Manchmal machts echt Freude, Beiträge fürs blog zu schreiben.
Manchmal muss ich mich ziemlich überwinden.
Heute ist Zweiteres der Fall.
Also: Was war da los, gestern im Westen.
Meine Haupterklärung geht weit über Tirol hinaus.
1.)Die Unzufriedenheit weiter Kreise mit DER Politik ist inzwischen so gross, dass ein halbwegs brauchbaren neues Angebot, das einen glaubwürdigen Kern hat, sofort und gerne angenommen wird.
Dinkhauser (Marke: Tiroler Rebell, glaubwürdig, schneidige Sprache, Agenda:der Tiroler Filz gehört aufgemischt) samt Fritz Gurgiser (ebenso Rebell, seit Jahrzehnten gegen den Transitverkehr aktiv) war so ein glaubwürdiges Angebot.
Drum gabs massive Wählerbewegungen von VP und SP, aber auch von uns Grünen hin zu Dinkhauser, der aus dem Stand fast 20% bekam und 2.stärkste Partei wurde.
2.) Kennt wer Gerald Hauser?
Nein?
Ist auch egal.
Das war der FPÖ Spitzenkandidat.
Ich glaube, wir alle haben in der Vergangenheit Jörg Haider falsch eingeschätzt.
Die Haupterklärung war (wenn auch oft hinter vorgehaltener Hand): Er sei ein politisches Ausnahmetalent, aussergewöhnlich politisch geschickt, rthetorisch geschliffen, wirksame "Sager" im Fernsehn, etc.
Heut glaub ich, dass das falsch ist.
Gestern Jörg Haider, heute Strache oder eben Gerald Hauser.
Unhd morgen irgendeine Dumpfbacke.
Es reicht, wenn er (er ist wichtig, Frau dürfte es keine sein) AA-Politik machen kann.
Auto und Ausländer.
Ersteres gut zweiteres böse.
Slogans kennen wir: Benzinpreis runter, geschröpfte Pendler, Ausländer sind kriminell,, nehmen uns Arbeitsplätze weg, bald sind wir von Moscheen umzingelt, etc.
Ja und das dritte Thema: Gegen die da oben: ob frech kassierende Abgeordnete, oder gegen all das böse, das in Brüssel sitzt.
Für dieses "Programm" gibts ein fixes Wählerklientel, das österreichweit bei ca 20-25% liegt.
Mein Dilemma:
Weder gegen 1.) noch gegen 2.) gibts ein Patentrezept.
Denn: Mit Ressentiments ist immer leicht Politik zu machen. Ob das die FPÖ bei uns, oder "die Linke" in Deutschland ist.
Es gäbe, so wird suggeriert, DIE leichte Antwort, dann gehts Euch besser.
Das Problem:Für kaum ein Problem in der entwickelten, ausdifferenzierten Industriegesellschaft gibts DIE einfache Antwort.
Wären wir Grüne ehrlich, würden wir sagen:Klar werden wir vieles verbessern, wenn wir in der Regierung sind, aber einfacher für Euch, die ihr uns wählt, wirds dann sicher nicht (Stichwort Energiewende, Stichwort Bildung).
Super Slogan!
Nochmals zu 1.)
Woraus nährt sich diese (nicht österreichspezifische) Aversion gegen die bestehenden politischen Parteien?
Drei kurze Thesen dazu:
1) die Auswahl des politischen Personals: darüber hab ich ( u.a.
hier ) schon geschrieben; aber die innengerichtete, funktionärskonzentrierte Auswahl, wie man z.B. Abgeordneter wird, verhindert, dass interessante Persönlichkeiten in die Politik gehen.
2.)Die Diskrepanz, was in Wahlkampagnen versprochen wird, und der (zwangsläufig extrem komplexen) schwierigen , schrittweisen Umsetzung in der Praxis.
3.) Der Boulvard. Ich nehm zwar nur gelegentlich die Krone oder Österreich zu Hand, aber man stelle sich vor, das ist für viele die einzige Form, sich über Politik zu informieren. Dort wird Politik nur in einer einzigen Form dargestellt: Die da oben bereichern sich und verhindern aus Dummheit oder persönlichen Interessen die einfache Lösung.
4.) Wir Politiker, und da nehm ich jetzt die Grünen bewusst nicht nicht aus, spielen in dieser Inszenierung auch willfährig mit: Ideen und Personen der anderen Parteien werden kaum differenziert, sondern ausschliesslich negativ beurteilt.
Und unter der Bezeichnung "Skandal" gibts selten etwas.
So, das ist jetzt bisschen länger geworden, und trotzdem sind es bloss ein paar Gedanken.
Freu mich auf eine Debatte.