Meine erste Analyse
von cc am 17.10.2017
3,8%.
Östereichweit Zweidrittel unserer Wähler/innen verloren.
Nach 31 Jahren aus dem Parlament herausgewählt.
Debakel ist ein Hilfsausdruck.
Ich habe Schlimmes befürchtet.
Mein interner Wahltip war 5,7%.
Mir war klar, dass wir verlieren werden.
Dass es so schlimm kommt nicht.
Seit Sonntag wechseln sich Wut, Enttäuschung und grosse Traurigkeit ab.
Gestern und heute hab ich etwas getan, was ich noch nie gemacht habe.
Diverse interviews abgelehnt.
Denn was hätte ich auf all die erwartbaren Fragen nach dem „Warum?“ und „wie jetzt weiter?“ viel anderes sagen können, als „Ich weiss es nicht“.
Gleichzeitig rattert der Kopf.
Gefühle zuzulassen und nicht wegzudrücken ist wichtig, sonst wird man ein Politzombie und Politphrasendrescher wie es viele gibt.
Aber nach zweimal (sehr schlecht) schlafen kann und will ich mich nicht weiter verstecken.
Denn es hat nicht dieser vernichtenden Wahlniederlage bedurft, um zu sehen und zu hören, dass vieles nicht gut läuft.
Dass viele Wähler/innen enttäuscht sind.
Jetzt versuche ich im Schreiben, das ich immer schon sehr geschätzt habe, mein Denken zu präzisieren, den Gründen nachzuspüren und erste Wege aufzuzeigen, die wir überlegen sollten.
Ich möchte gleich einschränken:
Das ist meine Analyse.
Es gibt sicherlich auch andere.
Wir sollten aber die bittere Tatsache, dass es uns jetzt nicht mehr als parlamentarische Vertretung auf Bundesebe gibt, nutzen, um gut nachzudenken und dort, wo es notwendig ist, tiefgreifend umgestalten.
Die hier angeführten Punkte mögen den Beginn einer Diskussion darstellen.
Sie sind weder vollständig, noch stellt die Reihenfolge eine Priorität dar.
1.) Zeit- dafür radikal
Auch wenn Wähler/innen wie Medien jetzt schnelle Antworten wollen. Die gibt es nicht. Wir sollen uns die notwendige Zeit nehmen.
Die nächsten Wahlen auf Bundesebene findet im Mai 2019 statt. Die Europawahl.
Bis dahin sollte wir erst grundsätzlich (und sicher schmerzhaft) das aufzählen, was 2/3 der Wähler/innen verjagt hat, dann die notwendigen, ich glaube auch radikalen (an die Wurzel gehenden) Veränderungen vornehmen.
Also: Jetzt brauchen wir keine Schnellschüsse
2.) Unsere Inhalte
Das kann ich kurz halten: unsere zwei Eckpunkte stehen fest. Bei allen Grünen weltweit:
Die Klimakrise als total unterschätzte globale Bedrohung,.
Die Notwendigkeit in kürzester Zeit aus der Fossilwirtschaft in eine erneuerbare umzusteigen.
Sowie als 2. Säule: Eine gerechtere faire Verteilung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen.
Ausserdem: Fairness zwischen Mann und Frau (von der wir noch immer weit entfernt sind) sowie Verteidigung und Ausbau einer offenen Gesellschaft.
Inhaltlich gilt es zu präzisieren, in Details abzustimmen, aber kurz: Die grüne Programmatik ist nicht unser Problem. Und das ist schon viel
Aber
3.) Diese Kritik begegnet mir oft, sehr oft:
Und da hat einen wahren Kern.
Wir könnten, und ich glaube wir sollten ein paar uralte Tugenden in unserem politischen Diskurs neu beleben.
V.a. Respekt.
Wenn jemand nicht unsere Meinungen, unsere Positionen teilt kann ein Gespräch auch uns weiterbringen.Weil wir etwas dazulernen können.
Weil viele Menschen wie auch wir mit Widersprüchen leben.
Weil der Kompromiss, und nicht der Sieg über den anderen den Kern einer freien demokratie ausmacht.
Denn Hand aufs Herz: Auch wir haben schon paar mal ziemlich geirrt.
Auch ich.
Was bei diesen „Stilfragen“ jedenfalls weiterhilft: Neugier statt Belehrung.
4.) Die innerparteiliche Kontroverse ist ebenso schwierig wie notwendig
Gerade um unseren Außenauftritt klarer und wiedererkennbar zu machen, was in den letzten Jahren auch gelungen ist, wurde in einem wesentlichen Punkt übers Ziel hinausgeschossen.
„Nur kein Streit!“ Damit wurden auch notwendige öffentliche Klärungen unterbunden.
Aber genau das macht eine Demokratie lebendig, und sollte gerade bei uns Grünen kultiviert werden.
Um eine Position in einer gesellschaftlich relevanten Frage zu erringen, kann und muss in der Sache „gestritten“ werden. Zwei schwierige Zusätze: Ein hohes Maß an Respekt und Wertschätzung ist in so einer Debatte hilfreich, ja unabdingbar. Außerdem: Es mag passieren, dass medial wieder ein „grüner Streit“ daraus konstruiert wird. Das müssen wir aushalten.
Gerade jetzt, in dieser so schwierigen Situation für uns, müssen wir Kontroversen aushalten: Denn es geht ja um nichts weniger als die Frage, was die Grünen in Zukunft sein wollen.
5.) Öffnung
Jetzt sind sehr viele, ich glaube sehr viele tausende Wähler/innen aber auch diesmal „nicht mehr Wähler/innen“ betroffen. Die Grünen raus aus dem Parlament? Das haben sie nicht gewollt.
Es muss uns gelingen zeitgemässe Formen der Mitarbeit, der Mitgestaltung zu entwickeln und anzubieten.
Ich formulier es schärfer: „Nur“ wir grünen Mandatare und Funktionär/innen in Parteigremien allein werden das nicht schaffen.
Wir sind einst aus vielfältigen Bürgerinitiativen entstanden.
Viele wollen sich engagieren, für „grüne Inhalte“, und wenn wir spannende Formate anbieten auch für die Grünen als Partei.
Hier geht’s um Experimente. Die sollen wir rasch entwickeln und anbieten.
6.) Welche Partei wollen wir?
Jetzt wird’s ganz schwierig.
„Politische Partei“. das ist eine politische Einheit, die im 19. Jahrhundert gross geworden ist.
In einer Zeit, wo es kein Telefon, kein Radio, kein Fernsehn und schon gar kein Handy oder Internet gab.
Die Idee dahinter: Stellvertretend für die Gesellschaft wird innerparteilich eine Diskussion geführt, und dann durch die Mandatare umgesetzt.
„Partei“, das hat heute einen verheerenden Ruf.
Parteiengagement wurde auch missbraucht. Mit dem falschen „Parteibuch“ hattest Du oft keine Chance aug Job oder Wohnung.
Sowohl Kurz wie auch Pilz hatten offensichtlich Erfolg mit ihrem gemeinsamen Credo: „Weg mit der Partei." Beide sehr autoritär, was in Österreich vielen gefällt.
Ich habe hier keine einfache Antwort.
Ich bin mir auch sicher, dass der Ersatz von politischen Parteien durch lose Einzelpersonen in Parlamenten kaum eine Lösung darstellt.
Ich glaube aber auch dass wir jetzt die Chance haben, etwas neu zu erfinden.
Die Innenorientierung und Abgeschlossenheit unserer Parteigremien ist ein wesentliches Merkmal unserer Krise.
Wie könnte eine offene, spannende, Partei aussehen?
Wie wählt sie ihre Mandatare.
In unseren Landes- und Bundesversammlungen haben es politisch begabte Menschen „von aussen“ heute sehr schwer.
Meine These: Ein van der Bellen wäre heute unmöglich. Er hätte kaum eine Chance auf ein Mandat.
Aber wie sonst?
Nur zwei Gedanken dazu:
Warum nicht den gewählten Spitzenkandidaten das Recht einräumen, zwei oder auch mehr fähige Personen auszuwählen und ihnen einen sicheren Listenplatz anzubieten?
Oder: Den Wähler/innen (der mE wahren Parteibasis) ein viel stärkeres Recht auf die Auswahl und Umreihung auf der Kandidatenliste einräumen. (Das könnte auch so gestaltet sein, dass die Parität zwischen Männern und Frauen gewahrt bleibt)
Ich weiss: Hier gibt es Einwände, berechtigte Einwände.
Aber es geht nicht ums Perfekte. Es geht darum, dass das Bestehende sich offensichtlich nicht bewährt hat.
Also: Mut zum Risiko
7.) In Punkt 2.ober habe ich die These vertreten, dass unsere inhaltliche Positionierungen nicht unser Problem darstellen.
Jetzt muss ich dazu eine relevante Ergänzung vornehmen.
In jenem Thema, das in Deutschland und England, in Frankreich und den USA den Wahlkampf dominiert hat, Zuwanderung/Asyl bedarf es grüner Klärungen.
Sosehr ich glaube, dass dieses Thema im Verhältnis zu anderen im öffentlichen und medialen Diskurs total überbewertet ist, muss ich eingestehen: es nützt mir uns uns nichts., dass wir das so sehen.
Viele Menschen bewegt das sehr.
Natürlich hat das auch damit zu tun, dass fast jede Talkshow, und unzählige Artikel und Schlagzeilen sich immer wieder und immer wieder um Asyl, Zuwanderung und Islam drehen.
Und ich fürchte und glaube: Das wird sich so schnell nicht ändern.
Sehr beeindruckt hat mich dazu dieses schlanke Buch eines sehr klugen Autors (das ich sehr empfehle)
Als Menschenrechtspartei wurde uns vom politischen Gegner und von Boulevard in unseren Augen zuunrecht aber sehr wirksam das Etikett umgehängt: Die wollen alle reinlassen.
Und offene Grenzen a la 2015, das will die überwiegende Mehrheit der Österreicher/innen nicht.
Ich gestehe: Ich verstehe das und will das auch nicht.
Gerade hier müssen wir viel Widersprüchlichkeit erkennen und damit umgehen.
Viele wollen helfen, sind das Gegenteil von Rassisten, treten für Integration ein, und sehen trotzdem auch die negativen Seiten dieser Zuwanderung, die es gibt. Viele haben auch Angst.
Da wir nicht einem rassistischen Diskurs Vorschub leisten wollten und wollen, weichen wir vor manchen Klärungen und auch harten Entscheidungen zurück.
Ich formulier es einmal bewusst als meine persönliche Positions in dieser Frage.
Ich bin vehement für ein humanes Asylrecht.
Gerade deswegen muss ich dann aber auch befürworten, dass jene, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren einen negativen Asylbescheid erhalten, wieder aus Österreich ausreisen.
Wenn die meisten aus unterschiedlichen Gründen trotzdem hier bleiben, untergraben wir politisch das Recht auf Asyl.
Oder.
Da ich leidenschaftlich für ein Europa ohne Grenzkontrollen eintrete, muss dieses Europa seine Grenzen nach aussen schützen.
Deswegen muss es legale Wege geben, außerhalb Europas Asyl zu beantragen.
Und auch neben dem Weg des politischen Asyls muss es andere begrentze Wege der Einwanderung geben.
Beides gilt es zu klären. Die rechtlichen Wege der Einwanderung und deren klare Begrenzung.
Was der neugewählte Präsident Macron vorgelegt hat, kann uns ein Anknüpfungspunkt sein.
Hier brauchen wir Klärungen. Die werden uns nicht leicht fallen.Aber sie sind notwendig.
8.) Den notwendigen ökologischen Umbau gewinnend und lustvoll kommunizieren
Der Dokumentarfilm "tomorrow", der von der Energieerzeugung über Verkehr, Städtebau bis hin zu Ernährung und Demokratie gelungene Beispiele zeigt, berührt und motiviert.
Es gibt hunderte, tausende Initiativen in Österreich, die sich mit Leidenschaft unternehmerisch oder als NGO (was für mich eine andere Form des Unternehmerischen ist) engagieren.
Diese Riesenaufgabe, die Umgestaltung unseres Wirtschafts/Ernährungs/Verkehrs/Energiesystems darf nicht mehr so sehr eine der Belehrung als eine des besseren, gelingenden Lebens sein.
Gerade junge Menschen wollen sich engagieren, wollen konkrete Veränderung sehen. Diese sind unsere Bündnispartner, hier können wir bei der Vernetzung ebenso helfen, wie selbst dazulernen.
Also. Einmal mehr: Raus aus unseren Perteigremien, hin zu jenen, die gründen und umgestalten. Dialoge führen. Allianzen schmieden. Sich von der Lust des Gestaltens anstecken lassen.
Das alles geht nicht von heute auf morgen. Das dauert Monate und Jahre. Aber es zahlt sich aus.
Und jetzt möchte ich abschliessend einen Aufruf starten.
Dieser richtet sich nicht nach innen, an uns grüne Funktionär/innen.
Sondern an all jene, die glauben, dass es starke Grüne in den Parlamenten braucht.
Tretet bei.
In Wien als Mitglied oder Unterstützer.
Oder in einem anderen Bundesland.
Bringt Euch ein.
In keiner Partei haben Mitglieder (und Unterstützer) soviele Rechte wie bei uns.
Wir brauchen jetzt neue Ideen , Kraft und vor allem engagierte Menschen, die gemeinsam mit uns eine zeitgemässe grüne Partei neu gründen.
Wir brauchen Euch!
Östereichweit Zweidrittel unserer Wähler/innen verloren.
Nach 31 Jahren aus dem Parlament herausgewählt.
Debakel ist ein Hilfsausdruck.
Ich habe Schlimmes befürchtet.
Mein interner Wahltip war 5,7%.
Mir war klar, dass wir verlieren werden.
Dass es so schlimm kommt nicht.
Seit Sonntag wechseln sich Wut, Enttäuschung und grosse Traurigkeit ab.
Gestern und heute hab ich etwas getan, was ich noch nie gemacht habe.
Diverse interviews abgelehnt.
Denn was hätte ich auf all die erwartbaren Fragen nach dem „Warum?“ und „wie jetzt weiter?“ viel anderes sagen können, als „Ich weiss es nicht“.
Gleichzeitig rattert der Kopf.
Gefühle zuzulassen und nicht wegzudrücken ist wichtig, sonst wird man ein Politzombie und Politphrasendrescher wie es viele gibt.
Aber nach zweimal (sehr schlecht) schlafen kann und will ich mich nicht weiter verstecken.
Denn es hat nicht dieser vernichtenden Wahlniederlage bedurft, um zu sehen und zu hören, dass vieles nicht gut läuft.
Dass viele Wähler/innen enttäuscht sind.
Jetzt versuche ich im Schreiben, das ich immer schon sehr geschätzt habe, mein Denken zu präzisieren, den Gründen nachzuspüren und erste Wege aufzuzeigen, die wir überlegen sollten.
Ich möchte gleich einschränken:
Das ist meine Analyse.
Es gibt sicherlich auch andere.
Wir sollten aber die bittere Tatsache, dass es uns jetzt nicht mehr als parlamentarische Vertretung auf Bundesebe gibt, nutzen, um gut nachzudenken und dort, wo es notwendig ist, tiefgreifend umgestalten.
Die hier angeführten Punkte mögen den Beginn einer Diskussion darstellen.
Sie sind weder vollständig, noch stellt die Reihenfolge eine Priorität dar.
1.) Zeit- dafür radikal
Auch wenn Wähler/innen wie Medien jetzt schnelle Antworten wollen. Die gibt es nicht. Wir sollen uns die notwendige Zeit nehmen.
Die nächsten Wahlen auf Bundesebene findet im Mai 2019 statt. Die Europawahl.
Bis dahin sollte wir erst grundsätzlich (und sicher schmerzhaft) das aufzählen, was 2/3 der Wähler/innen verjagt hat, dann die notwendigen, ich glaube auch radikalen (an die Wurzel gehenden) Veränderungen vornehmen.
Also: Jetzt brauchen wir keine Schnellschüsse
2.) Unsere Inhalte
Das kann ich kurz halten: unsere zwei Eckpunkte stehen fest. Bei allen Grünen weltweit:
Die Klimakrise als total unterschätzte globale Bedrohung,.
Die Notwendigkeit in kürzester Zeit aus der Fossilwirtschaft in eine erneuerbare umzusteigen.
Sowie als 2. Säule: Eine gerechtere faire Verteilung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen.
Ausserdem: Fairness zwischen Mann und Frau (von der wir noch immer weit entfernt sind) sowie Verteidigung und Ausbau einer offenen Gesellschaft.
Inhaltlich gilt es zu präzisieren, in Details abzustimmen, aber kurz: Die grüne Programmatik ist nicht unser Problem. Und das ist schon viel
Aber
3.) Diese Kritik begegnet mir oft, sehr oft:
Und da hat einen wahren Kern.
Wir könnten, und ich glaube wir sollten ein paar uralte Tugenden in unserem politischen Diskurs neu beleben.
V.a. Respekt.
Wenn jemand nicht unsere Meinungen, unsere Positionen teilt kann ein Gespräch auch uns weiterbringen.Weil wir etwas dazulernen können.
Weil viele Menschen wie auch wir mit Widersprüchen leben.
Weil der Kompromiss, und nicht der Sieg über den anderen den Kern einer freien demokratie ausmacht.
Denn Hand aufs Herz: Auch wir haben schon paar mal ziemlich geirrt.
Auch ich.
Was bei diesen „Stilfragen“ jedenfalls weiterhilft: Neugier statt Belehrung.
4.) Die innerparteiliche Kontroverse ist ebenso schwierig wie notwendig
Gerade um unseren Außenauftritt klarer und wiedererkennbar zu machen, was in den letzten Jahren auch gelungen ist, wurde in einem wesentlichen Punkt übers Ziel hinausgeschossen.
„Nur kein Streit!“ Damit wurden auch notwendige öffentliche Klärungen unterbunden.
Aber genau das macht eine Demokratie lebendig, und sollte gerade bei uns Grünen kultiviert werden.
Um eine Position in einer gesellschaftlich relevanten Frage zu erringen, kann und muss in der Sache „gestritten“ werden. Zwei schwierige Zusätze: Ein hohes Maß an Respekt und Wertschätzung ist in so einer Debatte hilfreich, ja unabdingbar. Außerdem: Es mag passieren, dass medial wieder ein „grüner Streit“ daraus konstruiert wird. Das müssen wir aushalten.
Gerade jetzt, in dieser so schwierigen Situation für uns, müssen wir Kontroversen aushalten: Denn es geht ja um nichts weniger als die Frage, was die Grünen in Zukunft sein wollen.
5.) Öffnung
Jetzt sind sehr viele, ich glaube sehr viele tausende Wähler/innen aber auch diesmal „nicht mehr Wähler/innen“ betroffen. Die Grünen raus aus dem Parlament? Das haben sie nicht gewollt.
Es muss uns gelingen zeitgemässe Formen der Mitarbeit, der Mitgestaltung zu entwickeln und anzubieten.
Ich formulier es schärfer: „Nur“ wir grünen Mandatare und Funktionär/innen in Parteigremien allein werden das nicht schaffen.
Wir sind einst aus vielfältigen Bürgerinitiativen entstanden.
Viele wollen sich engagieren, für „grüne Inhalte“, und wenn wir spannende Formate anbieten auch für die Grünen als Partei.
Hier geht’s um Experimente. Die sollen wir rasch entwickeln und anbieten.
6.) Welche Partei wollen wir?
Jetzt wird’s ganz schwierig.
„Politische Partei“. das ist eine politische Einheit, die im 19. Jahrhundert gross geworden ist.
In einer Zeit, wo es kein Telefon, kein Radio, kein Fernsehn und schon gar kein Handy oder Internet gab.
Die Idee dahinter: Stellvertretend für die Gesellschaft wird innerparteilich eine Diskussion geführt, und dann durch die Mandatare umgesetzt.
„Partei“, das hat heute einen verheerenden Ruf.
Parteiengagement wurde auch missbraucht. Mit dem falschen „Parteibuch“ hattest Du oft keine Chance aug Job oder Wohnung.
Sowohl Kurz wie auch Pilz hatten offensichtlich Erfolg mit ihrem gemeinsamen Credo: „Weg mit der Partei." Beide sehr autoritär, was in Österreich vielen gefällt.
Ich habe hier keine einfache Antwort.
Ich bin mir auch sicher, dass der Ersatz von politischen Parteien durch lose Einzelpersonen in Parlamenten kaum eine Lösung darstellt.
Ich glaube aber auch dass wir jetzt die Chance haben, etwas neu zu erfinden.
Die Innenorientierung und Abgeschlossenheit unserer Parteigremien ist ein wesentliches Merkmal unserer Krise.
Wie könnte eine offene, spannende, Partei aussehen?
Wie wählt sie ihre Mandatare.
In unseren Landes- und Bundesversammlungen haben es politisch begabte Menschen „von aussen“ heute sehr schwer.
Meine These: Ein van der Bellen wäre heute unmöglich. Er hätte kaum eine Chance auf ein Mandat.
Aber wie sonst?
Nur zwei Gedanken dazu:
Warum nicht den gewählten Spitzenkandidaten das Recht einräumen, zwei oder auch mehr fähige Personen auszuwählen und ihnen einen sicheren Listenplatz anzubieten?
Oder: Den Wähler/innen (der mE wahren Parteibasis) ein viel stärkeres Recht auf die Auswahl und Umreihung auf der Kandidatenliste einräumen. (Das könnte auch so gestaltet sein, dass die Parität zwischen Männern und Frauen gewahrt bleibt)
Ich weiss: Hier gibt es Einwände, berechtigte Einwände.
Aber es geht nicht ums Perfekte. Es geht darum, dass das Bestehende sich offensichtlich nicht bewährt hat.
Also: Mut zum Risiko
7.) In Punkt 2.ober habe ich die These vertreten, dass unsere inhaltliche Positionierungen nicht unser Problem darstellen.
Jetzt muss ich dazu eine relevante Ergänzung vornehmen.
In jenem Thema, das in Deutschland und England, in Frankreich und den USA den Wahlkampf dominiert hat, Zuwanderung/Asyl bedarf es grüner Klärungen.
Sosehr ich glaube, dass dieses Thema im Verhältnis zu anderen im öffentlichen und medialen Diskurs total überbewertet ist, muss ich eingestehen: es nützt mir uns uns nichts., dass wir das so sehen.
Viele Menschen bewegt das sehr.
Natürlich hat das auch damit zu tun, dass fast jede Talkshow, und unzählige Artikel und Schlagzeilen sich immer wieder und immer wieder um Asyl, Zuwanderung und Islam drehen.
Und ich fürchte und glaube: Das wird sich so schnell nicht ändern.
Sehr beeindruckt hat mich dazu dieses schlanke Buch eines sehr klugen Autors (das ich sehr empfehle)
Als Menschenrechtspartei wurde uns vom politischen Gegner und von Boulevard in unseren Augen zuunrecht aber sehr wirksam das Etikett umgehängt: Die wollen alle reinlassen.
Und offene Grenzen a la 2015, das will die überwiegende Mehrheit der Österreicher/innen nicht.
Ich gestehe: Ich verstehe das und will das auch nicht.
Gerade hier müssen wir viel Widersprüchlichkeit erkennen und damit umgehen.
Viele wollen helfen, sind das Gegenteil von Rassisten, treten für Integration ein, und sehen trotzdem auch die negativen Seiten dieser Zuwanderung, die es gibt. Viele haben auch Angst.
Da wir nicht einem rassistischen Diskurs Vorschub leisten wollten und wollen, weichen wir vor manchen Klärungen und auch harten Entscheidungen zurück.
Ich formulier es einmal bewusst als meine persönliche Positions in dieser Frage.
Ich bin vehement für ein humanes Asylrecht.
Gerade deswegen muss ich dann aber auch befürworten, dass jene, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren einen negativen Asylbescheid erhalten, wieder aus Österreich ausreisen.
Wenn die meisten aus unterschiedlichen Gründen trotzdem hier bleiben, untergraben wir politisch das Recht auf Asyl.
Oder.
Da ich leidenschaftlich für ein Europa ohne Grenzkontrollen eintrete, muss dieses Europa seine Grenzen nach aussen schützen.
Deswegen muss es legale Wege geben, außerhalb Europas Asyl zu beantragen.
Und auch neben dem Weg des politischen Asyls muss es andere begrentze Wege der Einwanderung geben.
Beides gilt es zu klären. Die rechtlichen Wege der Einwanderung und deren klare Begrenzung.
Was der neugewählte Präsident Macron vorgelegt hat, kann uns ein Anknüpfungspunkt sein.
Hier brauchen wir Klärungen. Die werden uns nicht leicht fallen.Aber sie sind notwendig.
8.) Den notwendigen ökologischen Umbau gewinnend und lustvoll kommunizieren
Der Dokumentarfilm "tomorrow", der von der Energieerzeugung über Verkehr, Städtebau bis hin zu Ernährung und Demokratie gelungene Beispiele zeigt, berührt und motiviert.
Es gibt hunderte, tausende Initiativen in Österreich, die sich mit Leidenschaft unternehmerisch oder als NGO (was für mich eine andere Form des Unternehmerischen ist) engagieren.
Diese Riesenaufgabe, die Umgestaltung unseres Wirtschafts/Ernährungs/Verkehrs/Energiesystems darf nicht mehr so sehr eine der Belehrung als eine des besseren, gelingenden Lebens sein.
Gerade junge Menschen wollen sich engagieren, wollen konkrete Veränderung sehen. Diese sind unsere Bündnispartner, hier können wir bei der Vernetzung ebenso helfen, wie selbst dazulernen.
Also. Einmal mehr: Raus aus unseren Perteigremien, hin zu jenen, die gründen und umgestalten. Dialoge führen. Allianzen schmieden. Sich von der Lust des Gestaltens anstecken lassen.
Das alles geht nicht von heute auf morgen. Das dauert Monate und Jahre. Aber es zahlt sich aus.
Und jetzt möchte ich abschliessend einen Aufruf starten.
Dieser richtet sich nicht nach innen, an uns grüne Funktionär/innen.
Sondern an all jene, die glauben, dass es starke Grüne in den Parlamenten braucht.
Tretet bei.
In Wien als Mitglied oder Unterstützer.
Oder in einem anderen Bundesland.
Bringt Euch ein.
In keiner Partei haben Mitglieder (und Unterstützer) soviele Rechte wie bei uns.
Wir brauchen jetzt neue Ideen , Kraft und vor allem engagierte Menschen, die gemeinsam mit uns eine zeitgemässe grüne Partei neu gründen.
Wir brauchen Euch!