Danke für die zahlreichen und sehr interessanten Debattenbeiträge.
Das Leichteste:
Den hier gemachten Vorschlag ein "Arschknapp-Leiberl" zu produzieren,hab ich sofort weitergeleitet. Das Leiberl sollt`s schon morgen geben.
Meine Gedanken zum Wahlausgang und v.a. in welche Richtung wir weitergehen sollten hab ich in einem falter-Kommentar "Wrbahof goes Rudolfsheim" formuliert.
Weil der leider nicht online verfügbar ist, anbei im Volltext.
Ausserdem noch zwei Interviews (
standard,
presse)
Wrbahof goes Rudolfsheim
Wien wird urbaner, offener, internationaler und grüner.Anders ist nur der Gemeindebau.Hier ist die Entsolidarisierung brutal zu spüren.
Grosse Koalition-Lähmung und Proporz-Aufstieg der FPÖ. Das kennen wir doch von irgendwo.15% waren es diesmal, die bei Westenstrache(c: Thurnher) ihr Kreuzerl gemacht haben.Eine der wohl wichtigsten politischen Fragen lautet daher. Wie lässt sich verhindern, dass eine rabiate ausländerfeindliche Rechte bei den nächsten Wahlen wieder über 20% kommt?.Zur Erinnerung:Es waren schon einmal 28%.
Kurz: Wie lernfähig sind Österreichs Parteien (auch die Grünen)?
Lohnend ist es, die Wahlergebnisse genau anzuschauen.
Da zeigt sich in Wien Erstaunliches. In jenem Bezirk, der den höchsten „Ausländeranteil“ (nicht österr. Staatsbüger)aufweist, Rudolfsheim-Fünfhaus, hat nicht die FP, sondern die Grünen besonders große Zuwächse und liegen auch deutlich vorne. Ähnlich ist es in Ottakring und Hernals oder der Leopoldstadt.
Starke FP Zugewinne gab es in jenen Bezirken, die vergleichsweise geringe Ausländeranteile aufweisen, (Floridsdorf, Simmering) bzw. alle Bezirke mit einem hohen Anteil von Gemeindebauten (z.B. Favoriten).
Fazit: Wo jene wohnen, die sich ausgegrenzt und bedroht fühlen, dort diktiert Angst auch das Wahlmotiv. Wo Selbstvertrauen und eine gewisse Zukunftshoffnung fehlt, glaubt man allzu gerne jenen, die „die anderen“, die Fremden“ als Schuldige der eigenen Lage festmachen.
Und hier muss eine neue Strategie ansetzen.
Die Kritik (und damit das Verständnis) an konkreten Problemen, darf man nicht der FPÖ überlassen, aus Angst, für die Benennung der Probleme Applaus von der falschen Seite zu bekommen.
Denn erst, wenn man Probleme konkret benennt, eröffnet man die (oft gar nicht so schwierigen) Wege zur Verbesserung.
Beispiel Schule: Ja, es ist ein Problem, wenn mehr als ein Drittel der Kinder einer Klasse nicht oder schlecht Deutsch können. Hier muss und kann die Politik etwas dagegen unternehmen.
Dann kann man auch jenen entgegentreten, die Angstmache betreiben, indem sie immer extrem hohe Zahlen von „Kindern nicht-deutscher Muttersprache“ publizieren. Als ob es ein Problem wäre, wenn ein türkisches oder kroatisches Kind (sehr häufig) fliessend deutsch spricht, und ausserdem eine andere Muttersprache hat.
Nennt man die Zahl der ersteren (Kinder, die schlecht deutsch können) so schrecken 16% in der Volksschule dann nicht, wenn die entsprechenden Massnahmen sichtbar gesetzt werden. Mit der zweiten Gruppe (Kinder nicht deutscher Mutersprache), mehr als 50% in der Volksschule, lässt sich trefflich Ausländerhass schüren.
Also rasch: Finanzierung von ausreichend Sprach- und Begleitlehrern.
2.) Aufstieg durch Bildung. Man vergleiche die Kinder aus Haupt- und Sonderschulen auf der einen, die aus der AHS auf der anderen Seite. Die gesellschaftliche Schichtung wird sichtbar und wird durch die verrückt frühe Trennung mit zehn perpetuiert.
Eien gemeinsame Schule für alle bis vierzehn würde v.a . Kindern aus bildungsfernen Schichten den Aufstieg deutlich erleichtern, und, klug, weil vielfältig organisiert, wie Finnland zeigt, nicht zulasten der Begabten gehen.
Wenn Schulen darüber hinaus auch für (Migranten-) Eltern Service - und Anlaufstelle werden könnten (vereinzelte erfolgreiche Beispiele gibt es schon), könnten Quantensprünge der Integration erreicht werden.
3.) Wohnprobleme lösen
Wer sich im Gemeindebau umhört, weiss, wie verbreitet und alltäglich Nachbarschaftsprobleme sind. Konfliktfaktor Nummer eins ist der Lärm im Haus: zu laute Musik, nächtliches Telefonieren oder Feiern, hörbar ausgetragene Konflikte, alles dann noch zugespitzt, wenn „die da oben“ eine „fremde“ Sprache sprechen, und aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation in grosser Zahl in zu kleinen Wohnungen hausen müssen.
Auch hier muss gelten: Lärm ist ein reales Problem, es gibt so etwas wie ein Recht, in Ruhe zu schlafen, und es muss Mittel und Wege geben, das sicherzustellen.
Wenn jedoch die städtische Hausverwaltung nicht schlichtend sondern nur präpotent und obrigkeitsstaatlich auftritt, und die Wiener SPÖ einmal mehr nur wiederholt, wie super Wien nicht ist, dann fühle sich viele nicht verstanden, nicht ernstgenommen, und gehen zu denen, die die Schuldigen ausmachen und die simple Lösung propagieren: Raus mit den „Fremden“.
Der Karl Wrba-Hof in Favoriten, errichtet vor 25 Jahren, mehr als 2000 Bewohner, ist so ein Ort. Hier „sprang“ die FPÖ von 10% auf 28%.
Es gab einmal eine Zeit in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, da gelang es der Sozialdemokratie, im Gemeindenbau, gerade für die sozial Schwachen eine Vision des Aufstiegs, der Emanzipation, der Bildung und der Hoffnung zu entfachen.
Das Schlimme heute: Es wird nicht einmal mehr versucht.Die Entsolidarisierung der Gesellschaft ist besonders brutal im Gemeindebau zu spüren.
Es geht aber auch ganz anders, und das ist frei von jedem falschen Romantizismus.
Nocheinmal Rudolfsheim-Fünfhaus.
Auch hier hatte vor gar nicht langer Zeit die FP 29%, der Bezirk galt als heruntergekommen.
Heute ist es anders:
Wer heute die Märzstrasse vom Gürtel stadtauswärts geht sieht sofort, dass hier viele Türken und Serben leben und auch arbeiten: Die Erdgeschosszonen sind wieder mit Geschäften belebt, die durchwegs äusserst „kundenfreundliche“ Öffnungszeiten haben, man spürt, dass dass hier Menschen leben , die „hinauf“ wollen.Der öffentliche Raum ist belebt, vielfältige Lokale, nicht nur das zurecht berühmte Kent sondern auch Haussanierungen und Neubauprojekte weisen auf die urbanen Qualitäten diese Gegend hin.Grüne bekamen in diesem Bezirk 19%, die FP 14%.
Wien wird urbaner, Wien wird internationaler.Wenn die Probleme benannt, und sichtbar angegangen werden, entzieht man dem Ressentiment seine Basis. Vier Jahre sind dafür keine lange Zeit.