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Aber:was kommt nach der Wahl?

Jetzt wählen wir.
Gut so.
Das ging nicht mehr weiter.
Aber zurecht hörte ich in den letzten Wochen immer ein Argument, das gegen Neuwahlen sprach: "Was soll denn nachher anders sein?"
Gemeint war: Wenn, wie zu erwarten, v.a. die FPÖ massiv gewinnen wird, geht sich entweder eine Koalition mit der FPÖ aus, oder eben nur wieder rot/schwarz in welcher Reihenfolge auch immer.
Dem sei zweierlei entgegengehalten:
1.) Ich kann mich an ganz viele Wahlen erinnern, die gänzlich anders ausgegangen sind, als alle Meinungsforscher und Politfreaks (wie ich) erwartet haben.Das kann z.B. der Totalabsturz einer der beiden (ehem.-) Grossparteien sein, das Aufkommen einer neuen Partei, oder auch (wie in Graz) das sehr starke Abschneiden der Grünen.
Darüber zu spekulieren ist müssig, wenn so etwas jedoch eintritt, dann sind Koaltionen möglich, die heute für unwahrscheinlich gehalten werden.
Aber darauf darf man sich nicht verlassen.
Drum
2.) Mein wichtigstes Argument. Wenn keine "stabile, sinnvolle" Koaltion eine Mehrheit hat, dann sei endlich ein grosses Experiment gewagt.
Dieses heisst: Stärkung des Parlaments, freie, wechselnde Mehrheiten dort, und eine Regierung, die eben keine sichere Mehrheit im Parlament hat.
Na und?

Darf ich das am Beispiel der (jetzt gescheiterten) Gesundheitsreform erläutern.
Das würde dann so laufen:
Im Parlament wird in aller Öffentlichkeit ein Ausschuss eingerichtet, der sich ausreichend Zeit nimmt (ca ein halbes Jahr) und mittels Enqueten, hearings,etc. verschiedene Varianten der Gesundheitsreform vorstellt, diskutiert, berät.
Dabei wird v.a. eines auch der Öffentlichkeit (die zu diesen Ausschüssen wie im Untersuchungsausschuss zugang hat) kalr: Wie die Interessen liegen, wie stark welche lobbies wirken, was unabhängige Wissenschafter sagen, uind dass es keine Reform geben kann, die nicht von irgendeier Interessensgruppe wild bekämpft wird.
Und am Ende entscheiden die gewählten Abgeordneten, sie, die in der Verfassung dafür vorgesehen sind.
Und nicht ein Lobbyist alleine, der ÖAABler Neugebauer kann nur hinter verschlossen Türen immer nur Njet sagen.
Ich glaube, nein, bin sicher, dass so eine Minderheitsregierung, d.h. eine enorme Aufwerung des Parlamentes DIE Reformmassnahme ist, die unser völlig stagnierendes politisches System dringend braucht.
Eine grosse Chance, natürlich nicht ohne Risiko.
Aber allemal besser, als das, was jetzt ist (war).
Werde mich sehr bemühen, dieser Strategie auch grün-intern eine gute Chance zu geben.

Verbrecher oder Stütze der Gesellschaft?

Eigentlich wars ein unglücklicher Zufall.
Ohne diesen wäre Fritz Verzetnitsch heute ÖGB Präsident, und Helmut Elsner geachteter Pensionär, und erhielte sicher Verdienstkreuze der Republik vom Bundespräsident Fischer.
Die Bawag würde noch immer dem ÖGB gehören, würde wieder Gewinne schreiben, und kein Mensch, ausser ein paar Insidern würde wissen, was "die Karibgeschäfte" waren.
Shit happens.
Der Unterschied zwischen Ehrenmann und Häfnbruder ist eben ein blöder Zufall.
Dieser Zufall hiess REFCO, ein US-amerikanisches Investmenthaus.
Dieses ging pleite, und im Zuge der Ermittlungen von US-Behörden (keine österr. Behörde kam auch nur auf die Idee...) gelangte ein dubioser Kredit der BAWAG an REFCO an die Öffentlichkeit.
Erst damit ging es los.
Hätte es den REFCO Kredit nicht gegeben, und wäre REFCO nicht pleite gegangen, Elsner &Co wären heute ehrenwerte Stützen der Gesellschaft, Dauergäste bei Seitenblicke.
Aber die grosses Spekulationsverluste?
Die hatten, nein haben (fast) alle Banken.Die schmälern vielleicht kuirzfristig Gewinne, werden über Jahre abgeschrieben, und die Chefs, falls die verluste zu gross sind, werden mit üppigsten Abfertigungen und Millionenabfertigen in Pension geschickt.
Denn die Verluste aus der "subprime-Krise", als europäische Banken völlig ohne Not diese Faulen Hypothekar-kredite aufgekauft haben waren weit grösser, als die Karibikverluste der BAWAG.
Die kam ja nur deswegen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, weil die Sparer zu Tausenden ihre Sparbücher abzogen.
Verbrecher oder Ehrenmann.
Der schmale Grat des Zufalls.
Ein wunderbarer Artikel dazu.

Wiederholt sich Geschichte?

Es war einmal ein Parteiobmann und Bundeskanzler, der auch als Volkskanzler gelten wollte. Der hatte einen sehr ehrgeizigen Parteifreund, von dem er glaubte er, er sei wirklich sein Freund.
Dann kam es , wie es kommen mußte: der ehrgeizige Parteifreund wollte ihn ablösen.
Auf einmal ging das nicht, denn der Kanzler war ja immerhin Volkskanzler.
Also wurde der Freund zuerst "geschäftsführender Parteiobmann", und ein runden Jahr später, nach verlorener Wahl, die man dem Volkskanzler ankreidete, auch Bundeskanzler.
Kommt das bekannt vor?
Wiederholt sich Geschichte?
Das ganze spielte sich Anfang der 50er Jahre in Österreich ab, der Volkskanzler hiess Leopold Figl, der ehrgeizige "Parteifreund" Julius Raab.
Interessant, wie diese Geschichte weiterging.
Um den menschlich tief enttäuschten Figl zu besänftigen, holte ihn der "neue" Kanzler und Parteichef Raab als Aussenminister zurück in die Regierung.
Und erst dort wurde Figl wirklich "unsterblich", als er mit der Legende:"Österreich ist frei" den Staatsvertrag unterzeichnete.
Kann Gusi daraus Hoffnung schöpfen?
Das hat mir übrigens heute mein Vater erzählt, mit dem es immer interessant ist, über Geschichte zu plaudern.

Joschka fotzt Gusi

danke Herr Fischer für dieses!

Ring frei

jetzt muss es doch gehen!
Mein dieswöchiger Pressekommentar

Bundeskanzler Kronenzeitung

Der SPÖ Kniefall vor Hans Dichand empört zurecht.
Denn er zeigt, was der SPÖ wichtig ist, und wie sie Demokratie versteht.
Denn vor allem ist so übel, WIE sie es gemacht haben.
Aber auch, WAS.
Zum WIE:
Oft hab ich auf diesem blog Vorschläge zu einer Stärkung und Weiterentwicklung des Parlaments gemacht.
In jeder entwickelten Demokratie wird ein wichtiger staatpolitischer Schritt entweder vor dem Parlament gemacht (samt darauffolgender Debatte)
Oder der Regierungschef wendet sich (via TV) direkt ans Volk. Dazu hätte Gusenbauer als Kanzler das Recht.
Aber via Brief dem Herausgeber jener Zeitung, die übelste Anti-EU-Hetze betreibt, staatpolitisches Gewicht, ja Rechtfertigung dieser Propaganda zu geben, das macht fassungslos.
Damit kein Missverständis aufkommt:
Ein Regierungschef, der nur einen Hauch dessen verspürte, was einen “Staatsmann” ausmacht, muss auf die weit verbreitete EU-Skepsis reagieren.
Dazu gibts die verschiedensten Möglichkeiten. Ich hab neulich hier meine Gedanken dazu dargelegt.
Natürlich muss man mit den EU-Kritikern in einen Dialog kommen.
Aber es so offensichtlich, dass es bei diesem Brief (Kniefall) darum gar nicht geht.
Denn es ist gar nicht absehbar, dass es überhaupt zu einem neuen EU-Vertrag kommt.
Denn die parlamentarische Ratifizierung des Lissabon-Vertrags stellt die SPÖ auch nicht in Frage.
Sie glauben schlicht, wenn sie die Krone auf ihrer Seite haben, dann steigen die Umfagen wieder.
Weder wollen sie die EU verändern, noch einen offenen Dialog führen.
Anti-EU will Hans Dichand, also kriecht man ihm in den Arsch.
So und nur so ist es.
Nur unter Druck, kommt das wahre Wesen zum Vorschein.
Jetzt wissen alle, wes Geistes Kind DIESE SPÖ ist.
Da lob ich mir zutiefst meine Grünen.
Bei aller (berechtigter) Kritik an ihnen.
DAS würden wir nie machen.

Nachtrag: Viele blogger sehen das ähnlich.Völlig richtig analysiert helge die Medienpolitik

Abgründig

"Todesstrafe für Kinderschänder"
Bei uns wagt das (noch) nichteinmal jemand aus dem Trio Westentaler, Haider, Strache.
Es ist, welch Errungenschaft der Zivilisation, ein Tabu in Europa.
Abgründig tief ist die kulturelle Kluft zu den USA.
Genau das, "Todesstrafe für Kinderschänder" verlangt jetzt ausgerechnet Obama.
Ich kann mich erinnern, wann ich das erste mal das starkes Gefühl hatte, Europäer zu sein.
Vor vielen Jahren in den USA.

Vergebliches Flehen an der Zapfsäule

Diesmal ein Kommentar im Standard.
Darin spreche ich einmal mehr das "2-Liter-Auto" an.
Wie das aussehen könnte?
So.

Hier der Kommentar im Volltext:

Erhören sie unser Flehen, die Saudis? Diese Frage war Spitzenmeldung vor dem Wochenende. Und dann die große Erleichterung. Sie drücken auf den Knopf und erhöhen die Fördermenge.So wurde und wird berichtet. Österreichs bekannter Ölexperte Martin Bartenstein durfte am wundersamen Ölpreisgipfel von Dschidda teilnehmen und berichtete dann wiederholt in den Journalen im Radio: Ja, jetzt gebe es berechtigte Hoffnung, dass der Ölpreis wieder sinkt.

Dieses Wochenende zeigt vor allem eines: Wie billig sich Österreichs Mainstream-Wirtschaftsjournalimus von den Saudis abspeisen lässt. - Was nicht zu lesen, oder zu hören war:

1. Was meinen die Saudis, wenn sie die Fördermenge auf 12,5 Mio. Barrel erhöhen möchten. Meinen sie "crude", dann wäre das eine Sensation, denn aus "crude" kann man Benzin, Diesel etc. raffinieren. Oder meinen sie "liquids", das sind jene flüssigen Kuppelprodukte, die bei der Gasförderung anfallen, die gut für die chemische Industrie geeignet sind, aber Benzin kann man sehr schwer daraus machen. Die Differenz zwischen diesen beiden Sorten beträgt immerhin 2 Mio. Fass.

2. Warum schaut kaum jemand ins Archiv? Derartige Beschwichtigungskonferenzen gab's in den letzten Jahren immer wieder. Strickmuster: Saudis geben sich besorgt und versprechen verstärkte Förderung. Der Ölpreis müsse sinken. - Und was geschah?

3. Die Ölförderung (von "crude" wie von "liquids") der Saudis geht seit 2006 zurück. Erst in den letzten Monaten stieg sie wieder leicht an, liegt aber deutlich unter dem bisherigen Fördermaximum.

4. Die meisten der saudischen Ölfelder sind sehr alt. Das mit Abstand ergiebigste Feld Saudi-Arabiens, Ghawar, wurde 1948 entdeckt und liefert seitdem. Wenn dort der Fördergipfel erreicht ist, geht's steil bergab. Die Kernfrage lautet daher: Wollen die Saudis nicht, oder können sie nicht mehr?

5. Die Ölfelder der Nordsee, als auch Mexikos, sowieso der USA und seit jüngster Zeit auch Russlands sind "post-peak", d. h. deren Förderung geht zurück. Hierin liegt die Hauptursache des steigenden Ölpreises.

6. Übersehen (willentlich?) wird ein weiteres Faktum: In allen erdölproduzierenden Ländern steigt der Eigenbedarf nach Öl. So bleibt bei mühsam aufrechterhaltener Fördermenge immer weniger zum Export über. Folge: Trotz drastisch gestiegenen Ölpreises ging 2007 der globale Ölexport um 2,5% zurück.

7. In Österreich gibt es ca. 500 Fahrzeuge je 1000 Einwohner. In China derzeit knapp mehr als 20. Hunderte Millionen Menschen wollen und werden sich in den nächsten Jahren ein Auto kaufen. Der indische Konzern TATA bringt demnächst ein Auto auf den Markt, das ab Werk 1700 Euro kostet. Das wird die Nachfrage nach Öl noch weiter beschleunigen.

Und aus all den genannten Deswegen wird mittelfristig auch der Ölpreis weiter steigen. Statt vergeblich das Christkind und die Saudis anzubetteln gibt's nur eine rationale Strategie: runter mit dem Ölverbrauch, so schnell wie möglich. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Auto, das weniger als 2 Liter / 100 km braucht, ist technisch längst machbar. Hier müsste die EU der Autoindustrie kluge Rahmenbedingungen geben. (Christoph Chorherr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.6.2008)

Der Ölpreis, die Medien und das web

Seit Tagen die Spitzenmeldung in allen Medien.
Die Saudis rufen zum Ölpreisgipfel.
Alle kommen dankbar, und sind dann ganz glücklich, weil die Saudis versprechen, ihre Produktion auszuweiten.
Journalismus in Österreich:Wer analysiert für das Morgenjournal?
Wirtschaftsminister Bartenstein meint, jetzt sei es doch wahrscheinlich, dass der Ölpreis sinkt.
Warum nimmt sich kein Journalist die Mühe, ein bisschen zu recherchieren?
Macht nichts.
Ein kurzer Klick, und man bekommt relevante Informationen.
Z.B. darüber:

saudi08

Über den so wichtigen Unterschied, welches Öl gemeint ist, wenn sie sagen, langfrsitig auf 12,5 mio barrel auszuweiten.
Sprechen sie über "crude", dann meinen sie Rohöl, dass zu Benzin, Diesel etc. verarbeitet werden kann.
Oder meinen sie "liquids", dann sind das flüssige Kuppelprodukte der Gasproduktion, die nur für die chemische Industrie geeignet sind, und keinerlei Auswirkung auf den Ölpreis haben.
Warum fragt kein Journalist, warum seit 2006 die Förderung der Saudis gesunken ist?
Warum solche Ankündigungen schon oft gemacht wurden, und dann nicht eingehalten wurden?
Zum Glück können wir selbst lesen, und zum Glück gibts das web und Quellen wie diese.

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