Helmut Zilk, der andere Populist
von cc am 27.10.2008
Zwei Erinnerungen an Helmut Zilk.
Die erste ist persönlich.
Pathetisch gesprochen hat er mein Leben sehr verändert.
Denn ohne sein spontanes “Ja” gäbe es mein ganzes Südafrikaengagement (sarch Ithuba) nicht.
Das ging so:
Mitte der 90 er Jahre.Erste freie Wahlen in Südafrika.
Breite Fernsehberichterstattung.
Ich wußte von diesem Land wenig.
Grad das Mindeste: Nelson Mandela und jetzt war die Apartheit vorbei.
Wahlberichterstattung bei CNN:
Ich kann mich noch ganz genau erinnern, weil mich das Bild so bewegt hat.
Irgendwo am Land eine einsame Blechhütte.
Und eine Menschenschlange (aus dem Hubschrauber gefilmt) kilometerlange.
Sie stehen stundenlang, um zum ersten Mal frei ihre Stimme abgeben zu dürfen.
Erstmal ihre eigene Regierung wählen zu dürfen.
Jetzt, ja jetzt endlich wird alles gut.
Interviews mit begeisterten Menschen: jetzt bekommen wir Häuser, jetzt werden endlich Schulen für unsere Kinder gebaut, jetzt gibts Arbeitsplätze und genügend Krankenhäuser.
Wir sind nicht mehr Menschen zweiter Klasse. Endlich.
Und dafür stehen wir hier. Stundenlang.
Mich hat diese Begeisterung berührt, was sich diese Menschen von ihrer Wahl, ihrer Stimme erwarten.
Politik, das sind wir.Wir entscheiden, wir gestalten
So ganz anders als bei uns.
Nicht viel anders als heute übrigens.
Politik, da verzieht man bei uns das Gesicht, wählen tut man, ja vielleicht, aber das ist ein mieses Geschäft, so ziemlich das Gegenteil von Begeisterung.
Und dort: Solche ungeheure Erwartungen.
Dann hab ich mich kurz hingesetzt und recherchiert.
Südafrika damals : ca 40 Millionen Menschen, und eine Wirtschaftleistung, die rund 70 % der österreichischen beträgt.
Man muss also kein Prophet sein: Diese Wünsche sind in kurzer Zeit (als innerhalb von 10 Jahren) nicht erfüllbar, das kann sich nicht ausgehen.
Und ich dachte mir: Wir hier in Wien, wir leben, im Vergleich dazu so im “Reichtum”, da müssen wir einen Beitarg leisten.
Kurzfristiger Termin beim Bürgermeister.
Hab ihm diese Geschichte erzählt und vorgeschlagen, Wien sollte eine Schule in einem armen township bauen. Ich schlug SOWETO vor, weil es das einzige war das ich damals kannte.
Zilk war ein Sponti.
Drum erzähl ich diese Geschichte hier.
Er liess sofort seinen Sohn Thomas anrufen.
Der war, was ich nicht wußte, damals bei der AUA für Südafrika zuständig.
Zilk am Telefon:
“Du, Servas, da ist der kleine Chorherr bei mir (ich war für ihn immer, im Unterschied zu meinem Vater, der kleine Chorherr), er meint...
Was sein Sohn Thomas genau gesagt hat, weiss ich nicht, letzendlich soetwas wie "gute Idee".
Zilk hat mich dann angeschaut, mit dem Finger auf mich gezeigt und gesagt: “Du bist die Wiener Delegation, fahr runter und schau, was wir tun können.”
Und er hat mir dabei einen seiner fähigsten Spitzenbeamten mitgegeben.
Und so begann meine “Liebesgeschichte” mit Südafrika.
Aus dieser Reise entstand das Masibambane College, eine der besten Schulen im township Orangefarm mit heute ca 800 Schülern sowie sarch und ithuba.
Ohne Helmut Zilk wäre mein Leben anders verlaufen.
Die zweite Geschichte ist älter.
Sie spielt Anfang der 70er jahre.
Bruno Kreisky ist am zenit seiner macht, aber auch im vollen Schwung seiner Reformen.
In Kärnten müssen zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden.
Darauf bricht dort eine Protestlawine los, verglichen damit ist der heutige “Widerstand” geradezu zurückhaltend leise.
Bruno Kreisky kommt nach Kärnten und spricht vor versammelten Sozialisten (so hiessen sie damals).
Vor dem Eingang versammelte sich eine wütende aufgebrachte Menge.Und die wurde immer grösser und bedrohlicher.
Wie nach Ende der Versammlung da hinauskommen.
Drinnen bei Kreisky der damalige Landeshauptmann Wagner.
Er kannte “seine” Kärntner.
Ihm war klar: Jetzt mit “dem Juden aus Wien” da durchgehen, war völlig unmöglich.
Da konnte wirklich alles passieren.
Polizei war kaum da, und auch ohne handy und sms (das gab es damals nicht) wuchs die aufgebrachte Menge weiter.
Die Versammlung drinnen war aus.
Wie jetzt weiter?
Wagners naheliegender Vorschlag:
Er kenne da den Hintereingang, den hätte der Mob noch nicht entdeckt, da jetzt g`schwind hinaus, und dann weg mit dem Dienstauto.
darauf sprach Kreisky den berühmt gewordenen Satz:
“Der Bundeskanzler der Republik geht nicht beim Hinterausgang hinaus”.
Wagner wurde blass, aber es blieb ihm nichts anderes über.
Er liess so schnell es damals möglich war, Heerscharen von Polizisten herbeibeordnen, drinnen wartete Kreisky sicher mehr als ein zwei Stunden und dann gings durch die wilde grröhlende Menge.
Die Bilder davon haben Geschichte geschrieben.
Und darauf Auftritt Helmut Zilk.
Damals Fernsehdirektor,
aber auch schon damals der grosse Versöhner, dem nichts zu gross, zu unmöglich war.
Es gelang ihm zweierlei.
Einerseits im Hauptabendprogramm des ORF zu diesem Thema unbegrenzte Sendezeit zu bekommen.(heute völlig undenkbar)
Und andereseits alle Streitparteien, wirklich alle in einem Saal vor Fernsehkameras zu versammeln.
Und dann zu quatschen, sie zu belehren statt zu kämpfen.
Der grosse Medientheoretiker Marshall McLuhan hat diese Fernsehsendung als Beispiel für seine These für die (ich schreibe es mit meinen Worten) “sedierende und besänftigende” Wirkung des Fernsehns gewählt.
Seit damals ist der Ortstafelkonflikt zwar unverändert ungelöst, aber weit von bürgerkriegsähnlichen Zuständen entfernt.
Das war helmut Zilk.
Er und Haider.
Zweimal Populisten.
Zwei, die die Medien und vor allem das Fernsehn perfekt für sich bgenutzt haben.
Zwei, die sich in vielem ähnlich waren und doch ist es ein Unterschied, der grösser niocht sein könnte.
Hier einer der versöhnt hat, und der auch, wenn es ihm wichtig war, in Opposition zur Boulvard stand, dem er sonst sehr verbunden war (die Durchsetzung des Hrdlicka Mahnmal mit dem die Strasse putzenden Juden).
Er hat nie Menschen gegeneinander aufgehetzt. Im Gegenteil.
Er hat seine grosse mediale Macht zu einer Kampagne für Ausländer genutzt.
Seine immmer grossen Gesten und seine Inszenierung wirkten oft übertrieben und nervten nicht selten.
Aber völlig im Gegensatz zu Jörg Haider:
Er hat Wien einfach besser gemacht.
Die erste ist persönlich.
Pathetisch gesprochen hat er mein Leben sehr verändert.
Denn ohne sein spontanes “Ja” gäbe es mein ganzes Südafrikaengagement (sarch Ithuba) nicht.
Das ging so:
Mitte der 90 er Jahre.Erste freie Wahlen in Südafrika.
Breite Fernsehberichterstattung.
Ich wußte von diesem Land wenig.
Grad das Mindeste: Nelson Mandela und jetzt war die Apartheit vorbei.
Wahlberichterstattung bei CNN:
Ich kann mich noch ganz genau erinnern, weil mich das Bild so bewegt hat.
Irgendwo am Land eine einsame Blechhütte.
Und eine Menschenschlange (aus dem Hubschrauber gefilmt) kilometerlange.
Sie stehen stundenlang, um zum ersten Mal frei ihre Stimme abgeben zu dürfen.
Erstmal ihre eigene Regierung wählen zu dürfen.
Jetzt, ja jetzt endlich wird alles gut.
Interviews mit begeisterten Menschen: jetzt bekommen wir Häuser, jetzt werden endlich Schulen für unsere Kinder gebaut, jetzt gibts Arbeitsplätze und genügend Krankenhäuser.
Wir sind nicht mehr Menschen zweiter Klasse. Endlich.
Und dafür stehen wir hier. Stundenlang.
Mich hat diese Begeisterung berührt, was sich diese Menschen von ihrer Wahl, ihrer Stimme erwarten.
Politik, das sind wir.Wir entscheiden, wir gestalten
So ganz anders als bei uns.
Nicht viel anders als heute übrigens.
Politik, da verzieht man bei uns das Gesicht, wählen tut man, ja vielleicht, aber das ist ein mieses Geschäft, so ziemlich das Gegenteil von Begeisterung.
Und dort: Solche ungeheure Erwartungen.
Dann hab ich mich kurz hingesetzt und recherchiert.
Südafrika damals : ca 40 Millionen Menschen, und eine Wirtschaftleistung, die rund 70 % der österreichischen beträgt.
Man muss also kein Prophet sein: Diese Wünsche sind in kurzer Zeit (als innerhalb von 10 Jahren) nicht erfüllbar, das kann sich nicht ausgehen.
Und ich dachte mir: Wir hier in Wien, wir leben, im Vergleich dazu so im “Reichtum”, da müssen wir einen Beitarg leisten.
Kurzfristiger Termin beim Bürgermeister.
Hab ihm diese Geschichte erzählt und vorgeschlagen, Wien sollte eine Schule in einem armen township bauen. Ich schlug SOWETO vor, weil es das einzige war das ich damals kannte.
Zilk war ein Sponti.
Drum erzähl ich diese Geschichte hier.
Er liess sofort seinen Sohn Thomas anrufen.
Der war, was ich nicht wußte, damals bei der AUA für Südafrika zuständig.
Zilk am Telefon:
“Du, Servas, da ist der kleine Chorherr bei mir (ich war für ihn immer, im Unterschied zu meinem Vater, der kleine Chorherr), er meint...
Was sein Sohn Thomas genau gesagt hat, weiss ich nicht, letzendlich soetwas wie "gute Idee".
Zilk hat mich dann angeschaut, mit dem Finger auf mich gezeigt und gesagt: “Du bist die Wiener Delegation, fahr runter und schau, was wir tun können.”
Und er hat mir dabei einen seiner fähigsten Spitzenbeamten mitgegeben.
Und so begann meine “Liebesgeschichte” mit Südafrika.
Aus dieser Reise entstand das Masibambane College, eine der besten Schulen im township Orangefarm mit heute ca 800 Schülern sowie sarch und ithuba.
Ohne Helmut Zilk wäre mein Leben anders verlaufen.
Die zweite Geschichte ist älter.
Sie spielt Anfang der 70er jahre.
Bruno Kreisky ist am zenit seiner macht, aber auch im vollen Schwung seiner Reformen.
In Kärnten müssen zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden.
Darauf bricht dort eine Protestlawine los, verglichen damit ist der heutige “Widerstand” geradezu zurückhaltend leise.
Bruno Kreisky kommt nach Kärnten und spricht vor versammelten Sozialisten (so hiessen sie damals).
Vor dem Eingang versammelte sich eine wütende aufgebrachte Menge.Und die wurde immer grösser und bedrohlicher.
Wie nach Ende der Versammlung da hinauskommen.
Drinnen bei Kreisky der damalige Landeshauptmann Wagner.
Er kannte “seine” Kärntner.
Ihm war klar: Jetzt mit “dem Juden aus Wien” da durchgehen, war völlig unmöglich.
Da konnte wirklich alles passieren.
Polizei war kaum da, und auch ohne handy und sms (das gab es damals nicht) wuchs die aufgebrachte Menge weiter.
Die Versammlung drinnen war aus.
Wie jetzt weiter?
Wagners naheliegender Vorschlag:
Er kenne da den Hintereingang, den hätte der Mob noch nicht entdeckt, da jetzt g`schwind hinaus, und dann weg mit dem Dienstauto.
darauf sprach Kreisky den berühmt gewordenen Satz:
“Der Bundeskanzler der Republik geht nicht beim Hinterausgang hinaus”.
Wagner wurde blass, aber es blieb ihm nichts anderes über.
Er liess so schnell es damals möglich war, Heerscharen von Polizisten herbeibeordnen, drinnen wartete Kreisky sicher mehr als ein zwei Stunden und dann gings durch die wilde grröhlende Menge.
Die Bilder davon haben Geschichte geschrieben.
Und darauf Auftritt Helmut Zilk.
Damals Fernsehdirektor,
aber auch schon damals der grosse Versöhner, dem nichts zu gross, zu unmöglich war.
Es gelang ihm zweierlei.
Einerseits im Hauptabendprogramm des ORF zu diesem Thema unbegrenzte Sendezeit zu bekommen.(heute völlig undenkbar)
Und andereseits alle Streitparteien, wirklich alle in einem Saal vor Fernsehkameras zu versammeln.
Und dann zu quatschen, sie zu belehren statt zu kämpfen.
Der grosse Medientheoretiker Marshall McLuhan hat diese Fernsehsendung als Beispiel für seine These für die (ich schreibe es mit meinen Worten) “sedierende und besänftigende” Wirkung des Fernsehns gewählt.
Seit damals ist der Ortstafelkonflikt zwar unverändert ungelöst, aber weit von bürgerkriegsähnlichen Zuständen entfernt.
Das war helmut Zilk.
Er und Haider.
Zweimal Populisten.
Zwei, die die Medien und vor allem das Fernsehn perfekt für sich bgenutzt haben.
Zwei, die sich in vielem ähnlich waren und doch ist es ein Unterschied, der grösser niocht sein könnte.
Hier einer der versöhnt hat, und der auch, wenn es ihm wichtig war, in Opposition zur Boulvard stand, dem er sonst sehr verbunden war (die Durchsetzung des Hrdlicka Mahnmal mit dem die Strasse putzenden Juden).
Er hat nie Menschen gegeneinander aufgehetzt. Im Gegenteil.
Er hat seine grosse mediale Macht zu einer Kampagne für Ausländer genutzt.
Seine immmer grossen Gesten und seine Inszenierung wirkten oft übertrieben und nervten nicht selten.
Aber völlig im Gegensatz zu Jörg Haider:
Er hat Wien einfach besser gemacht.
sagt viel aus
Die Nähe zur Krone und seine immer wieder autoritäre Art haben mir Zilk nicht besonders sympathisch gemacht, aber er hatte seine Haltung wichtigerweise nicht dem Boulevard geopfert. Offenbar gibt es doch so etwas wie den „guten Populisten“?!
Jedenfalls war er ein unverwechselbares Original. (allein schon stimmlich)
Auch sein würdevoller Umgang mit den schwierigen Themen Krankheit & Tod war beeindruckend.