten,…)
Ausweitung und Weiterentwicklung des öffentlichen Leihradsystems hinsichtlich Standortdichte, Fuhrpark, Zugänglichkeit und neuer Gebiete
Aufhebung der Benützungspflicht von Radwegen wo dies die Verkehrssicherheit zulässt
Einrichtung von Fahrradstraßen

Mobilitätsmanagement zum Radfahren innerhalb der Stellen der Stadt Wien („Fahrradfreundlicher Magistrat“)
Erleichterung des Radfahrens in Schienenstraßen (bspw. befahrbare Haltestellenkaps bei ausreichenden Platzverhältnissen) sowie Schaffung sogenannter vorgezogener Haltelinien für Radfahren.
Ausbau von Abstellanlagen auf öffentlichem Grund sowie Verbesserung der Integration von Fahrradabstellanlagen im Wohnbau und bei bestehenden Wohnbauten
Verbesserung der Ampelschaltungen für Radfahrende unter Berücksichtigung der Interessen des Öffentlichen Verkehrs.

Wien, am 22. Mai 2013

Radfahren am Getreidemarkt

Wir haben den Vorschlag gemacht, den 2er-Linienradstreifen am Getreidemarkt weiterzuführen.
Daraufhin gab und gibt es sehr viel Kritik.
z.B. hier auf unsere Wiener Grünen Facebookpage
Oder hier im Standard-Forum.
Ich gestehe: Die Heftigkeit der Kritik hat mich überrascht.
Drum jetzt ein bisschen ausführlicher das Problem und wie diese Lösung entstand.
Die 2er-Linie ist eine wichtige Tangentialverbindung, die auch von Radfahrer/innen stark und immer stärker benutzt wird.
An normalen Tagen sind es Tausende.
Über weite Strecken ist der Radweg ausgebaut:

2erlinie
auf vielen Fotos ist wenig bis kein (Rad-) Verkehr zu sehen. Grund: Fotos wurden von mir sehr zeitig Sonntag Früh gemacht.

Fährt man Richtung Karlsplatz-TU, so endet der Radstreifen:

getrmarkt

Das bedeutet jetzt für sehr viele Radfahrer/innen, die geradeaus Richtung Operngasse, Karlsplatz, TU oder weiter wollen: Ungeschützt zwei Spuren nach links kreuzen, da es zwei Abbiegespuren nach rechts in die Wienzeile gibt.

Deswegen wurde als Vorschlag eine Lösung gewählt, die es sicher und weitgehend akzeptiert an verschiedenen Stellen der Stadt gibt.
z.B. hier am anderen Ende des 2er-Linienradwegs:

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Hier wird man über eine Spur in die Mitte geführt, um geradeaus weiterfahren zu können, und nicht von den rechts abbiegenden Autos gefährdet zu werden.

Genau diese Lösung sollte, so der Plan, auch am Getreidemarkt realisiert werden, und zwar so:

getreidemarkt1
vergrößern? anklicken!

Was ist (aus unserer Sicht) der Vorteil dieser Maßname?
Derzeit ist die ungeschützte Querung von zwei Spuren, no sagen wir einmal: Nicht ganz fahrradfreundlich.
Durch diese rot markierten 1,5 m breiten Streifen ist klar signalisiert: Geradeausfahrende Radfahrer/innen haben dort Vorrang, Autofahrende müssen mit ihnen rechnen.
Hunderte Male bin ich über diese "Querung" beim Landesgericht gefahren, immer passen Autofahrer/innen sehr auf.
Weil sie mit Radfahrenden rechnen.
Zugegeben: Beim Getreidemarkt geht es bergab, auch Radfahrer/innen fahren dort schneller.
Wir glaubten: Das wäre eine Verbesserung.
Natürlich gäbe es aus Sicht von Radfahrenden deutlich bessere Maßnahmen: Eine Spur weniger für Autos, eine ganze fürs Rad z.B.
Aber in diese Richtung ist die gesamte 2er-Linie dreispurig, Veränderungen müssen politisch zwischen den Koalitionspartnern, den betroffenen Bezirken etc. verhandelt werden, ich schätze einmal: Für eine Verengung auf zwei Spuren am Getreidemarkt gibt es nicht so leicht eine politische Unterstützung.

Wie jetzt weiter?
Wird dieser unser Vorschlag jetzt einfach durchgezogen?
Natürlich nicht.
Natürlich gibt uns die teilweise sehr heftige Kritik zu denken.
Die Maßnahme soll die Situation der Radfahrer/innen verbessern. Wenn eine große Gruppe von Radfahrenden das offensichtlich nicht will, gilt es zumindest nochmals gründlich nachzudenken und den Dialog u.a. mit Radfahr-Organisationen suchen, um zu einer Verbesserung zu kommen, die auch als solche gesehen wird.
Insofern freuen wir uns über konkrete Vorschläge, wie dort (eine politisch durchsetzbare) Lösung aussehen kann.
Abschliessend noch eine kurze Anmerkung zum Stil (nicht nur) dieser Kritik.
Es ist legitim und verständlich, wenn man einen technischen Vorschlag zum Ausbau der Radinfrastruktur kritisiert oder ablehnt.
Was ich aber nicht verstehe: Warum muss mit Beschimpfung, Unterstellung und Beleidigung passieren?
Bin ich noch immer ein naiver Träumer, der glaubt, man könne von Sachargumenten getragen, die jeweils bestmögliche Lösung finden?
Hat das auch mit der Geschwindigkeit von "social-media" zu tun, das ohne Empörung wenig läuft?
Kein Missverständnis: Ich halte diesen Ton schon aus. Gehört heute offensichtlich dazu. Wundern möchte ich mich aber darüber noch immer, und zumindest meinen Blog nutzen, um diese Beobachtung zu teilen.
PS:
Noch eine Beobachtung.
Bei der Pressekonferenz wurde ich gefragt, was diese Maßnahme kostet.
Ich wollte und konnte diese Frage nicht genau beantworten, da die Kosten einerseits sehr gering sind (wahrscheinlich 5-stellig). Es müssen "nur" alle bestehenden Bodenmarkierungen entfernt, neue Bodenmarkierungen samt Radstreifen neu aufgetragen werden, und einige Schilder (Siehe Bild oben) neu aufgestellt werden.
Je geringer eine Summe, desto höher die mögliche prozentuelle Abweichung bei Realisierung.
Da auch die konkrete Ortsverhandlung noch nicht abgehalten wurde, die möglicherweise noch ergänzende (Sicherheits-) Maßnahmen vorschreibt wollte ich nach vielen Nachfragen bloß einen Rahmen angeben. So sagte ich: Wahrscheinlich unter 100 000 Euro, aber maximal (man weiss je nie) 200 000.
In einem Boulvardblatt stand dann glatt: "Luxusradweg um 200 000 Euro.
Soviel zum Thema mediale Kommunikation.
Und jetzt auf zur bestmöglichen Lösung des Getreidemarktes!

Wichtige Grafik!

Wer das nächste Mal Prognosen der viel zitierten IEA (International Energy Agency) liest, sollte sich an diese Grafik erinnern.
Hier die IEA Ölpreisprognosen und deren Überprüfung an der wirkliche Entwicklung.

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vergrössern? anklicken?

Eigentlich unglaublich: Sie haben fast immer angenommen, daß der Ölpreis in etwa dort bleiben wird, wo er gerade ist.
Als würde man das Wetter der nächsten Tage so vorhersagen, wie es im Moment gerade ist.

Conclusio:
1.) Zukunft ist immer unsicher. Wirtschaftsprognosen über längere Zeiträume sind unmöglch.
2.) Deswegen sollten alle Wirtschafts- Energie-Aktien-etc. preisprognosen mit allergrößter Skepsis gelesen werden.
3.) "Prognostiker" sollten immer ihre eigenen Vorhersagen vorgelegt bekommen. Das wäre ein lohnendes Feld u.a. für Wirtschaftsjournalist/innen

Vom Ende des Naturschutzes

Das ist ein wichtiger Artikel in der FAZ.
Mit dem Grundgedanken sollten (nicht nur) wir Grüne uns befassen. Auch wenn es schwerfallen mag.
Einige kurze Zitate daraus:

Wir haben als Weltgärtner die Natur für immer verändert: Die Bewegung der Novel Ecology plädiert daher für den Abschied vom rein konservierenden Naturschutz.
...
Die Vision einer unberührten Wildnis prägt bis heute unser Verständnis der Natur - und des Naturschutzes, der darauf gerichtet ist, sie zu bewahren. Doch wir sollten aufhören, uns etwas vorzumachen, so die „Nature“-Journalistin Emma Marris, unberührte Natur gibt es nicht mehr. Ohne es zu wollen und vor allem ohne zu übersehen, was das bedeutet, sind wir längst zu Gärtnern der ganzen Welt geworden.
...
Auch wenn die unberührte Natur eine Illusion geworden sei, könne die historische Natur noch immer eine wertvolle Orientierungsmarke sein, um neu auftretende Prozesse zu erkennen und zu verstehen. Letzte Grenzen dessen, was ein Ökosystem ertragen kann, müssten formuliert und dürften nicht überschritten werden. Erhaltungsbemühungen sollten sich an der Resilienz eines Systems orientieren, daran, wie seine Fähigkeit, mit aktuellen und zukünftigen Veränderungen und Störungen zurechtzukommen, am besten erhalten werden kann. Und das Management eines Ökosystems sollte von den Werten bestimmt werden, die es für die Betroffenen hat: die materiellen Werte genutzter Rohstoffe, Leistungen wie das Filtern des Wassers, das Festhalten des Bodens, das Bestäuben der Obstbäume, aber auch die kulturellen oder religiösen Werte, die ein Ökosystem für eine Gesellschaft oder Gruppe haben mag.

...
den ganzen Artikel lesen lohnt!

Wie wollen wir unseren Lebensraum, die "Landschaft", in der wir und unsere Nachkommen ein gutes Leben verbringen können gestalten?
Das ist die zentrale schwierige Frage, die sich der Mensch, die Menschheit, die Politik stellen muß.
Die verantwortungsvolle Gestaltung von Natur im Zeitalter des Anthropozäns in wesentlicher Erweiterung eines bloß konservierenden Naturschutzes, nicht weniger ist zu leisten!
Wir müssen uns dem stellen, auch wenn es schwerfällt.

Wien wächst.Aber wie! Aber wie?

Im aktuellen falter: Ein Kommentar von mir zu Zielen unserer Stadtplanungspolitik.

Wien wächst. Aber wie! Aber wie?

1880 hatte Wien 1,1 Millionen Einwohner. 1919 bereits mehr als 2 Millionen. Gründerzeit nennt man heute diese legendäre Wachstumsperiode.
Die Bausubstanz der Gründerzeit prägt das Wiener Stadtbild und das Lebensgefühl bis heute. „Wien um 1900“ ist ein kultureller Mythos. Wien wurde zu einer kosmopolitischen Weltstadt. Es gab jedoch genauso brutale Schattenseiten: Armut und Ausbeutung, elende Lebensverhältnisse und massive Ungleichheit.
Es ist dem falter zu danken, mit der letztwöchigen Titelgeschichte darauf hinzuweisen, daß wir seit einigen Jahren wieder in so einer Gründerzeit leben.
Allein im letzten Jahr ist die Bevölkerung Wiens um exakt 24 255 Menschen angestiegen. Der langjährige Trend zeigt: Wien gehört zu den stärkst wachsenden Städten Europas.
Im Bewusstsein der Wiener Bevölkerung aber auch im Fokus vieler Medien ist diese Transformation aber noch nicht angekommen.
Denn die zentrale, so wichtige Frage wird viel zuwenig diskutiert: Wenn Wien in den nächsten knapp 20 Jahren die zweitgrößte "Stadt" Österreichs innerhalb der Wiener Stadtgrenzen baut, wie sieht sie aus? Wie lebt man dort? „Wie riecht es dort?“, um eine Formulierung zu verwenden, die über technische Parameter hinausweist.
Was für eine Art neuer Stadt wollen wir in Wien bauen, heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, gut 100 Jahre nach der ersten Gründerzeit?
Hier sei jetzt in erforderlicher Knappheit versucht, sowohl die Vision zu skizzieren, die dieses Stadtwachstum leiten sollen, aber, wichtiger noch auch ehrlich auf Hemmnisse verwiesen, die dieser Vision entgegenstehen.
Denn Politik heisst vor allem, diese zu überwinden.
Im Grunde knüpft die Vision an jenen Qualitäten an, welche große Teile der Gründerzeit heute auszeichnet: Dichte, vielfältige, durchmischte, umnutzbare Stadtteile, lebendige Erdgeschoßzonen. Ergänzt um das,, was in der Gründerzeit zu kurzu kam: wohnungsnahe Parks, sowie Plätze und Freiräume, die der Begegnung dienen und auch angenommen werden. Es lohnt, genauer hinzuschauen, was diese alte gründerzeitliche Bebauung „kann“, was ihre Kerneigenschaft ist. Sie wurde zu einer Zeit geplant, in der es kein Auto, kein Radio, kein Telefon, kein Internet gab. Das Leben damals war ein gänzlich anderes. Und trotzdem: Unser modernes Leben findet wunderbar „Raum“ in diesen Strukturen. Warum? Sie sind einfach umnutzbar, adaptierbar, veränderbar.
Was in der alten Gründerzeit heute eine Wohnung ist, kann morgen ein Büro, ein Kindergarten oder eine Arztpraxis sein. Wo gestern ein Papiergeschäft war, kann heute ein Architekturbüro und morgen ein kleines Restaurant „Raum“ finden.
Womit wir bei der zentralen Schwierigkeit moderner Stadtentwicklung sind. Es gibt ganz wenige Immobilienentwickler, die dies können und wollen: gemischte, veränderbare Häuser zu errichten. Schärfer: Es werden heute kaum mehr Häuser gebaut, sondern Büroimmobilien, Einkaufszentren oder Wohnsiedlungen. Die Hauptakteure des zurecht weltweit anerkannte Wiener Wohnbaus sind Wohnbaugenossenschaften, die das können und wollen, wie sie heißen: Wohnungen bauen, aber nicht vielfältig umnutzbare Häuser mit lebendigen Erdgeschosszonen.
Auch eine Flut von Normen, die je nach Nutzung völlig Unterschiedliches verlangen, hemmt einfache Umnutzbarkeit.
Und so sehen die meisten in den letzten Jahrzehnten errichteten Stadtteile weltweit aus: Hier Wohnsiedlungen, dort Bürodistrikte, da Gewerbegebiete, die jedem urbanen Gefühl Hohn sprechen: Statt lebendiger Straßen n ebenerdige Schachtel samt riesigem Parkplatz des einen Handelsriesen hier, Konkurrenten in ebenerdiger Schachteln samt ebenso riesigem Parkplatz gegenüber, ähnlich das anschließende Möbelhaus, die Tankstelle, sowie sonstiger „Handel“, der sich sich an den Stadträndern enorm platzverschwendend und autoorientiert ausbreitet.
So muss oft ein wichtiges Wort der Stadtplanung kurz sein, und „Nein“ heißen. Angesichts des finanziellen Interesses, der oft jahrzehntelang gut geölten Netzwerke ist dieses oft schwer durchzuhalten.
Ein gutgemeintes „Ja“ der Stadtplanung zu gemischten, nutzungsoffenen Stadtstrukturen nützt wiederum nichts, wenn es zu wenige Bauträger sowie die Finanzstrukturen gibt, die solches umzusetzen auch bereit und fähig sind.
Erschwerend kommt noch dazu: Der Druck vor allem Wohnraum zu schaffen ist angesichts des Bevölkerungswachstums groß. Neue Strukturen, und die Suche nach innovativen Akteuren, das braucht auch Zeit. Inzwischen steigen die Wohnungspreise, was wiederum viele aus finanziellen Gründen nach „Suburbia“ lockt, eine besonders unökonomische und teuere Form der Stadtentwicklung.
Schließlich noch: Es ist ein wichtiges Ziel, gerade im habsburgerisch obrigkeitsstaatlich geprägten Wien die Beteiligung der Bürger/innen an der Planung dieser wachsenden Stadt zu organisieren.
Verständlicherweise gibt es ganz wenige Menschen, die es bejubeln, dass vor ihrer Haustür, vor ihrem Fenster diese dichte neue Stadt gebaut wird. „Wieso hier?“, „Warum so dicht?“, oft auch grundsätzliche Ablehnung ist der Tenor vieler Anrainern. Das schwer aufzulösende Dilemma: Jene, die eine Wohnung suchen und die an diesem Standort in Zukunft wohnen werden sind, sind schwer einzubeziehen., weil man sie noch nicht kennt.
Aufgabe der Politik ist ein „Trotzdem“ und braucht zweierlei. Eine klare Vision und eine fantasievolle und manchmal auch listige Taktik, um all diese Hemmnisse zu überwinden.

Wiener Verkehrsverhalten ändert sich rapide!

Diese Zahlen sind (auch im internationalen Vergleich) wirklich mehr als beachtlich.
Seit zwei Jahren (für Insider: seit wir an der Regierung sind) steigt die Nutzung des Öffentliche Verkehrs besonders stark an. Ebenso der Radverkehr.
Der Anteil des Autos geht signifikant zurück.

Hier die erste Grafik, das "Schwanzerl" nach oben beachten :-):

grafik21
anschaun? anklicken!

(Sample der Erhebung: ca 5000, Auftraggeber Wr Linien)

Eine betriebswirtschaftliche Ergänzung: Trotz der deutlichen Senkung des Preises der Jahresnetzkarte sind die Einnahmen der Wr Linien um 5,7% gestiegen.
Vor allem weil heute der "Absatz" deutlich höher ist, in geringerem Ausmaß wegen der Steigerung der Preise fürs Einzelticket

Hier die prozentuellen Veränderungen seit 2010 (unserem Regierungseintritt):

Grafik11
anschaun? anklicken!

(der Fairness wegen sei darauf hingewiesen, dass die prozentuelle Steigerung beim Rad deswegen höher ist, weil die Ausgangsbasis natürlich deutlich geringer als beim ÖV ist)

Ich sehe vier Ursachen für diese tolle Entwicklung.
Für drei ist die Wiener Verkehrspolitik verantwortlich:

1.) Die Verbilligung der Jahreskarte: Diese hat zu einem Boom an neuverkauften Jahreskarten geführt.
(plus 125 000 auf eine halbe Million Nutzer von Jahresnetzkarten)

2.) Die Parkraumbewirtschaftung. Wenn heute in diesen Gebieten deutlich weniger Autos parken heißt das auch (und das ist messbar), dass weniger Autos fahren.

3.) Das grüne Verkehrsressort bemüht sich sehr, Radfahren attraktiver zu gestalten. Neue Radfahranlagen, Radstraßen, mehr Abstellplätze für Räder aber auch die Schaffung eines allgemeinen "Klimas", das Radverkehr als urbane Alternative fördert.

4.) Es gibt einen europaweiten Trend in sehr vielen Städten in diese Richtung (Rad und Öffinutzung steigt, Autoverkehr stagniert oder geht zurück) , der schon lange hohe Benzinpreis, und ein genereller Imageverlust des Autos ist sicher auch eine wichtige Ursache.

Conclusio:
Dem Ziel grüner Verkehrspolitik sind wir deutlich näher gekommen.
Niemals haben wir geglaubt, dass das ohne Konflikte gehen wird.
Jetzt warten große Aufgaben:
+) Dem Fußgänger"verkehr" muss deutlich mehr Beachtung geschenkt werden
+) Teilweise bereits an Belastungsgrenzen stoßende öffentliche Verkehrsmittel müssen ausgebaut und verdichtet werden.
+) Auch beim Radverkehr wird es gerade heuer, im Radjahr, viele Verbesserungen geben.
Gelernt haben wir: Auch trotz beträchtlichem Gegenwind u.a. vom Zeitungsboulevard lohnt es sich, für die eigenen politischen Ziele zu streiten.

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